Der 24 Jahre alte Brasilianer schießt beim 2:1-Sieg des HSV gegen Mainz die 1:0-Führung und spielt erstmals stark. Trainer Zinnbauer gesteht, dass hinter dem Einsatz Clébers zunächst ein Fragezeichen stand.

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Hamburg. Nein, Cléber Reis wollte die gängigen Klischees über Brasilianer nicht bedienen. Ob er nach diesem so überaus gelungenen Arbeitstag nun feiern gehe, wurde der 24-Jährige eine halbe Stunde nach dem 2:1-Erfolg gegen den FSV Mainz 05 gefragt. „Ja, ich gehe feiern, aber in meinen eigenen vier Wänden“, ließ der Abwehrspezialist übersetzen. „Ganz entspannt. Diese Woche wartet wieder viel Arbeit auf uns. Wir müssen noch eine Schippe drauflegen und versuchen, in Freiburg wieder die Leistung zu bringen.“

Cléber – ausgerechnet der Innenverteidiger war der gefeierte Spieler am Sonntag. „Ich weiß ja, dass viele Menschen ein Fragezeichen machten nach der Verletzung von Heiko Westermann“, sagte Joe Zinnbauer und fügte hinzu: „Wir auch.“ Aber in den Einheiten vor dem Spiel überzeugte er den HSV-Trainer, ihn von Anfang an zu bringen. Eine kluge Entscheidung. „Cléber hat es richtig toll gemacht“, gab es ein Sonderlob vom HSV-Coach, das sich nicht nur auf das 1:0 bezog.

Ohne jede Nervosität lieferte der Brasilianer von der ersten Minute an eine konzentrierte, schnörkellose Leistung ab. Das Defensivzentrum stand wie so oft in dieser Saison sicher. Und dies war angesichts der vielen Veränderungen auch die notwendige Basis für den Erfolg. Denn Zinnbauer hat sich schon jetzt den Titel als „Mann der Wechsel“ verdient.

Nachdem er in der jüngeren Vergangenheit bereits sechs Nachwuchskräften zu ihrem Bundesligadebüt verholfen hatte, blieb auch gegen die Rheinhessen kaum ein Stein auf dem anderen: Gleich sechs (!) Positionswechsel nahm Zinnbauer vor, garniert mit dem Systemwechsel zum 4-4-2 mit zwei Stürmern. Gezwungen zum Umstellen war er nach dem Ausfall von Valon Behrami (Oberschenkelzerrung). Etwas überraschend durfte Petr Jiracek in der Zentrale neben Rafael van der Vaart auflaufen – die kämpferische Variante gegenüber dem sicher enttäuschten Tolgay Arslan.

Zinnbauers Coup mit Lasogga und Rudnevs geht auf


Genauso bescheiden schaute Matthias Ostrozelek drein, der für Talent Ronny Marcos (rückte nach links hinten) weichen musste, während Lewis Holtby eine neue Chance erhielt. Und im Angriff beantwortete Zinnbauer die Frage „Pierre-Michel Lasogga oder Artjoms Rudnevs?“ mit: Beide! „Sie haben unter der Woche den Kampf angenomen, drängten sich auf, da musste ich mich nicht für einen entscheiden.“

Wenn eine Mannschaft so durcheinandergewirbelt wird, braucht es für gewöhnlich seine Zeit, bis sie ihren Rhythmus gefunden hat. Und auch der HSV benötigte etwas Anlaufzeit, bis sich Torchancen ergaben. Den großen Unterschied zu den blutleeren Mainzern nannte Johan Djourou: „Wir hatten richtig Hunger.“

Und auch Cléber drängte es mehrfach vors gegnerische Tor. Nur denkbar knapp verfehlte er einen Freistoß von Rafael van der Vaart (22.). Auch zehn Minuten später schien die Szene schon vertan zu sein, als er nach einer Flanke den Ball nicht richtig traf. Doch nach einem Gestochere zwischen Nicolai Müller und Nikolce Noveski landete der Ball wieder beim Brasilianer, der mit seiner (Achtung, Wortspiel!) rechten Klebe traf – 1:0! „Ein Tor zu erzielen war natürlich das Schönste für mich“, freute sich Cléber strahlend und berichtete, dass er auch für seinen früheren Club Corinthians São Paulo in 30 Spielen sechs Treffer erzielen konnte. Die Bilanz eines Torjägers.

Schlüsselwörter für Djourou und Cléber


Die Führung impfte dem HSV-Team weiteres Selbstvertrauen ein. „Wir haben nicht nur gut gegen den Ball gearbeitet, sondern immer versucht, in die Spitze zu spielen“, fiel Zinnbauer auf. Erst nach der Pause trauten sich die zuvor fünfmal in Folge sieglosen Mainzer nach vorne, um sogleich den nächsten Rückschlag zu erfahren: Nach einer Flanke Lasoggas stoppte Noveski den Ball mit mit dem Arm, klarer Elfmeter, den van der Vaart verwandelte (53.).

Dass am Ende kurz gezittert werden musste, lag einerseits an Rudnevs, der das 3:0 auf dem Fuß hatte, aber an Torwart Loris Karius scheiterte (56.). Und auch ein kleines bisschen an Cléber, der wie auch Marcos nach einer Ecke eine Kopfballverlängerung nicht verhindern und Shinji Okazaki auf 2:1 verkürzen konnte (89.). Ein gefährlicher Distanzschuss von Yunus Malli (90.+1) und ein weiterer Kopfball Okazakis zwei Minuten später, dann war der dritte Heimsieg in Folge geschafft.

Blieb nur noch die Frage, wie es ein Brasilianer und ein Schweizer schafften, sich hinten so gut abzustimmen? „Cléber kann ein Spiel gut lesen“, erklärte Djourou, „mit dem Reden ist es schwer. Aber wir verständigen uns über die Schlüsselwörter.“ Welche denn? Cléber grinste: „Links! Rechts! Nach hinten! Nach vorne! Abseits! Die Basis geht gut, das ist kein Mysterium.“

Statistik zum Spiel:

Hamburg: Drobny – Diekmeier, Djourou, Cleber, Marcos – van der Vaart (83. Arslan), Jiracek – Nicolai Müller, Holtby – Rudnevs (90. Kacar), Lasogga (90.+4 Gouaida). – Trainer: Zinnbauer

Mainz: Karius – Brosinski, Bell, Noveski, Diaz (55. Soto) – Geis – Koo (66. Malli), Park – Djuricic (66. Samperio) – Allagui, Okazaki. – Trainer: Hjulmand

Schiedsrichter: Sascha Stegemann (Niederkassel)

Tore: 1:0 Cleber (32.), 2:0 van der Vaart (54., Handelfmeter), 2:1 Okazaki (89.)

Zuschauer: 45.968

Beste Spieler: Cleber, van der Vaart, Nicolai Müller – Karius, Geis

Gelbe Karten: Rudnevs -

Erweiterte Statistik (Quelle: deltatre):

Torschüsse: 18:15

Ecken: 6:6

Ballbesitz: 43:57 %