Dem 2:9-Debakel beim neuem deutschen Meister Bayern München folgt eine 0:1-Heimpleite gegen den SC Freiburg. Beim HSV herrscht ein raues Reizklima, die Versöhnung mit den Fans ist vorerst gescheitert.

Hamburg. Als sich Marcell Jansen mit schüchternem Beifall bei den treuesten der treuen HSV-Fans in der Nordkurve für die Unterstützung bedanken wollte, wurde aus einem lauten Pfeifkonzert ein fast ohrenbetäubender Lärm. Und prompt gaben die Teamkollegen des Nationalspielers lieber Fersengeld und verkrümelten sich rasch in der Kabine. An Alster und Elbe herrscht Reizklima.

Keine Versöhnung mit den Fans, keine Punkte im Kampf um die Europa-League-Qualifikation - eine Woche nach dem 2:9-Debakel beim neuen deutschen Meister Bayern München verbreiterte die 0:1 (0:0)-Heimniederlage gegen den SC Freiburg den Spalt zwischen den Anhängern und den Spielern des Hamburger SV - unübersehbar und vor allem unüberhörbar. Die Enttäuschung bei den Norddeutschen war besonders groß, weil sie anders als in München den Sieg wollten, aber trotzdem nicht gewinnen konnten, einfach mangels Klasse.

Vorstandsboss Carl-Edgar Jarchow attestierte der Mannschaft zwar die richtige Einstellung, „die Leistung war trotzdem enttäuschend, es war ohne Zweifel ein Rückschlag. Ich hatte schon erwartet, dass wir gegen Freiburg die Wende schaffen.“ Die Europacup-Qualifikation hat Jarchow bei vier Punkten Rückstand auf Platz sechs vorerst abgeschrieben: „Mein Fokus ist im Moment wirklich nicht Europa. Ich ärgere mich sehr, dass wir es nicht geschafft haben, da dran zu bleiben. Denn die Chance war groß wie lange nicht mehr. Darüber bin ich äußerst frustriert.“

Die Spieler sehen es ähnlich. „Natürlich sind wir keine Champions-League-Mannschaft“, stellte Topstar Rafael van der Vaart klar, und für Dennis Aogo ist der HSV 2013 noch nicht einmal reif für die Europa League: „Dieses Wort sollten wir erst mal nicht mehr in den Mund nehmen.“ Ein sichtlich gereizter Thorsten Fink legte ebenfalls den Rückwärtsgang ein. „Unser Saisonziel bleibt ein einstelliger Tabellenplatz“, sagte der HSV-Trainer. Der einstige Bayern-Profi weiß aber auch: „Die Ansprüche in Hamburg sind immer hoch.“ Und daran wird der 45-Jährige auch in Zukunft in jedem Spiel gemessen werden.

Zwar bügelte Sportchef Frank Arnesen barsch alle Fragen nach der Zukunft von Fink als Trainer in Hamburg ab („kein Thema“), und auch Jarchow stärkte dem Coach am Sonntag erneut den Rücken. Doch für ein weitere Saison ohne zusätzliche Einnahmen aus einem internationalen Wettbewerb ist der HSV-Kader schlichtweg zu teuer.

Wie man mit kleinerem Geldbeutel erfolgreicheren Fußball spielt, stellten die Gäste in ihrer Lieblingsregion zum vierten Mal in Folge unter Beweis. Nach Siegen in Wolfsburg, Hannover und Bremen fuhr das Team aus dem Breisgau auch in der WM-Arena am Volkspark vor 53.021 Zuschauern verdientermaßen einen Dreier ein. Mittelfeldspieler Jonathan Schmid gelang in der 68. Minute der Treffer des Tages.

„Wir kommen immer gern in den Norden“, sagte Trainer Christian Streich mit einem Schmunzeln ins Gesicht. Nach dem dritten Sieg in Hamburg nacheinander stehen die Gäste wieder auf einem Europa-League-Platz und gaben sich diesbezüglich nicht einmal überrascht. „Warum sollten wir nicht in dieser Tabellenregion bleiben können“, fragte Torjäger Max Kruse und lieferte die Antwort gleich selbst hinterher: „Weil wir wieder einmal konsequent unseren Stiefel heruntergespielt haben.“

Streich sprach da lieber etwas weniger profan von „einer ausgezeichneten Arbeitseinstellung“ seiner Spieler. Und als höflicher Gast ließ er an der Moral des unterlegenen Gegners keinen Zweifel aufkommen: „Der HSV hat totalen Charakter gezeigt und alles in die Waagschale geworfen.“