Sie ist die beste Stürmerin der Welt. Große Auftritte in der Öffentlichkeit sind ihr aber dennoch unangenehm. Fußball ist für Prinz Teamsport.
Frankfurt. Es ist nicht so, dass Birgit Prinz diese neue Erfahrung noch unbedingt hätte machen müssen. Die deutsche Rekordnationalspielerin nimmt das so plötzlich und sprunghaft gestiegene Interesse an den besten Fußballerinnen des Landes eineinhalb Wochen vor dem Start der Weltmeisterschaft zur Kenntnis wie einen Wetterumschwung.
„Die öffentliche Aufmerksamkeit wird immer größer. Einen Medientag gab es noch nie“, stellt die 33 Jahre alte Kapitänin des WM-Gastgebers lapidar fest, wenn sie auf den Unterschied im Vorfeld zu früheren Großereignissen angesprochen wird. Der PR-Termin am Dienstag in den Räumen des Deutschen Fußball-Bunds (DFB) ist für die öffentlichkeitsscheue Frankfurterin demnach ein notwendiges Übel. „Der Tag heute ist mit Terminen relativ voll, von daher ist es nicht so optimal, aber auch nicht so schlimm.“
Es hätte also schlimmer kommen können. Zum Beispiel, wenn der geerdete Anti-Star ohne jegliche Allüren das gesamte Interesse der Medienmenschen auf sich gezogen hätte. So wie am vergangenen Donnerstag, als auf der Einkaufsmeile Zeil zu ihren Ehren eine 7,80 Meter große Statue eingeweiht wurde. „Das ist mir schon unangenehm. Ich werde die Zeil sicher in den nächsten Tagen nicht betreten“, hatte sie die Denkmalaktion kommentiert. Denn die wohl erfolgreichste Fußballerin der Welt sieht sich nicht als Individualsportlerin, sondern definiert ihre Rolle als Teil eines Teams. „Die Verantwortung liegt auf allen Schultern, nicht nur auf meinen“, sagt sie.
Es hätte aber auch schlimmer kommen können. Dann nämlich, wenn sich die Sprunggelenkverletzung, die sie sich am Sonntag im Training in Neu-Isenburg eingefangen hatte, auch schwerwiegender als Bänderdehnung herausgestellt hätte. Obwohl: „Panik hatte ich nur im ersten Moment.“ Dann wurde ihr zwar schmerzlich, aber dennoch ganz erträglich bewusst, dass sie solche Blessuren schon des öfteren in der Vergangenheit hatte, ohne lange auszufallen.
Am Dienstag absolvierte Prinz dann auch schon ein leichtes Lauftraining, am Mittwoch war sie wieder voll einsatzbereit. Es wird also wohl keine zweite "Wade der Nation" geben, so wie bei Michael Ballack 2006. „Ich mag den ganzen Schnickschnack nicht. Ich konzentriere mich auf den Fußball und möchte auch nur über Fußball reden und nicht mein Privatleben preisgeben“, hat sie dieser Tage zugegeben.
Reden wir also über Fußball. „Seit 1995 ist die Dichte, Breite und Spitze größer geworden“, vergleicht Birgit Prinz die Zeit ihrer ersten WM-Teilnahme mit dem Jahr 2011. Die Zeit dazwischen darf getrost als Ära Prinz bezeichnet werden, in der sie zwei Weltmeisterschaften und fünf EM-Titel gewann und dreimal zur Welt-Fußballerin des Jahres gewählt wurde. Seit ihrem ersten Einsatz im Nationaltrikot als damals 16-Jährige am 27. Juli 1994 in Montreal gegen Kanada, in dem sie das prompt das erste von mittlerweile 128 Toren schoss, hat sie es auf 211 Länderspiele gebracht.
Maximal sieben weitere kommen noch hinzu, falls Titelverteidiger Deutschland wieder im Endspiel stehen sollte. „Wenn wir Weltmeister werden sollten, wäre es sicher einfacher aufzuhören als aus Frustration“, sagt die Offensivkraft des 1. FFC Frankfurt. Die examinierte Psychologin wird danach mit ihren Erfahrungen und Kenntnissen in einer Firma für Managementberatung „Leute im Sport und der Wirtschaft unterstützen“.
Das tut sie auch heute schon in der Nationalmannschaft. „Ich probiere, Jüngere in der Entwicklung zu unterstützen und aus ihnen das Optimale rauszuholen“, sagt die Gereifte. Sie denkt dabei eher in sportlichen Kategorien, denn in Sachen Vermarktung könnte sie von der Generation Facebook noch einiges lernen, wenn sie denn wollte. Will sie aber nicht. Der letzte Eintrag in der Rubrik News auf ihrer Homepage datiert vom 25. Oktober 2007: „Hessischer Verdienstorden für Weltfußballerin Birgit Prinz.“ Homestorys? Ohne sie. Im Gegensatz zu Lira Bajramaj, die keine Gelegenheit zur Selbstinszenierung auslässt.
Wer in Zukunft die Nationalmannschaft prägen könnte? Birgit Prinz sagt ganz bewusst: „Ich glaube und hoffe, dass sich nicht alles auf eine fokussieren wird. Fünf, sechs Spielerinnen stehen klar im Fokus. Ich denke, dass sie es von der Leistung her gut machen und auch wie sie sich in der Öffentlichkeit verkaufen.“ Sie akzeptiert diese Haltung ebenso wie den offenherzigen Auftritt von fünf Junioren-Nationalspielerinnen im jüngsten Playboy, der ihre vor mehr als sieben Jahren getätigte Aussage Lügen straft: „Wir möchten unseren Sport vermarkten, nicht unseren Hintern.“ Jetzt sagt sie: „Jede muss für sich entscheiden, wie sie sich vermarktet.“ Noch so eine neue Erfahrung. (dapd)