Guy Demel hatte verlockende Angebote. Doch die Verpflichtung des neuen Stürmerstars Ruud van Nistelrooy hat ihn zum Bleiben bewogen.

Hamburg. Die kurze Zeit wollte er nutzen. Lustig mit den Mannschaftskollegen Kartfahren statt Training? Nicht für Ruud van Nistelrooy. Zumindest nicht nur. Der Niederländer absolvierte flugs eine 45 Minuten dauernde Kraft- und Ausdauereinheit im Kabinentrakt, ehe es gemeinsam mit den Kollegen ins Vergnügen ging. "Ich fühle mich sehr gut", so der Angreifer zufrieden, "das Mannschaftstraining war super, jetzt steigere ich von Tag zu Tag." Und das sogar freiwillig. Wie gestern.

Starallüren? Keine Spur. Van Nistelrooy präsentiert sich wie von ihm selbst versprochen als Musterprofi und zeigt, dass er trotz der Bedenken seiner vorsichtigen Trainer heiß auf seine Premiere für den HSV ist. Auch nach der Quasi-Absage von Bruno Labbadia ("Er ist eher nicht im Kader") gibt sich der 33-Jährige weiter kämpferisch für seinen Einsatz am Sonnabend beim 1. FC Köln: "Warum nicht? Wenn ich das Mannschaftstraining mitmachen kann, dann muss es eigentlich gehen", so van Nistelrooy.

Für Labbadia und dessen Stab sind van Nistelrooys forsche Töne kein Problem. Im Gegenteil: "Das ist super. Sogar wichtig. Seine Haltung zeigt doch, wie ernst er hier alles nimmt und darauf hinarbeitet, für den HSV endlich aufzulaufen", ist Co-Trainer Erdinc "Eddy" Sözer voll des Lobes, "so realistisch wir es auch betrachten, seine Aussagen zeigen das, was wir von ihm erwartet hatten." Und das ist, gegenüber den Kollegen Vorbildcharakter zu übernehmen.

Schließlich verspricht der Name van Nistelrooy großen Fußball. Und er zieht. Die Verpflichtung des Niederländers dürfte nach dem "Türöffner" Rafael van der Vaart 2005 die wohl nachhaltigste Verpflichtung darstellen. "Sein Name spielte in der Entscheidungsfindung für meine persönliche Zukunft eine große Rolle", untermauert Guy Demel die Sogwirkung des ehemaligen Profis von Manchester United, Eindhoven und Real Madrid. Selbst gestandene und erfahrene Nationalspieler wie Marcell Jansen ("Ruud gibt sich völlig normal. Sensationell wie der sich hier einfügt") und Mladen Petric zeigen sich beeindruckt. Petric, der aller Voraussicht nach in den kommenden Wochen zusammen mit dem neuen Superstar stürmen wird, ist optimistisch: "Sein Name zieht Gegenspieler auf ihn, das kann es mir leichter machen. Aber noch viel wichtiger ist, dass wir mit einem gesunden van Nistelrooy große Ziele formulieren können. Da muss es zur Normalität werden, mit Hamburg in der Champions League zu spielen."



Genauso sieht es auch Demel, der sich im Winter lange Zeit mit Wechselgedanken trug. Premier-League-Klub Sunderland hatte ihm eine Verdoppelung des Gehalts angeboten - Demel lehnte ab. Dank van Nistelrooy. "Als mir Bernd Hoffmann und Katja Kraus mitteilten, dass er zu uns kommen soll, war mir klar, dass ein Wechsel im Winter nicht stattfindet. Es zeigte, dass hier in Hamburg nicht nur Stadion, Stadt und Fans stimmen - hier stimmen auch die Strukturen."

Dass sich der Ivorer zum Zeitpunkt des Vertragsgesprächs beim Afrika-Cup dauernder Bedrohungen von Terrorismus ausgesetzt sah - vergessen. Togos Nationalmannschaft war auf dem Weg zum Turnier in Angola von Heckenschützen überfallen und beschossen worden. Resultat: zwei tote Teammitglieder und ständige Bewachung der weiteren Turnierteilnemer. "Das war schon richtig heftig", erinnert sich Demel, "über dem Trainingsplatz kreisten zwei Hubschrauber Patrouille. Wir haben als Mannschaft zwei Tage lang überlegt, abzubrechen. Ich konnte meiner Frau noch nicht mal sagen, wie viel Angst ich hatte, weil sie sonst durchgedreht wäre." Trotzdem ertappte sich Demel, während seiner Tage in Angola zumindest für einen kurzen Moment nicht mehr an die Bedrohung zu denken. Als er von van Nistelrooy hörte.

Statt sich bedroht zu fühlen, schmiedete der Rechtsverteidiger plötzlich optimistisch neue Pläne für seine Karriere. "Ich würde gern sehr lange beim HSV bleiben", schwärmt der bis Ende Juni 2012 unter Vertrag stehende Defensivspezialist, "unsere Ansprüche waren in den letzten Jahren ob guter Namen in der Mannschaft immer hoch. Zu Recht. Das einzige, was fehlte, waren die Titel." Dennoch sei mit den jüngsten Verpflichtungen von Zé Roberto zu Saisonbeginn und jetzt Ruud van Nistelrooy die Perspektive drastisch verbessert worden. "Unser Ziel kann es mit solchen Leuten doch nur sein, jedes Jahr Champions League zu spielen und Titel zu holen. Und da möchte ich dabei sein."