Trotz sportlicher Erfolge in der Rückrunde kehrt beim Hamburger SV keine Ruhe ein. Auch DFB-Chef Theo Zwanziger meldet sich zu Wort.

Hamburg. Für die Zukunft seines Klubs hat Aufsichtsratschef Ernst-Otto Rieckhoff einen großen Wunsch: "Dieser Verein muss endlich zur Ruhe kommen." Nach dem Theater um Fast-Sportchef Matthias Sammer sollen nur noch sportive Erfolge für Schlagzeilen sorgen. Und in der Tat kann der HSV am Sonnabend in Nürnberg den vierten Sieg in Folge einfahren - ein durchaus realistisches Unterfangen. Von Ruhe im Klub kann dennoch keine Rede sein.

Gestern sorgten Aussagen des Investors Klaus Michael Kühne, 73, für Wirbel. Der Unternehmer, der 12,5 Millionen Euro in den Klub investiert hat, kritisierte erneut die sportliche Führung des Vereins. "Gerade von der sportlichen Seite war das Management nicht so, wie sich das gehört für einen Spitzenverein", sagte Kühne im Hörfunksender NDR 90,3. Auch zu den Ursachen der Verletzungsserie des Klubs in der Hinrunde hat Kühne eine dezidierte Meinung. Er sieht sie in der ärztlichen Betreuung und in den Trainingsmethoden: "Da sollten mal neue Leute ran." Beim HSV mochte man die Äußerungen nicht erneut kommentieren, wohl auch, um dieses Thema nicht wieder anzuheizen. Bereits in der Vergangenheit hatte sich Kühne im Abendblatt kritisch mit der Transferpolitik auseinandergesetzt: "Da ist nicht alles so gelaufen, wie ich es mir vorgestellt habe." Kühne rügte vor allem, dass kein neuer Mittelfeldstratege von Format geholt wurde. Daraufhin verlangte der ehemalige Präsident Jürgen Hunke, inzwischen in den Aufsichtsrat zurückgekehrt, alle geschäftlichen Verbindungen mit Kühne zu kappen: "Der Vorstand sollte Herrn Kühne das Geld zurückgeben und den Vertrag rückgängig machen."

Für Nachbeben sorgt beim HSV weiter das Thema van Nistelrooy. Der Holländer ist nach wie vor verspannt, dass der HSV ihm die gewünschte Freigabe für einen Wechsel zu seinem Traumklub Real Madrid verweigerte. "Das ist ein großes Ärgernis", sagte van Nistelrooy dem Madrider Sportblatt "As". Er wäre sogar bereit gewesen, bei einem Wechsel nach Madrid einen Teil der Ablösesumme aus eigener Tasche zu zahlen. Der Zeitung "Marca" sagte van Nistelrooy: "Ich habe den HSV inständig darum gebeten, es mir zu erlauben, meinen Traum zu erfüllen. Aber nun bleibe ich hier, auch wenn mein Herz für Madrid schlägt." Er werde seinen zum Saisonende auslaufenden Vertrag beim HSV nicht verlängern. "Ich werde zu einem anderen Klub gehen", sagte der Niederländer. Durch einen "Streik" hätte er den Wechsel zu Real nicht erzwingen wollen: "Das ist nicht meine Art." Er sei ein Profi und halte sein Wort. "Niemand hatte mich gezwungen, beim HSV zu unterschreiben. Nun muss ich meinen Vertrag erfüllen."

Die Äußerungen sprechen nicht gerade dafür, dass der Angreifer noch mit allerletztem Einsatz in die verbleibenden 15 Saisonspiele mit dem HSV geht. Im Testspiel gegen Amsterdam noch top, ging seine Leistungskurve nach der Real-Anfrage trotz des Siegtores auf Schalke bergab. Doch sogar David Jarolim, nach acht Jahren beim HSV der personifizierte Gegenentwurf zum Fußball-Söldner, nimmt den Angreifer in Schutz. "Anderen Spielern hätte ich in ähnlicher Situation wohl eine reingehauen, aber in seinem Falle habe ich Verständnis. Das liegt an seinem Typ, er ist ein absoluter Profi. Es gab von Ruud auch nie ein Wort gegen die Mannschaft." Auch die Aussage des 34-Jährigen, den Verein im Sommer auf jeden Fall verlassen zu wollen, spielt Jarolim herunter. "Solche Aussagen zählen oft nur zwei Tage. Das war aus der Enttäuschung heraus gesprochen."

Und Matthias Sammer? Auch hier geht die Diskussion weiter. Via "Sportbild" meldete sich nunmehr DFB-Präsident Theo Zwanziger: "Ich hätte mir gewünscht, dass der HSV früher zum Telefon gegriffen hätte, wenn er einen führenden Angestellten des DFB, der einen Vertrag bis 2013 hat, für sich gewinnen will. Danach hätten die Beteiligten dann die vertraglichen Angelegenheiten besprechen können." Beim HSV stieß diese Äußerung auf großes Unverständnis. Schließlich sei es Sammers ausdrücklicher Wunsch gewesen, dass er selbst den DFB über den Verhandlungsstand informieren wollte. Diesem Wunsch habe man nur entsprochen.

Wann Rieckhoffs ausdrücklichem Wunsch nach Ruhe im Verein entsprochen wird, ist jedoch nicht absehbar.