Die neue Gruppierung HSV-Allianz greift den Ausgliederungsbericht der Rieckhoff-Initiative an – Kritik an Jarchow
Hamburg. Sie wollten die sportliche Situation des HSV erst geklärt haben, traten dann aber nur einen Tag nach dem Sichern des Klassenerhalts vor die Mikrofone: Mitglieder der HSV-Allianz, die die von Ex-Aufsichtsrat Otto Rieckhoff auf den Weg gebrachte Initiative HSVPlus aufs Schärfste angriffen. Initiator Jürgen Hunke hat sich die Unterstützung von mehr als 30 Personen aus Verein, Gesellschaft und des Hamburger Sports sichern können, darunter so bekannte Hamburger Persönlichkeiten wie den Unternehmer Eugen Block oder HSV-Ikone Manfred Kaltz. Der ehemalige Flankenkönig hat sich damit offen gegen seine 83er-Landesmeister-Kollegen Thomas von Heesen, Ditmar Jakobs und Co. positioniert, die HSVPlus unterstützen. Über die Pläne Riekhoffs zur Ausgliederung der Lizenzspielerabteilung wird am kommenden Sonntag auf der Mitgliederversammlung (11 Uhr/Liveticker auf abendblatt.de) in der Imtech-Arena abgestimmt.
In einem sind sich die beiden Initiativen einig: Sie streben die Ausgliederung der Profi-Abteilung an. Doch die von Rieckhoff geplante Art und Weise kritisieren Hunke und seine Mitstreiter massiv. „Alle Mitglieder der HSV-Allianz sind der Ansicht, dass Veränderungen unumgänglich sind. Doch so wie das HSVPlus vor hat, geht es nicht“, erklärte der Hamburger Anwalt Andreas Costard, der sich intensiv mit dem 300 Seiten langen Ausgliederungsbericht der Rieckhoff-Initiative auseinandergesetzt hat. „Erstens verlieren die Mitglieder Rechte, zweitens wird Finanzinvestoren Tür und Tor geöffnet. Und drittens werden das Stadion und die Raute als Markenzeichen verkauft.“
Vor allem die Verkäufe dürfe es nach Ansicht von Aufsichtsrat Hunke niemals geben, der HSVPlus anbietet, einen gemeinsamen Nenner zu finden. „Ich kann nur davor warnen, diesen Weg so zu gehen. Es kommt nicht auf die Rechtsform an, sondern auf die Qualifikation der handelnden Personen und eine gute Kommunikation zwischen Vorstand und Aufsichtsrat. Die verantwortlichen Personen aller Gremien sollten die Konsequenzen aus dieser Saison ziehen und sich nicht wieder zur Wahl stellen. Auch ich würde mich dieser Konsequenz stellen“, erklärte Hunke.
Sein Mitstreiter Rainer Ferslev, der sein Strukturmodell „Rautenherz“ zugunsten der HSV-Allianz aufgab, spricht gar von einer „bewussten Täuschung“ der Mitglieder und dem „verlogensten Ausgliederungsbericht, den ich in meinem Berufsleben gesehen habe“. Er prangert an, dass die Vereinsmitglieder keineswegs per repräsentativer Demokratie am ausgegliederten Geschäftsbereich Profi-Fußball beteiligt werden würden. Zudem sei auch keinesfalls gewährleistet, dass die mögliche Anteilsveräußerung an strategische Partner maximal 24,9 Prozent betrage. Durch eine Kapitalerhöhung könne auch ohne Zustimmung der Mitglieder der Anteil auf 33 Prozent steigen. „Dieses Konzept ist ganz klar auf Rendite-Jäger und Hedgefonds ausgerichtet, auf Leute, die das schnelle Geld verdienen wollen“, erklärte Ferslev.
Steakhaus-König Block positionierte sich ebenfalls deutlich und sparte nicht mit Kritik an Vorstandsboss Carl Jarchow. „Bisher waren Leute am Werk, Jarchow ganz vorne, die mit Geld nicht umgehen können. Diese Personen werden den HSV auch nicht aus dem finanziellen Loch herausholen.“ Die Finanzierung, die Rieckhoff vorhabe, sei hochbrisant, gefährlich. Der HSV e. V. könnte alles verlieren. Eine künftige AG solle breit aufgestellt sein. Dann werde auch ein Investor wie Klaus-Michael Kühne „nicht gebraucht“. Und „Manni“ Kaltz? Der Rekordspieler des HSV hielt sich mit Worten zurück, erinnerte nur daran, dass sich seine Generation für den Verein den „Arsch aufgerissen“ hätte und der Club „nicht verramscht“ werden dürfe. Die Fans würden von HSVPlus zudem nicht mitgenommen.
Am Dienstag haben Rieckhoff und seine Initiative die Möglichkeit, zu den Vorwürfen Stellung zu beziehen. HSVPlus wird den möglichen Aufsichtsrat der HSV Fußball AG im Zuge einer Pressekonferenz persönlich vorstellen. Nach Abendblatt-Informationen verdichten sich zudem die Anzeichen, dass Dietmar Beiersdorfer den Posten des Vorstandschefs einnehmen würde. Ein vorzeitiges Bekenntnis des Ex-Managers ist allerdings unwahrscheinlich, da er bei Zenit St. Petersburg noch unter Vertrag steht.
Das vollständige Video der Pressekonferenz sehen Sie unter abendblatt.de/hsv-allianz