Ein Kommentar von Peter Wenig
In Zeiten der Krise mal ein überraschendes Signal zu setzen gehört zum Handwerkszeug von Führungskräften. Und vielleicht wendet sich ja nach dem von Trainer Thorsten Fink verordneten Kapitänswechsel plötzlich schon am Sonnabend in Mainz alles zum Guten. Rafael van der Vaart, beflügelt durch die Kapitänsbinde, schießt den HSV mit einem Traumfreistoßtor zum Sieg, während Heiko Westermann, befreit von der Last des Spielführeramts, endlich die so anfällige Defensive zusammenhält.
Besonders viel spricht nicht für diese positive Entwicklung. Wahrscheinlicher ist, dass die Chefrotation dem Team eher schadet. Denn sechs Spieltage vor dem Ende der Saison hat Fink mit Westermann einen Spieler gedemütigt, der nach schweren Niederlagen immer Verantwortung übernommen hat. Mag sein, dass Westermann selbst daran dachte, das Amt aufzugeben, frustriert durch seine sportliche Krise. Dann hätte Fink ihm die Chance geben müssen, selbst zu verzichten. So aber hat der entthronte Kapitän nicht nur die Binde, sondern auch sein Gesicht verloren.
Auch die Entscheidung für van der Vaart ist zumindest diskutabel. Der Holländer steckt - wie Westermann - in der Krise, wird zudem mit seiner öffentlichen Liebeserklärung für die beste Freundin der Noch-Gattin noch wochenlang für Schlagzeilen im Boulevard sorgen. Wie soll ausgerechnet van der Vaart seine Mitspieler anhalten, sich endlich auf den Job zu konzentrieren? Da wäre René Adler, der einzige wirklich beständige HSV-Profi, eine schlüssige Entscheidung gewesen.
Dennoch gilt: Sollten sich van der Vaart und Westermann jetzt steigern, hat Fink womöglich alles richtig gemacht. Falls nicht, hat der Trainer ein weiteres großes Problem.