Horst Becker beantragte, den HSV-Aufsichtsrat auf sieben Mitglieder zu verkleinern. Dafür fehlte allerdings die nötige Dreiviertelmehrheit.

Hamburg. Kontroverse Debatten auf der Mitgliederversammlung des HSV in der Imtech-Arena am Sonntag. Besonders umstritten war ein Antrag von Aufsichtsratsmitglied Horst Becker. Seine Forderung: Den Aufsichtsrat von derzeit 12 auf sieben Mitglieder zu verkleinern. Außerdem sollten dem Antrag zu Folge die Wahlen zum Aufsichtrat alle vier Jahre, statt wie bisher alle zwei Jahre stattfinden. Eine Mehrheit der Mitglieder stimmte mit 262 Pro-, bei 244 Gegenstimmen und vier Enthaltungen zwar für eine Verkleinerung, die notwendige Dreiviertelmehrheit wurde allerdings nicht erreicht. Es bleibt also alles beim Alten.

+++ Fragen an den HSV-Vorstand? Erst später +++

Rückendeckung bekam Becker von dem Aufsichtsratsvorsitzenden Ernst-Otto Rieckehoff. Rieckhoff ging sogar noch weiter: Wäre der Antrag durchkommen, so wäre es eine "elegante Konsequenz" gewesen, wenn sich der bisherige Aufsichtsrat komplett auflösen und zur Neuwahl stellen würde. Kritik kam etwa von den Aufsichtsratsmitgliedern Hans-Ulrich Klüver, Manfred Ertel, Jürgen Hunke und Supporters-Chef Ralf Bednarek. Ebenfalls wurde ein Kompromissantrag eingereicht, die Zahl des Vorstandes auf neun Mitglieder zu veringern. Dieser wurde allerdings zurückgezogen.

Schon zu Beginn des Tages kam es zu einem hitzigen Wortgefecht. Vor den Augen von 570 anwesenden stimmberechtigten Mitgliedern stürmte Ex-HSV-Präsident Peter Krohn unangekündigt zum Rednerpult und ergriff das Wort. Gestoppt wurden seine Ausführungen vom HSV-Aufsichtsratsvorsitzenden Ernst-Otto Rieckhoff. Er forderte Krohn auf, seine Äußerungen zurückstellen, da momentan keine Zeit für Grundsatzreden sei, so Rieckhoff. "Lassen Sie mich doch von den Ordnern abführen", konterte Krohn. Erst nach Rieckhoffs wiederholter Aufforderung die Bühne zu verlassen, die von den Mitgliedern mit Applaus unterstützt wurde, zog Krohn sich zurück. Nach nur 30 Minuten verließen er und seine Frau daraufhin schnurstracks das Stadion.

Einer der beschlossenen Anträge: Für die Einberufung der Mitglieder reicht künftig auch die Einladung über die Online-Ausgabe der Vereinszeitung. Damit könnte der Verein bis zu 100.000 Euro pro Jahr einsparen. Mit Blick auf die Kaderplanung für die kommende Saison hat der HSV eine erneute Zusammenarbeit mit Milliardär Klaus-Michael Kühne nicht ausgeschlossen. Der Unternehmer hatte den Verein bereits vor rund zwei Jahren finanziell mit 12,5 Millionen Euro unterstützt und dafür eine prozentuale Beteiligung an den Transferrechten von sechs HSV-Profis erhalten. Wie ein künftiges Modell bei einem Engagement Kühnes aussehen könnte, ließ der Hamburger Vorstand auf der Mitgliederversammlung am Sonntag offen.

Allerdings betonte Klubchef Carl Jarchow, dass der HSV keine Transferrechte an bereits unter Vertrag stehenden Spielern an einen Investor abgeben werde. "So etwas wird es mit diesem Vorstand nicht geben", sagte der 57-Jährige und machte damit deutlich, dass er einen anderen Weg als sein Vorgänger Bernd Hoffmann gehen will. Dass der Verein auch künftig nicht an jedem neu verpflichteten Profi 100 Prozent der Transferrechte halten werde, sei jedoch aufgrund der wirtschaftlichen Situation des HSV unvermeidbar.

"Ich plädiere dafür, dass wir uns diese Möglichkeit erhalten. Das ist überall gängige Praxis", sagte Jarchow. Bisher hat der HSV für die kommende Saison Ex-Nationaltorhüter Rene Adler und den lettischen Stürmer Artjoms Rudnevs neu unter Vertrag genommen. Zudem kehrt der zuletzt an Fortuna Düsseldorf ausgeliehene Maximilian Beister zu den Hanseaten zurück. Nach Wunsch von Trainer Thorsten Fink soll nun vor allem noch das zentrale Mittelfeld verstärkt werden.

Rund zwei Stunden wurde auch über die umstrittene Fernwahl diskutiert. In über 20 Wortbeiträgen wurde der Antrag von Jan Talleur erörtert, der sich mit der Zulassung der Briefwahl bei Mitgliederversammlungen beschäftigt. Um kurz vor 15 Uhr folgte das Ergebnis: Der Antrag auf Fernwahl bekam nicht die erforderliche Dreiviertelmehrheit und wurde somit abgelehnt. 256 Stimmen gab es für den Antrag, 324 dagegen. Es gab vier Enthaltungen Zur Abstimmung waren 585 Mitglieder anwesend. Zum Vergleich: Insgesamt gibt es rund 53.000 stimmberechtigte HSV-Mitglieder.

Um 17.35 Uhr wurde der Antrag beschlossen, alle offenen Punkte auf einer weiteren außerordentlichen Mitgliederversammlung zu erörtern. Diese soll bis zum Januar stattfinden. Um 17.55 Uhr beendete HSV-Aufsichtsratsvorsitzender Ernst-Otto Rieckhoff die Mitgliederversammlung. Im Anschluß gab es noch eine Informationsveranstaltung für alle Mitglieder, in der gemeinsam mit dem HSV-Vorstand und dem Aufsichtsrat über die Vergangenheit und die Zukunft des Vereins diskutiert wurde.

Mit Material von dapd