Sinsheim. Gegen zehn Hoffenheimer trifft der zuletzt glücklose Stürmer zum entscheidenden 1:0. 1899-Trainer Gisdol muss nun um Zukunft bangen.
Für Bruno Labbadia endete die Rückkehr nach Hoffenheim mit dem HSV versöhnlich. Ziemlich versöhnlich. Vor etwas mehr als fünf Jahren war er nach einer 1:5-Pleite an Ort und Stelle als Trainer der Hamburger entlassen worden. Diesmal sollte es allerdings besser laufen. Schuld daran hatte vor allem Pierre-Michel Lasogga, der nach toller Vorarbeit von Sven Schipplock erst kurz vor Schluss den Torfluch des HSV beendete und zum ersehnten 1:0-Siegtor traf. „Die Mannschaft hat sich das wirklich verdient heute“, sagte der Matschwinner. „Wir haben viele Chancen vergeben, aber den einen dann doch gemacht.“
Dabei standen die Vorzeichen für Labbadia an diesem Freitagabend nicht gerade gut. Mit Spielmacher Aaron Hunt (Muskelfaserriss) und Abwehrchef Emir Spahic (grippaler Infekt) musste der Trainer gleich zwei Stützen der Mannschaft ersetzen. Für Spahic durfte Cléber an der Seite von Kapitän Johan Djourou verteidigen. Zuletzt hatte der Brasilianer am dritten Spieltag beim 1:2 in Köln in der Startelf gestanden – und war auch diesmal zunächst ein Unsicherheitsfaktor.
Ebenfalls unter besonderer Beobachtung stand Michael Gregoritsch. Der junge Österreicher durfte sich anstelle von Hunt in der zentralen offensiven Mittelfeldposition versuchen – und das gegen seinen früheren Arbeitgeber. 2012 war er als 17-Jähriger aus Kapfenberg nach Hoffenheim gewechselt, hatte für die TSG aber nie ein Profispiel bestritten. Stattdessen wurde er wechselweise an Kapfenberg, St. Pauli und Bochum verliehen. „Für mich schließt sich heute ein Kreis“, sagte Gregoritsch vor dem Anpfiff.
Hoffenheim gegen den HSV
Kreise zog der 21-Jährige anschließend auch auf dem Platz. Von Beginn an ließ Gregoritsch keinen Zweifel daran aufkommen, dass er in der zentralen Position besser aufgehoben ist als auf der Außenbahn. Nach drei Minuten versuchte er es das erste Mal mit seinem starken linken Fuß aus der Distanz und verfehlte das Tor nur knapp. Noch dichter dran war sein Kopfball nach präziser Flanke von Dennis Diekmeier (18.). Der HSV setzte die angeschlagenen Hoffenheimer bemerkenswert früh unter Druck und erarbeitete sich gute Möglichkeiten. Ivo Ilicevic (16./19.) sowie Nicolai Müller und Pierre-Michel Lasogga mit einer Doppelchance (23.) ließen diese aber allesamt ungenutzt. Auf der Gegenseite hatten die Hamburger Glück, dass Pirmin Schwegler (6.) und Adam Szalai (32.) zwei Großchancen vergaben. Probleme offenbarte der HSV zudem mit seinem Schuhwerk. Gleich mehrfach rutschen die Hamburger auf dem Grün der Rhein-Neckar-Arena aus. So holte sich auch Lewis Holtby früh eine unnötige Gelbe Karte ab, als er im Fallen Eduardo Vargas ebenfalls von den Beinen holte (26.).
Hoffenheims Trainer Markus Gisdol verfolgte das Treiben seines Teams an der Seitenlinie mit nervöser Miene. Der 44-Jährige coachte seine Mannschaft in der Bundesliga zum 85. Mal und stellte damit den Vereinsrekord von Ralf Rangnick ein. Nach dem schlechtesten Saisonstart der noch jungen Hoffenheimer Bundesligageschichte war ihm aber bewusst, dass sein Arbeitsplatz wohl nur bei einem Sieg weiterhin gesichert wäre. Vor drei Jahren hatte Gisdol die Kraichgauer mit einem furiosen Saisonendspurt vor dem Abstieg bewahrt. Nun könnten seine Tage in Hoffenheim gezählt sein. Die Fans skandierten zwar noch vor dem Spiel seinen Namen, doch bereits zur Halbzeit wurde die Mannschaft mit Pfiffen in die Kabine begleitet. Hoffenheims Mäzen Dietmar Hopp knabberte auf der Tribüne bereits verdächtig unruhig auf seinen Fingern.
Die 3000 mitgereisten HSV-Fans waren mit dem konzentrierten Auftritt ihrer Mannschaft dagegen ebenso zufrieden wie Sportchef Peter Knäbel. „Wenn wir aus der Ordnung spielen, machen wir das hinten gut. Da lassen wir wenig zu. Aber wir müssen höllisch aufpassen, dass wir Hoffenheim nicht ins Spiel bringen.“
Um es vorwegzunehmen: Knäbels Furcht sollte sich nicht bestätigen. Gregoritsch (48./55.), Matthias Ostrzolek per Volleyschuss (51.) sowie Cléber mit einem Kopfball erkämpften sich die nächsten Chancen. 15:6 Torschüsse nach 60 Minuten untermauerten die drückende Überlegenheit des HSV.
Als dann auch noch Ermin Bicakcic nach einer Sense an dem gerade erst eingewechselten Ex-Hoffenheimer Sven Schipplock frühzeitig mit Gelb-Rot zum Duschen musste (68.), war Labbadias Mannschaft fortan auch numerisch überlegen. Doch die Hamburger sollten ihren Trainer bis kurz vor Schluss warten lassen, ehe Lasogga endlich den ersten Treffer seit vier Spielen erzielen konnte (88.). „Man hat heute gesehen, dass wir immer am Anschlag sein müssen, um Siege einzufahren. Das war ein unglaublich wichtiger Erfolg für uns“, sagte Labbadia nach dem Schlusspfiff. Und während sich der HSV-Coach nun über ein entspanntes Wochenende freuen darf, ist es diesmal sein Gegenüber Markus Gisdol, der nun um seine Zukunft bangen muss.