Hamburg. Für Zweitliga-Lizenz will Verein Transfereinnahmen von 15 Millionen Euro erzielen. Personalplanungen für nächste Spielzeit laufen.

„Nein“ – da gibt sich Matthias Ostrzolek ganz entschieden und klar – „über die Zweite Liga mache ich mir keinerlei Gedanken.“ Man muss davon ausgehen, dass er flunkert. Das gehört zum Geschäft.

Der linke Außenverteidiger des HSV war vor einem Jahr für 2,75 Millionen Ablöse vom FC Augsburg nach Hamburg gewechselt, um beim „größeren Verein“ den „nächsten Schritt“ in seiner Karriere gehen zu können. Und nebenbei sicher auch ein höheres Gehalt zu kassieren, als das in der Fuggerstadt möglich ist. Auf 1,5 Millionen Euro wird sein jährlicher Fixlohn geschätzt; er trägt damit zum Gesamtetat von 52 Millionen Euro für die Bundesligamannschaft bei. Die damit zum teuersten Absteiger aller Zeiten werden könnte.

Dass es so nicht weitergehen kann, ist ja jedem beim HSV klar. Die Lizenz für die kommende Bundesligasaison hat die Deutsche Fußball-Liga (DFL) dem Club ohne weitere Auflagen erteilt, bei einem Abstieg aber würde es äußerst problematisch. Der Etat müsste von 120 Millionen Euro auf 75 Millionen sinken, für die Spielergehälter stünden nur noch etwa 26 Millionen Euro zur Verfügung. Noch klafft zudem eine Finanzierungslücke für den Zweitligafall. Bis zum 3. Juni muss der Verein nachbessern.

Dies soll unter anderem durch den Verkauf von Spielern passieren. Wie das Abendblatt erfuhr, will der Verein 15 Millionen Euro durch Ablösesummen einnehmen. Gelder also für Profis, die noch länger vertraglich an den HSV gebunden sind. Deren Arbeitspapiere eben nicht mit Saisonende auslaufen, so wie das bei den Großverdienern Rafael van der Vaart, Marcell Jansen, Heiko Westermann, Slobodan Rajkovic und Ivo Ilicevic der Fall ist. Da ist es wenig überraschend, dass die DFL einen dicken roten Strich in den HSV-Papieren gezogen und sinngemäß nachgefragt hat: „Wo sollen diese 15 Millionen bitte herkommen?“

Diese Frage ist angesichts des vorhandenen Spielerkaders durchaus berechtigt. Gut, da ist noch René Adler, der möglicherweise in der Bundesliga oder dem Ausland unterkommen könnte, der Chilene Marcelo Diaz würde wohl einen Abnehmer finden, Cleber, Johan Djourou. Aber zu welchem Preis? Durch die miserable Saison hat ja kein HSV-Spieler in irgend einer Form seinen Wert gesteigert. Das gilt vor allem auch für bekannt gesundheitlich angeschlagene Profis wie Maximilian Beister, Valon Behrami und vor allem für Pierre-Michel Lasogga. Für den Stürmer hatte der HSV im Sommer rund 8,5 Millionen Euro nach Berlin überwiesen. Das bezahlt dem HSV derzeit niemand, eine Nachfrage ist nicht zu erkennen.

Längst allerdings laufen hinter den Kulissen die konkreten Personalplanungen für die nächste Spielzeit. Spielerberater haben Anfragen vorliegen, Vereine sondieren den Markt. Es wird gezockt und gepokert. „Wenn man sich jetzt nicht um die Zukunft kümmert, dann sind am Saisonende die möglichen Plätze überwiegend weg“, sagt ein Berater dem Abendblatt. Es gehe darum, den eigenen Klienten Möglichkeiten aufzuzeigen. Und selbst wenn ein Vertrag auch für die Zweite Liga gilt (wie durchgängig beim HSV der Fall), ist es allgemeine Praxis, dass dann eine Gehaltskürzung von 30 bis 40 Prozent darin vereinbart wurde. Das wollen etablierte Erstligaspieler natürlich vermeiden. Klassenerhalt ist ein Mittel. Das andere ist ein Vereinswechsel.

Auf eine Rückkehr zu einem zweitklassigen HSV haben auch Spieler wenig Lust, die durch gute Leistungen Begehrlichkeiten bei anderen Vereinen geweckt haben: Kerim Demirbay und vor allem Jonathan Tah. Beide sind jung (21 und 19), sind an den 1. FC Kaiserslautern und Fortuna Düsseldorf ausgeliehen und sind fest im Konzept für die nächste Saison in Hamburg vorgesehen. Doch ob es so kommen wird, erscheint ungewiss. Wie vor einem Jahr im Fall Hakan Calhanoglu könnte der HSV gezwungen sein, seine sportliche Zukunft zu verkaufen. Demirbay ist mit dem 1. FC Kaiserslautern auf dem Weg in die Bundesliga und hat schon mal erklärt, „dass Kaiserslautern mich behalten möchte“. Er fühlt sich wohl in der Pfalz und will beim HSV „nicht erst meine Chance bekommen, wenn drei, vier andere Spieler verletzt sind.“

Auf Jonathan Tah hat inzwischen Borussia Mönchengladbach ein Auge geworfen. Sportchef Max Eberl hat den Hamburger bei der Fortuna schon mehrmals beobachtet. Tah soll zudem eine Ausstiegsklausel von 15 Millionen Euro in seinem bis 2018 datierten HSV-Vertrag haben. Der künftigen Champions-League-Teilnehmer vom Niederrhein ist solvent und sportlich reizvoll. Wenn er ernst macht, dürfte der HSV keine Chance haben. Trotz noch gegenteiliger Beteuerungen von Jonathan Tah. Ein bisschen Flunkern gehört zum Geschäft eben auch dazu.