Am Montag wird mehr als nur der Delegierte der Amateure für den HSV-Aufsichtsrat gewählt - mit Eckart Westphalen und Christian Reichert gibt es zwei Alternativen
Hamburg. Wer nach Gemeinsamkeiten zwischen Christian Reichert und Eckart Westphalen sucht, braucht sich nur die Ausweise der beiden HSV-Aufsichtsratskandidaten zeigen zu lassen. So ist bei beiden als Geburtstag der 8. November vermerkt - bei Reichert der 8. November 1963, bei Westphalen der 8. November 1941. Viel interessanter sind aber die Unterschiede zwischen Herausforderer Reichert und Amtsinhaber Westphalen - so interessant, dass die Mitglieder der Amateurabteilung bei der Delegiertenwahl am Montag laut HSV-Chef Bernd Hoffmann vor einer Richtungswahl stehen. Zur Erinnerung: Die eigentliche Wahl des Aufsichtsrats findet erst am 9. Januar statt.
Wohl nur selten hatte die Wahl eines Abteilungsdelegierten so viel Brisanz wie diesmal. "Die Amateursportler werden sicherlich die richtige Entscheidung treffen", sagt Hoffmann, der nicht nur insgeheim hofft, dass es eine Wahl zu seinen Gunsten wird. Denn obwohl es vordergründig am Montagabend ab 19 Uhr in der Dannemann Lounge um die Interessenvertretung der Amateurabteilung geht, geht es hintergründig viel mehr um die Gesamtausrichtung des Vereins im Allgemeinen und um Hoffmann im Speziellen.
Christian Reichert, 47, blaue HSV-Mütze, freundliches Gesicht, kleiner Bauchansatz, kommt eine Minute zu spät. Der frühere Sonderschullehrer und heutige Hausmann und Vater bestellt sich einen Milchkaffee und legt umgehend los. Der Aufsichtsrat habe in den vergangenen beiden Jahren zu wenig den Dialog zu den Mitgliedern gesucht, das wolle er ändern.
Acht Jahre lang war Reichert Mitglied des Vorstands, hat sich immer wieder mit Hoffmann gefetzt und trat vor zwei Jahren entnervt zurück. Nun will er auf die HSV-Bühne zurück. Und warum als Delegierter der Amateure und nicht bei den Supporters? "Ich habe beide Abteilungen acht Jahre lang als Vorstand verantwortet. Keiner kennt sich in beiden Abteilungen so gut aus wie ich", sagt er, "aber für mich hat eine Kandidatur bei den Amateuren mehr Sinn gemacht, weil ich mit der Arbeit von Björn Floberg, dem Delegierten der Supporters, zufrieden bin." Über die Arbeit von Westphalen sagt er nichts. Nur so viel: "Als Aufsichtsrat ist man für den ganzen Verein zuständig, auch als Delegierter einer Abteilung." Was Reichert meint, aber nicht sagt: Dem von Hoffmann initiierten Kühne-Deal, bei dem Klaus-Michael Kühne als Investor beim HSV eingestiegen ist, hätte er als Aufsichtsrat wohl nicht zugestimmt.
Eckart Westphalen sieht das anders. "Als Delegierter aller Amateure fühle ich mich als Aufsichtsrat in erster Linie deren Interessen verpflichtet", sagt das frühere Vorstandsmitglied der Signal Iduna. Westphalen, 69, graues Sakko, hellblaues Hemd, ist pünktlich auf die Minute. Obwohl das Kontrollgremium in den vergangenen Jahren Fehler gemacht habe, bringe ihm die Arbeit als Aufsichtsrat Spaß. Der HSV sei mittlerweile ein mittelständisches Unternehmen, da sei es wichtig, "solide zu wirtschaften, auch im Hinblick auf den Sportbetrieb der Amateure". In Zeiten wirtschaftlicher Ungewissheit gehöre auch dazu, ungewöhnliche Wege wie zum Beispiel in der Vergangenheit mit dem Kühne-Projekt zu gehen. Der Vorstand unter Hoffmann habe solide gewirtschaftet, dies müsse in der Zukunft so weitergehen, deswegen unterstütze er den eingeschlagenen Weg.
Welchen Weg die Mitglieder der Amateure unterstützen, wird man im Allgemeinen - und Hoffmann im Speziellen - am Montag sehen.