Flensburg. HSV-Trainer Bruno Labbadia könnte die Grundordnung in seiner Mannschaft ändern. 4:1-Sieg im Testspiel gegen Aalborg.

Das war schon ein ambitionierter Gegner, der dem HSV beim Testspiel am Dienstagabend in Flensburg das Leben schwermachen sollte: Aalborg BK aus der ersten dänischen Liga steht bereits mitten im Punktspielbetrieb, zudem legte der Club mit vier Punkten aus zwei Partien auch einen guten Start hin. Dennoch gewannen die Hamburger vor 3000 Zuschauern völlig verdient mit 4:1 (3:0). „Ein sehr gutes Spiel von uns, da der Gegner voll im Saft war. Wir wollten aus unserer Ordnung heraus nach Ballbesitz sofort die Tiefe suchen und haben das richtig gut gemacht. Doch wenn wir nur fünf Prozent nachlassen wie in der zweiten Halbzeit, dann wird es schwer für uns“, sagte HSV-Trainer Bruno Labbadia nach der Partie.

Ohne die individuell trainierenden René Adler, Jaroslav Drobny, Albin Ekdal, Gotoku Sakai, Ivica Olic und Pierre-Michel Lasogga sowie die angeschlagenen Mohamed Gouaida und Petr Jiracek agierte der HSV von Beginn an überlegen und zeigte sogar die so lange vermissten spielerischen Glanzpunkte. Sowohl beim ersten Tor von Gideon Jung nach tollem Lupfer von Gojko Kacar als auch beim zweiten Treffer nach Direktspiel zwischen Sven Schipplock, Nicolai Müller und dem Torschützen Ivo Ilicevic schauten die zahlreichen mitgereisten HSV-Fans , zu welchen Leistungen ihre Jungs fähig sind. Nach der Pause und diversen Wechseln ließ die Konzentration allerdings ein wenig nach.

Labbadia ließ nicht das erste Mal während dieser Vorbereitungsphase in einem System mit drei zentralen Mittelfeldspielern vor der Viererkette und zwei Außenangreifern neben dem Stoßstürmer spielen – und diese Variante, in Flensburg von Lewis Holtby, Jung und Kacar sehr gut umgesetzt, scheint eine ernsthafte Alternative zu werden. Es gibt keinen Regisseur mehr, dafür teilen sich ein eher defensiv ausgerichteter und zwei zentrale Mittelfeldspieler auf den Halbpositionen die Aufgabe. Dieses System passt auch besser zum aktuellen Spielerkader, der von „Achtern“ und „Sechsern“ (Ekdal, Díaz, Demirbay, Kacar, Holtby, Jiracek, Jung, Arslan) nur so strotzt. Der Coach sagte vor ein paar Tagen, dass er in seinem neuen Team „ein sehr starkes defensives Mittelfeld“ benötige. „Wir haben durch unsere offensiven Außen eigentlich immer drei Spitzen. Deswegen müssen wir schauen, wie wir das Loch dahinter auffangen“, erklärte er.

Doch sind Labbadias taktische Überlegungen noch so ausgebufft – die individuelle Qualität der Profis ist immer noch der entscheidende Faktor, findet Frank Wormuth, Leiter und Dozent der Fußballlehrer-Ausbildung beim Deutschen Fußball-Bund. „Die Frage des Systems wird überbewertet. Wenn zwei Mannschaften kompakt verteidigen, spielt die defensive Grundordnung nur eine untergeordnete Rolle“, erklärt Wormuth. Der ehemalige Profi unterscheidet dabei zwischen Abwehr- und Angriffsverhalten. So werde das beim HSV bisher so beliebte 4-2-3-1-System in der Defensive immer zu einem 4-4-2, das zunächst einmal offensiver wirkende 4-3-3-System in der Defensive zu einem 4-5-1, sollten die Außenstürmer gut mit zurückarbeiten. „Insofern kann in beiden Fällen kompakt verteidigt werden“, sagt Wormuth.

Auch in der Offensive unterschieden sich die beiden Grundordnungen nur marginal. „Im 4-3-3 teilen sich zwei Spieler quasi die Aufgabe, die im 4-2-3-1 dem Mann hinter der Spitze zukommt. Entscheidend sind die grundsätzlichen Überlegungen, wie schaffe ich Überzahl und wie bespiele ich den Raum.“ Größere Unterschiede gebe es eher bei der Variante mit einer Dreierkette oder einer Raute im Mittelfeld.

Vielleicht beginnt Labbadia aber auch gänzlich anders, da sowohl der Pflichtspielauftakt am 9. August im DFB-Pokal beim Viertligisten Carl Zeiss Jena als auch das Bundesliga-Premierenspiel beim FC Bayern für einen Großteil der weiteren Aufgaben nicht repräsentativ sind. „In der letzten Saison haben wir in der Zentrale zu viele verschiedene Formationen gehabt“, bemängelt der Trainer. Wenn der HSV weiter so spielt wie gegen Aalborg, wird Labbadia nicht viel rotieren müssen.

HSV: HSV: Hirzel – Diekmeier, Djourou (46. Cléber), Spahic (74. Arslan), Ostrzolek (46. Marcos) – Holtby (46. Gregoritsch), Jung (46. Demirbay), Kacar (78. Zoua) – Müller (64. Stieber), Schipplock (74. Rudnevs), Ilicevic (64. Altintas). Tore: 1:0 Jung (14.), 2:0 Ilicevic (24.), 3:0 Ostrzolek (30.)., 3:1 Spalvis (50.), 4:1 Demirbay (70./FE). Zuschauer: 3000.