Der HSV hat die vergangenen drei Nordderbys gegen Werder Bremen verloren. Am Sonntag soll diese Pleitenserie ein Ende haben.

Hamburg. Rafael van der Vaart wedelte mit den Armen, dirigierte seine Mitspieler und forderte im Training alle Bälle. Der Regisseur des HSV machte mit jeder Bewegung, jedem Pass und jeder Anweisung unmissverständlich klar: Am Sonntag zählt im 98. Nordderby gegen Werder Bremen (15.30 Uhr/Sky und im Liveticker auf abendblatt.de) nur ein Sieg. „Es ist ein ganz besonderes Spiel“, sagte der 29-Jährige, „das Derby ist immens wichtig für den Verein, die Fans, die ganze Stadt.“

Gegen den ewigen Rivalen soll endlich wieder ein Sieg her. Nach so langer Zeit. 0:2, 1:3, 0:2 - eine Zahlenkombination die in Hamburg blanken Horror auslöst. Denn der HSV hat die letzten drei Duelle mit den Grün-Weißen aus der „verbotenen Stadt“ allesamt verloren. Insgesamt gewann Werder bisher 34 Partien, der HSV 30. Nun droht sogar eine historische Schmach. Vier Pleiten in Serie kassierten die Hamburger zuletzt in den 60er Jahren. „Wir müssen Werder von Beginn an wehtun und dürfen keine Angst haben“, sagte van der Vaart, „wenn wir Vollgas geben, können wir gut kicken.“

Der Superstar wirkte nach dem Hype um das Ehe-Aus mit Gattin Sylvie und der überstandenen Oberschenkelzerrung wieder locker und gelöst - aber voll konzentriert. Mit seinen Pässen will der Regisseur Werder vor vollem Haus unbedingt Schmerzen zufügen: „Ich fühle mich von Tag zu Tag besser. Das Vertrauen kommt zurück. Wir sind im Moment besser als Werder.“ Und die Gelegenheit zur Wiedergutmachung für die letzten Pleiten scheint günstig - Werder taumelt nach dem Debakel gegen Borussia Dortmund zum Rückrundenauftakt (0:5).

Einer Krisensitzung zu Wochenbeginn folgte auch noch ein Trainingszoff unter den Spielern. Doch HSV-Trainer Thorsten Fink glaubt nicht, dass es „uns das einfacher macht“. Trotzdem fordert der 45-Jährige in dem Prestige-Duell einen Sieg seiner Mannschaft und schielt weiter auf die oberen Tabellenplätze: „Es geht auch darum, dass wir uns oben festsetzen.“ Mit einem Sieg könnte der HSV bis auf den sechsten Platz vorrücken. Allerdings ist Werder gegen den HSV längst kein Spitzenspiel mehr wie früher, sondern ein regionales Ereignis. Nüchtern betrachtet, empfängt der Neunte den Zwölften. Aber für die Fans ist die Partie immer noch ein Top-Duell, dem sie über Wochen entgegenfiebern. „Jeder muss wissen, was dieses Spiel für die Region bedeutet“, sagte Fink.

Der Erfolgsdruck in Hamburg ist für den Trainer mittlerweile enorm. Weil den Hanseaten zum dritten Mal in Serie ein Millionen-Minus in der Bilanz droht, müssen die Einnahmen erhöht werden. Und das geht am besten über eine Europapokal-Teilnahme - sonst müsste wohl noch rigider gespart werden als ohnehin schon. Oder es müssten Stars wie Angreifer Heung Min Son verkauft werden. „Natürlich will man seine besten Spieler behalten, aber im Fußballgeschäft gibt es Momente, wo andere Dinge hineinspielen“, sagte Fink, der auch seine ganz persönliche Bilanz gegen Werder aufpolieren will. Keines seiner letzten sieben Bundesliga-Spiele gegen Bremen (fünf als Spieler und zwei als HSV-Trainer) konnte Fink gewinnen. „Ich möchte auch mal ein Derby gewinnen“, sagte er. Bei dem Ringen um die Vorherrschaft im Norden hofft er auf seinen Star im Mittelfeld. Und van der Vaart ist mindestens genauso heiß auf das Derby wie Fink.