Oliver Kreuzer hat viel vor, dabei ist seine Beziehung zum HSV nur Liebe auf den zweiten Blick. Son vor Verkauf. “Wir wollen ein Team, das um die oberen fünf oder sechs Plätze mitspielen kann.“
Hamburg. Oliver Kreuzer war zu früh. Bereits eine Minute vor 12 Uhr öffnete sich die Tür zum vollbesetzten Presseraum der Imtech-Arena. HSV-Aufsichtsratschef Manfred Ertel schritt voran, es folgten Mediendirektor Jörn Wolf, Vorstandschef Carl Jarchow - und natürlich Neu-Sportchef Oliver Kreuzer. "Moin, moin", begrüßte der Noch-Karlsruher die Medienvertreter, und punktete damit ungewollt ein erstes Mal als HSV-Verantwortlicher im Fernduell mit Werder Bremen. Dort hatte Neu-Trainer Robin Dutt bei seiner Präsentation vor einer Woche die Lacher auf seiner Seite, als er sich mit "Monn, monn" vorstellte.
Ertel und Jarchow machten aber schnell deutlich, dass Kreuzer nicht primär wegen seines Wissens um die hanseatische Form der Begrüßung verpflichtet wurde. Der 47 Jahre alte Badener habe einen "hervorragenden Eindruck bei seiner Vorstellung" hinterlassen, lobte Ertel und erinnerte daran, dass dies auch schon vor vier Jahren der Fall gewesen sei. Damals hatte Kreuzer sich gegen alle Konkurrenten in einem Assessment Center durchgesetzt, sagte aber nach einem letzten Gespräch mit den früheren Aufsichtsräten Horst Becker, Otto Rieckhoff sowie den Vorständen Bernd Hoffmann und Katja Kraus ab, "weil ich das Gefühl hatte, nur Mittel zum Zweck zu sein."
Nun ist es also Liebe auf den zweiten Blick. Der HSV sei ein großer Verein mit großen Traditionen und einem großen Anspruch, schwärmte Kreuzer, der dem ganzen "Groß" noch ein kleines Kompliment folgen ließ. So sei er beeindruckt gewesen, dass "auch in schweren Zeiten jeweils mehr als 50.000 Hamburger Fans ins Stadion pilgern".
Dass der HSV die eigenen Ansprüche in der jüngeren Vergangenheit nicht bestätigen konnte, ist für den Nachfolger Frank Arnesens nur zusätzlicher Ansporn. "Wir wollen ein Team, das um die oberen fünf oder sechs Plätze mitspielen kann", umriss Kreuzer seine kurzfristigen Ziele, um auch selbstbewusst langfristige Ziele zu benennen: "Das Ziel sind Titel. Es wäre doch toll, wenn wir irgendwann mal wieder die Schale hochhalten könnten. Es darf natürlich auch ein Pokal sein."
Son-Entscheidung bis Ende nächster Woche
Drei Jahre, so sieht es zumindest der am Dienstag unterschriebene Vertrag vor, wird Kreuzer Zeit haben, um seine Träume zu verwirklichen. Und obwohl der Vater zweier Söhne offiziell erst am 11. Juni seine Arbeit beim HSV beginnen darf, nutzte der frühere Profi von Bayern München seinen Tagesausflug am Dienstag natürlich zu ersten Gesprächen. Nach der Pressekonferenz folgte ein Tête-à-tête mit Co-Trainer Patrick Rahmen, den Kreuzer noch aus gemeinsamen Basler Tagen kennt. Am Nachmittag stand ein kurzes Essen mit Jarchow und Vorstandsmitglied Joachim Hilke an, ehe ein ausführliches Gespräch mit Trainer Thorsten Fink, den Kreuzer wiederum aus gemeinsamen Salzburger Tagen kennt, im Stadion auf der Agenda stand.
Gemeinsam mit Fink will der frühere Defensivallrounder die Kaderplanung möglichst offensiv in den kommenden Tagen voranbringen. "Im Idealfall plant man den Kader bereits im Winter", sagte Kreuzer, der sich diesen Seitenhieb auf die bisherigen Aktivitäten nicht verkneifen konnte. Die "wirtschaftlichen Zwänge" sind Kreuzer bewusst, weshalb auch ein Verkauf von Toptalent Heung Min Son kein Tabu sein dürfe. "Man muss auf der einen Seite den sportlichen Wert des Spielers und auf der anderen Seite den wirtschaftlichen Wert für den Verein sehen", sagte der Neumanager. So sei das Ergebnis bei den Verhandlungen mit Son "völlig offen", was nach Informationen des Abendblatts die halbe Wahrheit ist. Tatsächlich soll es bis Ende nächster Woche eine Entscheidung geben, nach der Son - so der aktuelle Stand - den Verein offenbar verlassen wird.
Kreuzer könnte Adler-Wohnung übernehmen
Mehrere Entscheidungen stehen ebenso im Scoutingbereich an, der nach Kreuzers Wunsch mit seinem Vertrauten Lothar Strehlau verstärkt werden soll. Die Zukunft von Lee Congerton, der rechten Hand Arnesens, ist dagegen laut Jarchow "völlig offen". In der kommenden Woche soll es ein Gespräch geben, da wolle man dann die künftige Zusammenarbeit überdenken.
Auch privat will sich Kreuzer rasch eingewöhnen. Zeitnah wolle er das Gespräch mit René Adler suchen. So spiele der Torhüter nicht nur bei Kreuzers Planungen für die neue Saison eine zentrale Rolle, sondern auch bei seiner Suche nach einem geeigneten Apartment. Adler sei gerade dabei, ein Haus zu bauen und suche einen Nachmieter für seine Wohnung nahe der Alster. In Anbetracht des schwierigen Immobilienmarktes scheint Kreuzer also keineswegs zu früh, sondern gerade noch rechtzeitig nach Hamburg zu kommen.