Beim 1:1 gegen Wolfsburg wurde wieder einmal deutlich, dass den Hamburgern die Klasse fehlt. Trainer Fink und Sportchef Arnesen müssen einkaufen - aber ohne Geld.
Hamburg. Wie gut, dass Thorsten Fink in diesen Frühlingstagen schon eine gesunde Bräune entwickelt hat. So sah der Trainer des Hamburger SV nach dem nächsten und wohl entscheidenden Rückschlag im Kampf um die Europa League immer noch blendend aus – dabei hätte sein Gesicht aufgrund der Unzulänglichkeiten seines Personals aschfahl sein müssen.
„Wir sind noch nicht reif für die Europa League“, sagte Fink nach dem ernüchternden 1:1 (1:0) gegen den VfL Wolfsburg und musste deutlichere Kommentare zur Darbietung seiner Mannschaft unterdrücken. Es brodelte in dem Ehrgeizling. Seine Hände hatte Fink in den Taschen seiner schicken blauen Hose zu Fäusten geballt und es hätte wohl nicht viel gefehlt und er hätte seine Backenzähne zermalmt.
Zwar wollte sich der 45-Jährige im Rennen um Europa bei nur noch zwei ausstehenden Spielen trotz drei Punkten Rückstandes inklusive der deutlich schlechteren Tordifferenz gegenüber dem SC Freiburg auf Rang sechs „noch nicht geschlagen geben“, kündigte in seiner Enttäuschung aber schon an, im Sommer ordentlich aussortieren zu wollen. „Wir müssen konsequent sein, müssen einen Schnitt machen“, sagte Fink, „wir brauchen Spieler, die mitziehen und Gras fressen für den Verein.“
Ein klarer Arbeitsauftrag für Sportdirektor Frank Arnesen, nachdem der HSV gegen die Wölfe wieder einmal bewiesen hat, dass er in der Europa League nichts zu suchen hat. Eine Spielidee? Gepflegte Kombinationen? Taktische Raffinesse? Fehlanzeige.
Nur kämpfen reicht in der Liga selbst gegen die deutlich billigere Konkurrenz von Eintracht Frankfurt oder Freiburg nicht mehr. Doch bevor Arnesen auf Shopping-Tour gehen kann, müssen die klammen Hamburger erst einmal ihre teuren Restposten wie Gojko Kacar oder Marcus Berg loswerden.
Selbst ein Verkauf von Hoffnungsträger Heung-Min Son (20) im Sommer ist angesichts eines drohenden Rekorverlusts im laufenden Geschäftsjahr von bis zu 20 Millionen Euro längst kein Tabu mehr – sondern Notwendigkeit. „Wenn er nicht verlängert, müssen wir ihn verkaufen“, sagte Arnesen. Der Vertrag des Südkoreaners läuft 2014 aus, zuletzt zeigten mehrere englischen Clubs und Champions-League-Finalist Borussia Dortmund Interesse.
Fink wünscht sich für den nächsten Anlauf nach Europa in der kommenden Saison einen großen, robusten Stürmer, der in der Spitze auch einmal den Ball halten und geschickt verteilen kann. Im Gespräch sind Andreas Cornelius (FC Kopenhagen) und Amido Baldé (Vitória Guimarães). Für die wacklige Innenverteidigung soll Lori Cana (Lazio Rom) ein Kandidat sein. Als Zugänge stehen bisher nur die Talente Hakan Calhanoglu (Karlsruher SC) und Kerem Demirbay (Dortmund) fest. Arnesen steht vor seiner wichtigsten Transferperiode. Der Däne, einst als Hoffnungsträger gekommen, ist in Hamburg längst nicht mehr unumstritten.
Wie nötig der HSV eine Blutauffrischung hat, machte das Spiel gegen Wolfsburg deutlich. Der Führungstreffer durch Heiko Westermann (45.) entsprang eher dem Zufall als einem Plan. Und als die auch nicht mehr als biederen Niedersachsen das Tempo erhöhten, drohte mehr Ungemach als nur der Ausgleich durch Makoto Hasebe (65.). „Wir haben mit Leidenschaft und Aggressivität gespielt“, sagte Fink. Doch das macht Greuther Fürth auch. Und so blieben die Hamburger bis auf ihren Trainer sehr blass.