2010 kassierte der HSV in seinen bisher 14 Pflichtspielen stolze 21 Gegentreffer. Genau so viele, wie die Hamburger selbst erzielten.

Hamburg. Nicht selten stimmt der Erfolg versöhnlich. Manchmal reicht sogar schon ein Unentschieden. Wie bei Joris Mathijsen am Sonntag nach dem 2:2 gegen Schalke. Befragt, ob er denn ein Problem in der Abstimmung mit David Rozehnal, seinem Partner in der Innenverteidigung habe, sagte Mathijsen: "Nein, das kommt Euch vielleicht nur so vor. Es liegt eher daran, dass wir aktuell hinten mehr zu tun haben."

Unbestritten ist jedoch die Defensive derzeit die große Schwachstelle beim HSV. "Wir können gar nicht so viele Tore schießen, wie wir einfangen", klagt Mladen Petric. Und der Angreifer hat Recht. 2010 kassierte der HSV in seinen bisher 14 Pflichtspielen stolze 21 Gegentreffer. Genau so viele, wie die Hamburger selbst erzielten.

Im Fußball ist die Innenverteidigung das Herzstück der Defensive. Und zumindest im Vergleich mit anderen Spitzenteams ist das HSV-Duo Rozehnal/Mathijsen nicht unbedingt wegweisend. Im Zweikampfverhalten und in Sachen Torgefahr gibt es von den sechs Innenverteidigerpärchen der Top-Mannschaften keines, das schlechtere Werte vorweist. Rozehnal stellt zudem mit 55 Prozent gewonnener Zweikämpfe den schwächsten Wert.

Entsprechend mager fällt die Erfolgsbilanz des HSV mit dem tschechisch/holländischen Duo aus. In dieser Saison setzte Bruno Labbadia in 31 Pflichtspielen auf die Innenverteidiger Rozehnal und Mathijsen. Gerade zwölf Siege sprangen dabei heraus, zudem zehn Remis und neun Niederlagen - und 41 Gegentore.

Wächst hier nicht zusammen, was gar nicht zusammen passen kann? Auffällig auch das Gegentor zum 1:1 gegen Schalke: Nach einem Blackout von Rozehnal, der den Ball nach einem Stellungsfehler mit dem Kopf verlängert statt herauszuköpfen, steht Mathijsen unglücklich falsch. Kuranyi muss den Ball nur noch über die Linie drücken. Auf solche Querschläger muss Mathijsen derzeit immer gefasst sein. Ein Umstand, der die Konzentration schwächt und als logische Konsequenz Gegentore forciert. Die Verunsicherung ist schon so weit, dass Rozehnal und Mathijsen nicht selten bei eigenen Angriffen keine 30 Meter vor dem eigenen Tor verharren.

Und dieser Zustand nervt. Torwart Frank Rost, der trotz starker Leistungen regelmäßig hinter sich greifen muss, mag aus Selbstschutz gar nichts mehr dazu sagen. Und auch Mathijsen wird ungeduldig. Am deutlichsten wird dies, auch wenn er selbst es leugnet, in den Spielen. Fast 90 Minuten lang ist der Niederländer momentan damit beschäftigt, seinen Nebenmann zu stellen, ihm Anweisungen zu geben - und sich über ihn zu ärgern.

Kein Wunder, dass Insider Jerome Boateng für die Position neben dem niederländischen Abwehrchef fordern. Immerhin hat der HSV mit dem Jung-Nationalspieler als zweitem Innenverteidiger nur eine von neun Bundesliga-Partien verloren. Die internationalen und DFB-Pokalspiele hinzugerechnet, ist es sogar nur eine Niederlage in insgesamt 15 Spielen. Wobei als Entschuldigung für Labbadia gelten muss, dass Boateng achtmal verletzt gar nicht im Kader war.

Bei Borussia Mönchengladbach am Sonntag wird Boateng wohl wieder dabei sein. Als Innenverteidiger? Oder doch auf der ungeliebten Außenbahn? Was die Statistik nahe legt, äußert Boateng als Wunsch: "Jeder weiß, dass ich mich dort am wohlsten fühle."