In einer sportlich enttäuschenden Saison konnten nur wenige Spieler überzeugen. Abendblatt.de bewertet und benotet alle eingesetzten HSV-Spieler.

Hamburg. 36 Punkte, Platz 15, 35:57 Tore. Die Bilanz des HSV in der abgelaufenen Bundesliga-Saison liest sich erschreckend. Dass der Bundesligadino in der Klasse bleiben darf und die Uhr im Volksparkstadion weitertickt, ist kein Verdienst der Mannschaft oder des Vereins, sondern allein die Schwäche der Konkurrenz aus Kaiserslautern, Berlin und Köln.

+++ 0:1 in Augsburg: Unrühmliches Saisonende für den HSV +++

Es sollte der große Umbruch werden, am Ende war es eine enttäuschende Spielzeit und ein langes Zittern. Kaum ein Spieler erreichte konstante Normalform, viele Hoffnungsträger enttäuschten auf ganzer Linie. Abendblatt.de blickt zurück auf eine sportlich schlimme Saison und bewertet alle eingesetzten Spieler in einer Einzelkritik.

Torhüter

Jaroslav Drobny (32 Spiele/0Tore): Der Tscheche trat das schwere Erbe von Frank Rost an und tat sich damit zu Saisonbeginn sehr schwer. Zwei schlimme Patzer in den beiden ersten Heimspielen gegen Hertha (2:2) und Köln (3:4) kosteten den HSV in der Schlussphase wichtige Punkte. Von den eigenen Fans wurde Drobny ausgepfiffen und verhöhnt. Was der 32-Jährige in der Folge leistete, ist daher gar nicht hoch genug zu bewerten. Der Schlussmann fing sich und rettete den Hamburgern in der Hinrunde so manchen Punkt. In der Rückrunde blieb er nahezu fehlerlos, obwohl der Name René Adler wochenlang die Schlagzeilen beherrschte. Drobny spielte mit Sehnenriss im Daumen und war trotz der Verletzung mehrfach der beste HSV-Spieler. Note: 2,5.

Sven Neuhaus (3 Spiele/0 Tore): Kam erst während der Saison als dritter Keeper und feierte am 32. Spieltag in Nürnberg sein Debüt in der Bundesliga. Eine Woche später machte er beim 0:0 gegen Mainz eine gute Figur und geht damit als einziger Torhüter in die HSV-Geschichte ein, der in Heimspielen ohne Gegentor blieb. Note: 3.

Abwehr

Dennis Diekmeier (24 Spiele/0 Tore): Zu Saisonbeginn unter Trainer Michael Oenning auf der rechten Seite gesetzt, aber vor allem in der Defensive enttäuschend. Unter Nachfolger Thorsten Fink zunächst auf der Bank, dann aber wieder unumstrittener Stammspieler. Deutete sein Potenzial immer wieder mal an, machte daraus aber im Endeffekt zu wenig. Zwei Vorlagen (beide in Berlin) sind für einen Spieler, dessen Stärke die Flankenläufe sind, zu wenig. Musste wegen eines Bänderrisses in der Endphase zuschauen. Note: 4.

Jeffrey Bruma (22 Spiele/2 Tore): Der niederländische Nationalspieler kam mit großen Vorschusslorbeeren vom FC Chelsea, konnte diese aber nur selten rechtfertigen. Zu Saisonbeginn nicht richtig fit, startete er unter Interimstrainer Rodolfo Cardoso und Nachfolger Fink zunächst durch. Zwei wichtige Tore gegen Stuttgart und Hannover machten Hoffnung. In der Rückrunde dann aber nur noch enttäuschend - sowohl in der Innenverteidigung als auch auf der rechten Seite. Note: 4,5.

Michael Mancienne (16 Spiele/0 Tore): Er sei ein Talent, sagte Sportchef Frank Arnesen vor der Saison über den Engländer, den er vom FC Chelsea mitbrachte. Die ersten Auftritte in der Bundesliga ließen davon aber nichts erkennen. Fand sich daher schnell auf der Bank wieder, die er erst in der zweiten Hälfte der Rückrunde wieder verlassen konnte. Dann zeigte der Mann mit den Rastazöpfen, dass er in der Zukunft für den HSV doch noch wichtig werden könnte. Enorm zweikampf- und kopfballstark. An seinem Spiel nach vorne muss er aber noch viel arbeiten. Note: 4,5.

Heiko Westermann (33 Spiele/1 Tor): Der Kapitän steckte zu Saisonbeginn in einem Leistungstief, aus dem er sich nur mühsam wieder herauskämpfte. Unter Thorsten Fink zunächst als Rechtsverteidiger aufgeboten. Zum Glück merkte der Trainer schnell, dass der frühere Schalker in der Innenverteidigung am besten aufgehoben ist. Dort fand er zu alter Stärke zurück, wenngleich er auch immer wieder für kapitale Querschläger gut ist. Sein gemeinsamer Patzer mit Slobodan Rajkovic gegen Bremen dürfte in allen kuriosen Saisonrückblicken auftauchen. Als Typ und Kämpfer aber immer vorbildlich und in den Abstiegsendpielen unverzichtbar. Note: 3,5.

Slobodan Rajkovic (16 Spiele/1 Tor): Der Serbe kam ebenfalls vom FC Chelsea und feierte mit einem Tor gegen Köln ein tolles Debüt. Beim Spiel gegen Kaiserslautern zeigte er dann aber seine Rambo-Seite. Nach der Roten Karte wegen eines Ellbogenschlags blieb er monatelang nur Reservist. Als er sich wieder seinen Platz erkämpft hatte, folgten katastrophale Auftritte gegen Bremen, Stuttgart und Freiburg. Danach spielt er keine Rolle mehr. Note: 5.

Dennis Aogo (30 Spiele/0 Tore): Ist der Nationalspieler überschätzt oder unterbewertet? Daran scheiden sich die Expertenmeinungen. Der 25-jährige Linksverteidiger gehört mittlerweile zu den Routiniers, geht aber noch zu selten voran. Er war aber bemüht, Verantwortung zu übernehmen. Seine Ecken und Freistöße finden noch immer zu selten den Mitspieler. Immerhin im Pokal in Trier mit seinem ersten Pflichtspieltor für den HSV. Technisch gehört er zu Hamburgs Besten. Null Tore und drei Vorlagen in der Bundesliga sind aber auch für Aogo zu wenig. Als Kämpfer in der Endphase der Saison wertvoll. Note: 3,5.

Mittelfeld

Gojko Kacar (21 Spiele/1 Tor): Der Serbe ist auch in seiner zweiten Saison beim HSV den Nachweis schuldig geblieben, warum der HSV einst fünf Millionen Euro nach Berlin überwies. Er wirkt oft behäbig, seine Dynamik aus Hertha-Zeiten zeigte der Nationalspieler in Hamburg im Prinzip noch nie. Allerding hatte Kacar auch immer wieder mit Verletzungen zu kämpfen. Will er in Zukunft an der Elbe eine Zukunft haben, muss er sein zweifellos vorhandenes Potenzial aber unbedingt ausschöpfen. Note: 5.

Tomas Rincon (27 Spiele/0 Tore): Der Venezolaner kehrte als einer der besten Spieler der Copa America vor der Saison mit Selbstvertrauen nach Hamburg zurück. Südamerikanische Fähigkeiten sind seine Sache aber nicht. Als Spielmacher auf der Doppelsechs meistens überfordert. Geht dafür aber immer mit hoher Leidenschaft und Kampfgeist zu Werke. Null Tore und null Vorlagen sind eine enttäuschende Quote. An der Seite eines technisch starken und torgefährlichen Sechsers könnte er als Arbeiter aber noch wertvoll werden. Note: 4.

Per Skjelbred (8 Spiele/0 Tore): Das norwegische Schnäppchen wurde spät verpflichtet und dann gleich ins kalte Wasser geworfen. Dabei ließ der Blondschopf seine Bundesligatauglichkeit vermissen. Nach dem sechsten Spieltag dann nur noch mit wenigen Kurzeinsätzen, in denen er keine Akzente setzen konnte. Note: 5.

David Jarolim (22 Spiele/0 Tore): Der Tscheche gehörte unter Oenning nicht zur ersten Elf. Als dieser ihn dann gegen Gladbach als "Flügelflitzer" aufstellte, tat er damit weder sich noch Jarolim einen Gefallen. Unter Fink spielte "Jaro" dann zunächst gar keine Rolle mehr und sollte zur Winterpause weg. Dann bemerkte aber auch der Coach, dass der Routinier durchaus zu gebrauchen ist. Beim Comeback in Berlin überzeugte Jarolim auf Anhieb, bis zum Saisonende wurde er wieder unverzichtbar und hatte entscheidenden Anteil am Klassenerhalt. Der kleine Kämpfer verlässt den HSV nach neun Jahren und wird in Hamburg für immer als Großer zurückkehren. Note: 2,5.

Tolgay Arslan: (8 Spiele/1 Tor)Der Rückkehrer aus Aachen hatte lange Zeit mit Wehwehchen zu tun. In der Rückserie kämpfte er sich dann in die Startelf und überzeugte dort vor allem beim 1:1 in Gladbach. Selbstbewusste Töne waren die Folge, auf dem Platz kam dafür nicht mehr viel. Er kann kicken, sollte das in Zukunft aber noch ein bißchen regelmäßiger zeigen. Note: 4.

Robert Tesche (23 Spiele/2 Tore): Sein Siegtor in Stuttgart war der einzige Höhepunkt in einer für ihn enttäuschenden Saison. Dürfte in Hamburg keine Zukunft mehr haben. Note: 5.

Jacopo Sala (13 Spiele/1 Tor): Der Italiener kam als Perspektivspieler aus der Reserve des FC Chelsea und spielte (auch aufgrund einer Verletzung) in der Hinrunde keine Rolle. In Berlin dann mit einem tollen Debüt und beim 1:1 gegen den FC Bayern gefeierter Torschütze. Danach kam nicht mehr viel. Der 20-Jährige ist aber ein großes Talent mit hoher Spielintelligenz, der beim HSV noch ein wichtiger Spieler werden kann. Note: 4.

Ivo Ilicevic (18 Spiele/2 Tore): Der Kroate kam für viel Geld aus Kaiserslautern, obwohl er noch fünf Spiele gesperrt war. In seinem ersten Spiel dann gleich mit dem Siegtor in Freiburg. Es folgten immer wieder kleine Verletzungen, Ilicevic kam in Hamburg eigentlich nie richtig an. Als er sich dann endlich einen Stammplatz erkämpfte, enttäuschte er. Note: 4,5.

Marcell Jansen (29 Spiele/5 Tore): Der langjährige Nationalspieler machte für seine Verhältnisse ungewohnt viele Spiele, vor allem in der Rückrunde. Restlos überzeugen konnte er dabei aber nicht, obwohl er mit fünf Treffern die meisten Tore eines Mittelfeldspielers erzielte. Eine Vorlage ist für einen Flankengeber und 36-maligen Nationalspieler einfach zu wenig. Note: 4.

Gökhan Töre (22 Spiele/0 Tore): Der bullige Türke war zu Saisonbeginn die sportliche Überraschung. Dynamisch, technisch stark und schnell präsentierte sich der Neuzugang vom FC Chelsea. Vor allem in der zweiten Hälfte der Hinrunde mit teilweise starken Leistungen und vielen Vorlagen (insgesamt sechs). In der Rückrunde kam er nach einer schweren Verletzung nicht mehr in Tritt. In seinen Kurzeinsätzen übertrieb er es zu häufig mit Eigensinn und trübte damit den guten Eindruck der Vorrunde. Note: 3,5.

Zhi-Gin Lam (7 Spiele/0 Tore): Der Chinese rutschte unter Interimstrainer Rodolfo Cardoso von der Regionalligammanschaft in die erste Elf. Begeisterte mit einem frechen Debüt in Stuttgart, zeigte aber in der Folge vor allem mit fehlender Robustheit, dass die Bundesliga derzeit (noch) eine Nummer zu groß für ihn ist. Note: 4.

Romeo Castelen (2 Spiele/0 Tore): Der Niederländer ist war nach langen Jahren endlich wieder gesund, schaffte es aber nur zu zwei Einsätzen unter Cardoso. Fink konnte mit der Schnelligkeit des Flügelflitzers aber offenbar nichts anfangen. Verabschiedete sich nach fünf Jahren von den Fans, die ihn leider vor allem aufgrund zahlreicher Knieoperationen in Erinnerung behalten. Note: 4.

Angriff

Paolo Guerrero (23 Spiele/6 Tore): Gleich im ersten Spiel in Dortmund mit einer Muskelverletzung, nachdem er als Torschützenkönig und Hoffnungsträger von der Copa America zurückkehrte. Unter Fink entwickelte er sich dann zum Leistungsträger, der wichtige Tore erzielte. Er schien auf einem guten Weg, sein Image als "Badboy" abzulegen - bis zum Spiel gegen den VfB Stuttgart. Bei seinem Horrorfoul gegen Torhüter Sascha Ullreich zeigte er wieder seine dunkle Seite. Acht Spiele Sperre waren die Folge der unrühmlichen Aktion. Seine Zukunft in Hamburg ist so unsicher wie nie zuvor. Note: 4.

Mladen Petric (26 Spiele/7 Tore): Seine vierte Saison in Hamburg war seine schwächste. Gleich zu Saisonbeginn ließ er seine Vertragsverlängerung platzen, nachdem er beinahe zum Kapitän ernannt wurde. Seine Leistungen in der Folge bestätigten die HSV-Bosse, die dem Kroaten nicht mehr das Gehalt zahlen wollten, das er sich wünschte. Mit sieben Treffern zwar erneut bester Torschütze, davon aber drei Elfmeter und ein abgefälschter Freistoß. Der schönste Petric-Moment war sein emotionaler Abschied am 33. Spieltag, als er seinen Tränen freien Lauf ließ. Mit Petric verlässt der letzte Star der letzten Jahre den HSV. Note: 4,5.

Marcus Berg (13 Spiele/1 Tor): Seine Rückkehr aus Eindhoven hatte sich der Schwede sicher anders vorgestellt. In der Hinrunde mit mehreren Verletzungen der Pechvogel. In der Rückrunde dann plötzlich auf dem Weg zum Stammspieler. Sein Tor in Wolfsburg war eines der schönsten der HSV-Saison. Trainer Fink bezeichnete ihn bereits als neuen Torjäger, doch in den letzten Partien war davon nur noch wenig bis gar nichts zu sehen. Note: 4,5.

Heung-Min Son (27 Spiele/5 Tore): Der 19-Jährige sollte das Gesicht des Umbruchs werden und legte in der Vorbereitung mit Toren am Fließband richtig gut los. Auch in den ersten Spielen unter Oenning mit zwei schönen Toren. Doch der Südkoreaner agierte zu häufig zu hektisch und zweikampfschwach. Unter Fink dann Dauerreservist. Am 31. Spieltag kehrte er gegen Hannover in die Startelf zurück und erzielte beim 1:0-Sieg das wohl wichtigste Tor der Saison. Der HSV sollte ihn weiter behutsam aufbauen, dann kann er ein Großer werden. Sein Trikot ist bei den Fans bereits am begehrtesten. Note: 4.