Der HSV muss sich von mehreren Spielern trennen, um die gewünschten Verstärkungen finanzieren zu können. Abraham vom FC Basel ist im Gespräch.
Hamburg. Südamerikaner haben es in der Regel gerne warm. Diesbezüglich dürfte die Stadt Hamburg auf den vom HSV umworbenen Argentinier David Abraham, 25, (das Abendblatt berichtete) am Dienstag mächtig Eindruck gemacht haben. Beim Treffen mit Sportchef Frank Arnesen im Restaurant "Au Quai" herrschten knapp 30 Grad. Doch nicht nur deshalb spielt der Innenverteidiger vom FC Basel offenbar ernsthaft mit dem Gedanken, in die Hansestadt zu wechseln. "Der HSV hat schon einen großen Bonus. Spieler und Trainer kennen sich noch aus Basel", bestätigte Abrahams Berater Renato Cedrola. Doch ein weit wichtigerer Faktor dürfte das Gehalt sein. "Für David soll es der nächste gute Vertrag werden. Da muss alles passen", sagt Cedrola. Trainer Thorsten Fink traf sich gestern nach seinem Mykonos-Kurztrip mit dem Vorstand zum intensiven Gedanken- und Meinungsaustausch - Abraham dürfte ganz oben auf der Liste gestanden haben.
+++ Basels Verteidiger Abraham ist ein Kandidat für den HSV +++
In Sachen Neuverpflichtungen liegt der HSV gut im Rennen. Rene Adler, Artjoms Rudnevs und Maximilian Beister stehen fest, weitere sollen folgen. Denn für Trainer Thorsten Fink hat ein guter, zentraler Mittelfeldspieler, der das Spiel lenken und schnell machen kann, nach wie vor Priorität. Der Wolfsburger Diego, der an Atletico Madrid ausgeliehen ist, wäre so einer gewesen. Fink hätte ihn mit Kusshand genommen. Doch das Gehalt des Brasilianers liegt außerhalb jeglicher Machbarkeit: Beim VfL soll er eine Jahresgage von neun Millionen Euro bekommen.
Für einen Regisseur dieser Kategorie muss finanzieller Spielraum geschaffen, der Kader verkleinert werden. Doch das gestaltet sich schwieriger als gedacht - denn die Kandidaten auf der Streichliste sind zum Teil schwer zu vermitteln. Allen voran Torwart Jaroslav Drobny. Nach der Verpflichtung von Rene Adler, der rund 2,7 Millionen Euro pro Jahr verdient, will sich der HSV keinen Ersatzkeeper leisten, der den Etat noch mal mit gut 1,5 Millionen belastet. Doch es dürfte nicht leicht sein, einen Klub zu finden, der bereit ist, für einen 32-jährigen Schlussmann mit Knieproblemen eine ähnliche Summe aufzurufen. Bayern München war dazu bereit, wollte sogar noch eine Million Euro an Ablöse draufschlagen, doch Arnesen lehnte ab - er soll drei Millionen verlangt haben. Die Bayern zogen Tom Starke vor, der HSV hofft nun auf ein Angebot aus dem Ausland.
+++ Fußball-Frauen des HSV scheitern an 100.000 Euro +++
Doch die Streichliste ist lang. Mittelfeldspieler Robert Tesche, der als phlegmatisch gilt, hat ebenso keine Zukunft beim HSV wie sein bisheriger Konkurrent Per Cilian Skjelbred (beide 24), der unter Fink keine Chance bekam, seine Bundesligatauglichkeit unter Beweis zu stellen. Und auch die rund 1,5 Millionen Gehalt des dritten Defensivmanns im Mittelfeld, Gojko Kacar, würde der HSV gerne einsparen - doch durch die schwere Knöchelverletzung, die den 25-Jährigen noch Monate außer Gefecht setzt, hat sich dieses Thema wohl erledigt. Sogar der erst vor der Saison vom FC Chelsea verpflichtete Jacopo Sala, 20, der sich sportlich gut entwickelt hat, ist nicht unumstritten. Ihm mangelt es mitunter an der Einstellung: So soll er bei einem Einsatz für die Regionalligamannschaft keine Fußballschuhe dabei gehabt haben, da er davon ausging, dass ihm diese bereit gestellt werden. Zudem wurde ihm als Aushilfe in der Zweiten Lustlosigkeit attestiert.
Im Defensivbereich wird der HSV Slobodan Rajkovic keine Steine in den Weg legen, zumal seine Einsatzchancen bei einem Abraham-Transfer weiter sinken würden. Und auch der Verbleib des von Chelsea ausgeliehenen Jeffrey Bruma ist noch nicht gesichert, obwohl Arnesen ihn unbedingt behalten will.
Zu der Liste der HSV-Profis, durch die auch eine größere Ablöse generiert werden kann, zählt allen voran Angreifer Paolo Guerrero. Sportlich ist der Peruaner unumstritten, doch bei einer Summe im hohen einstelligen Millionenbereich würde der Klub den Top-Verdiener des HSV (vier Millionen Gehalt) abgeben. So gab es wohl schon ein vergleichbares Angebot des SSC Neapel, der mit seinen Scouts beim Spiel gegen den VfB Stuttgart im März vor Ort war. Doch nach der Roten Karte für das brutale Foul an Torwart Sven Ulreich nahmen die Italiener Abstand von einem Transfer. Sturmkollege Marcus Berg (Vertrag bis 2014) hat zwar einen leichten Aufwärtstrend zu verzeichnen, doch bei einem entsprechenden Angebot darf auch der Schwede gehen. Die einst bezahlten zehn Millionen auch nur annähernd wiederzuerhalten, ist jedoch illusorisch. Sein Marktwert wird derzeit auf vier Millionen Euro taxiert.
Und auch bei Gökhan Töre, 20, ist der HSV durchaus gesprächsbereit. Nachdem der Türke im April ein Angebot zur Vertragsverlängerung (derzeit bis 2014) zu verbesserten Konditionen abgelehnt hatte, liegen die Verhandlungen auf Eis. Seine Entwicklung stagniert, das Defensivverhalten des Dribbelkünstlers ist nicht erstligareif. Bei einer entsprechenden Millionenofferte würde der HSV wohl absegnen - obwohl der FC Chelsea die Hälfte bekommen würde, da die Transferrechte zu 50 Prozent bei den Engländern liegen.