Ein ereignisreiches Jahr liegt hinter dem HSV. Das Abendblatt erinnert sich an die emotionalsten Momente und die wichtigsten Entscheidungen.
Hamburg. Kaum ein anderer Fußball-Bundesligist sorgte im Jahr 2010 für derart viele Schlagzeilen wie der Hamburger SV. Der Verein aus dem Volkspark erregte sowohl auf dem Platz als auch hinter den Kulissen für Aufsehen. Nach zwölf ereignisreichen Monaten blickt das Abendblatt zurück auf ein Jahr voller Emotionen und Enttäuschungen.
23. Januar: Ein Weltstar kommt nach Hamburg
Ein Leser des Abendblatt-Blogs "Matz ab" hatte die Information als Erster. Wenige Tage später ist der Transfer tatsächlich perfekt. HSV-Boss Bernd Hoffmann präsentiert den Weltstar Ruud van Nistelrooy in Hamburg. Der Stürmer kommt von Real Madrid und unterschreibt an der Elbe einen Vertrag bis zum 30. Juni 2011. Unter den HSV-Fans bricht Euphorie aus, viele träumen von der ersten Meisterschaft seit 27 Jahren. Als der Niederländer dann in seinem ersten Einsatz über mehrere Minuten den HSV mit zwei Toren zum 3:1-Sieg in Stuttgart schießt, hat Hamburg wieder einen Superstar. Leider zeigt sich van Nistelrooy in der Folge nicht mehr so treffsicher wie in seinen besten Tagen. Auch "Van the Man" kann den Absturz in der Liga aus den Euopapokalrängen nicht verhindern. Im Spätherbst ist dann endgültig Ernüchterung eingekehrt. Am letzten Spieltag der Hinrunde sitzt Ruud van Nistelrooy gegen Gladbach trotz körperlich guten Zustands nur auf der Ersatzbank. Die Zukunft des Nationalspielers der Niederlande dürfte im kommenden Sommer ein Ende finden.
4. April: Der Skandal des Jahres
Das enttäuschende 0:0 gegen Kellerkind Hannover 96 am 29. Spieltag bot eigentlich schon Anlass genug für Negativ-Schlagzeilen. Doch Stürmer Poalo Guerrero setzte noch einen drauf und sorgte für den Ausraster des Jahres. Nachdem er auf dem Weg in die Kabine von einem Anhänger beschimpft wurde, holte der Peruaner zum großen Wurf aus. Mit seiner gefüllten Trinkflasche traf er Axel Z. aus zehn Metern genau am Kopf. Der Fall sorgte deutschlandweit für Aufsehen und beschäftigte sogar die Staatsanwaltschaft. Guerrero wurde für fünf Bundesligaspiele gesperrt, zahlte eine saftige Geldstrafe und zeigte sich reumütig. Fünf Tage später stand der 26-Jährige aber schon wieder auf dem Platz. Beim 3:1-Auswärtssieg in Lüttich schoss Guerrero im Europa-League-Viertelfinale das dritte Tor.
26. April: Labbadia muss gehen
Langfristig wollte man beim HSV mit Bruno Labbadia etwas aufbauen, hieß es beim HSV noch wenige Tage vor der Entlassung. Nach dem erschütternden 1:5 bei 1899 Hoffenheim am 32. Spieltag gibt es aber kein Halten mehr: Bernd Hoffmann gibt Labbadia nach nicht einmal einem Jahr den Laufpass. Das Verhältnis zwischen Mannschaft und Chefcoach ist zerrüttet. "Es war der letzte Zeitpunkt, zu reagieren", sagte Klubchef Bernd Hoffmann. Auch Co-Trainer Eddy Sözer muss gehen. Labbadia, der vor der Saison von Bayer Leverkusen verpflichtet wurde, wird immerhin mit einer kräftigen Abfindung entschädigt. Nachfolger wird Ricardo Moniz, bis dato Techniktrainer. Der Niederländer betreut das Team bis zum Saisonende, wechselt dann zu Red-Bull Salzburg.
29. April: Der Traum ist geplatzt
Die Geschichte wäre zu schön gewesen: Der HSV erreicht erstmals seit 1983 wieder das Endspiel eines Europapokalwettbewerbs - und spielt im eigenen Stadion um den ersten Titel seit 1987. 15 Minuten fehlen den Hamburgern in der Halbfinalpartie der Europa League beim FC Fulham aus England, um dem Traum einen großen Schritt näher zu kommen. Nach einem traumhaften Freistoßtor von Mladen Petric führen die Hamburger in London lange mit 1:0. Doch nach dem Ausgleich zerstört der Ungar Zoltan Gera die Hoffnungen der Rothosen in der 79. Minute mit einem Linksschuss. Der HSV scheidet wie im Vorjahr in der Vorschlussrunde aus. "Das ist ein Schock für den Verein", sagte Vorstandschef Bernd Hoffmann.
24. Mai: Die Doppellösung
Die quälend lange Suche ist beendet. Oliver Kreutzer, Roman Grill, Urs Siegenthaler, Nico-Jan Hoogma, Sergej Barbarez - all diese Namen werden über Monate gehandelt. Am Ende präsentiert der HSV mit Bastian Reinhardt einen neuen Sportdirektor, der seine aktive Karriere gerade erste beendet hatte. Der ehemalige Verteidiger rückt auch in den Vorstand und sollte eigentlich in einer Doppellösung mit Urs Siegenthaler den Hamburgern ein neues Gesicht geben. Der Schweizer entscheidet sich dann aber für eine Weiterarbeit beim DFB, Reinhardt übernimmt das Amt alleine. Neuer Trainer wird Armin Veh, der ein halbes Jahr zuvor beim VfL Wolfsburg entlassen wurde. Veh erhält einen Vertrag bis Juni 2012, der in beidseitigem Einvernehmen aber bereits nach einem Jahr wieder aufgelöst werden kann.
15. August: Die Beinahe-Blamage
In der ersten Runde des DFB-Pokals tritt der HSV beim Oberligisten Torgelower SV Greif (Mecklenburg-Vorpommern) an. Es ist das erste Pflichtspiel der Hanseaten in der neuen Saison unter Trainer Armin Veh. Nie zuvor hatte ein Bundesligist bei einem Fünftligisten verloren. Eine Blamage können die Hamburger zwar abwenden, in der ersten Halbzeit präsentieren sich Neuzugang Heiko Westermann und Co. aber wie ein wilder Hühnerhaufen. Mike Pankau spielt die neuformierte HSV-Abwehr schwindelig. Nach der Führung von Ruud van Nistelrooy sorgt Pankau für den 1:1-Pausenstand. Am Ende gewinnt der Bundesligist zwar mit 5:1, mit Ruhm bekleckert sich der HSV in der Provinz aber nicht. Die Experimente mit Eljero Elia als linker Verteidiger und Mladen Petric auf Rechtsaußen verschwinden schnell wieder in der Taktikkiste.
17. Dezember: Späte Versöhnung
Nach einer enttäuschenden Vorrunde gewinnt der HSV im letzten Hinrundenspiel mit viel Glück 2:1 bei Schlusslicht Borussia Mönchengladbach. In der ersten Halbzeit ist es einzig Torhüter Frank Rost zu verdanken, dass die Rothosen noch nicht aussichtslos in Rückstand liegen. Nach der Pause trifft zunächst Eljero Elia zum 1:0, zehn Minuten vor Schluss findet ein krummer Freistoß von Piotr Trochowski den Weg ins Tor. Der HSV jubelt auswärts endlich wieder nach vier Pleiten in der Fremde in Folge. Dennoch ist die Punkteausbeute mit 24 Zählern aus 17 Spielen ernüchternd, Tabellenplatz neun zu wenig für die eigenen Ansprüche. Der totale Absturz kann aber gerade noch verhindert werden.