In seinem ersten Spiel bei dieser EM hatte Rooney kurz nach der Pause getroffen. Die Ukraine erzielte den Ausgleich, aber der Treffer zählte nicht.

Donezk. Scharfschütze Wayne Rooney und ein skandalöser „Torklau“ haben den EM-Traum der Ukraine zerstört. Der Anführer der englischen Löwen köpfte seine Mannschaft beim 1:0 (0:0) ins Viertelfinale gegen Italien, die „Sbirna“ dagegen ist nach einer schlimmen Fehlentscheidung wie der zweite EM-Gastgeber Polen in der Vorrunde gescheitert. Rooney, in den ersten beiden Spielen gesperrt, erzielte in der 48. Minute sein erstes EM-Endrundentor seit 2004. In Viertelfinale trifft England am Sonntag in Kiew als Sieger der Gruppe D auf die Squadra Azzurra.

Die Ukrainer kämpften nach Rooneys Tor auch mit dem Mute der Verzweiflung: Sie erzielten einen korrekten Treffer, der nicht anerkannt wurde (62.). Englands Schlussmann Joe Hart fälschte einen Schuss von Marco Devic in Richtung eigenes Tor ab, John Terry schlug den Ball erst hinter der Linie weg, doch der bestens postierte Torrichter sah es nicht - Schiedsrichter Viktor Kassai (Ungarn) ließ weiterspielen; ein Skandal, obwohl der Ukraine auch ein 1:1 nicht gereicht hätte. Eine Minute zuvor hatte Artem Milewski aus fünf Metern eine Hereingabe von Andrej Jarmolenko über das Tor geköpft (61.).

Trotz des Treffers von Rooney war die Ukraine, die zum Einzug in die K.o.-Runde unbedingt einen Sieg benötigte, auch die bessere Mannschaft. Die Gelb-Blauen, die im ungeliebten Donezk auch im siebten Versuch nicht gewannen, hatten mehr vom Spiel und bessere Chancen, blieben aber glücklos. Im Gegensatz zu Rooney: Eine Flanke von Steven Gerrard wurde gleich zweimal abgefälscht, der 26 Jahre alte Torjäger von Manchester United musste dann den Ball vor 48.700 Zuschauern nur noch mit dem Kopf über die Linie drücken.

„Wir waren klar die bessere Mannschaft“, stellte der ukrainische Nationaltrainer Oleg Blochin völlig zu Recht fest und ergänzte: „Beim ersten Tor hatten die Engländer Glück“ - und beim zweiten Treffer des Spiels ebenfalls. Die Engländer gingen ungeschlagen aus der Gruppe D heraus. „Wir sind hergekommen, um Spiele zu gewinnen. Wir hatten einen schweren Start, aber danach lief es immer besser.“ Im Auftaktspiel hatte England 1:1 gegen Frankreich gespielt, dann 3:2 gegen Scheden gewonnen.

Das Spiel hätte auch das Aufeinandertreffen zwischen Rooney und Andrej Schewtschenko werden sollen. Doch während Rooney nach Ablauf seiner Sperre wie erwartet zur Startaufstellung der englischen Mannschaft gehörte, musste der 35 Jahre alte „Schewa“ zunächst mit der Ersatzbank vorliebnehmen. Im zweiten Spiel der Vorrunde gegen Frankreich (0:2) hatte er Schläge auf das Knie bekommen - erst in der 70. Minute kam er als letzter Trumpf der Ukraine zu seinem 111. und damit letzten Einsatz im Nationaltrikot.

Rooney hatte die ersten beiden Spiele nur von der Tribüne verfolgen dürfen - im letzten Qualifikationsspiel zur EM hatte er die Rote Karte gesehen. Entsprechend entschlossen sprintete er vor dem Anpfiff auf das Spielfeld und hatte dann auch ein paar Chancen. Einen Freistoß von Steven Gerrard verfehlte Rooney sehr knapp (24.), dann rutschte ihm in guter Positon ein Ball über die Stirn (28.) und knapp neben das Tor.

Im Wissen, dass ihr nur noch bei einem Sieg der Einzug ins Viertelfinale gelänge, begann die Ukraine stark. Englische Ballkontakte wurden vom Publikum mit Pfiffen begleitet, die eigene Mannschaft wurde frenetisch angefeuert. Ein paar gute Gelegenheiten gab es anfangs auch: Denis Garmasch schoss knapp über das Tor von Joe Hart (7.), ein Schuss von Devic, der mit Milewski das ukrainische Stürmer-Paar bildete, wurde im letzten Augenblick abgeblockt. Und dann schoss Oleg Gusew knapp drüber (22.).

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Ein Führungstreffer für die Ukraine wäre verdient gewesen. Während England nur langsam ins Spiel kam und höchstens bei Standardsituationen gefährlich wurde, kombinierte die Mannschaft von Oleg Blochin gut - aber eben nicht mit dem so dringend erforderlichen Erfolg beim Abschluss. Kurz vor der Pause hätte auch Jarmolenko treffen können (42.), er schlug drei Haken an der Strafraumgrenze, schüttelte danach noch zwei Abwehrspieler ab, kam aber am Fünfmeterraum nicht mehr zum Abschluss. (sid/abendblatt.de)

Vor dem Spiel: Es geht um alles. So einfach ist das heute Abend mit der Ausgangslage in Gruppe D. Die Ukraine, Gastgeber der Spiele, muss gewinnen. Gegen England. Mit Rooney. Sonst ereilt die Ukrainer das gleiche Schicksal wie ihre polnischen Mitveranstalter und dem Turnier würden die Gastgeber ausgehen. Es wäre nach 2008 das zweite Mal in Folge. Es sei das "größte Spiel in der Geschichte unseres Landes", brach Stürmer Andrej Voronin wohl auch deshalb in seinem Ausblick auf das Kräftemessen mit den Briten in reichlich Pathos aus.

Ob Voronin spielt und vor allem, ob er mit Stürmer-Oldie Andrej Schewtschenko spielt, sollte sich erst kurz vor dem Anpfiff entscheiden. Der Doppel-Torschütze des Auftakt-Sieges gegen Schweden klagte zuletzt über Knieprobleme. Sollte er nicht rechtzeitig fit werden, könnte seine lange Nationalmannschaftskarriere heute Abend ein bitteres Ende nehmen.

Sicher mit von der Partie ist Wayne Rooney. Endlich, dürften sich viele Engländer sagen, erhoffen sie sich doch von ihrem Stürmer-Star den entscheidenden Qualitätsschub, um dem Neo-Adel des europäischen Fußballs auf Augenhöhe begegnen zu können. Längst nicht alle Insulaner sehen in dem exzentrischen Angreifer nun allerdings den Heiland. Denn in dessen Abwesenheit vollbrachte es Nationaltrainer Roy Hodgson, mit Andy Carrol und dem jungen Daniel "Danny" Welbeck den zweiten Anzug maßzuschneidern.

Rooney selbst sieht das - zumindest nach außen - gelassen. Er sagt: „Natürlich erhöht das den Druck auf mich. Aber es ist doch gut, Konkurrenz zu haben und ich weiß, dass ich mein Bestes geben muss, um ins Team zu kommen und dort auch zu bleiben“.

+++ England setzt auf Rooney - Ukraine bangt um Schewa +++

Die Aufstellungen

England: 1 Hart – 2 G. Johnson, 6 Terry, 15 Lescott, 3 A. Cole – 4 Gerrard, 17 Parker – 16 Milner (69. Walcott), 11 Young – 10 W. Rooney (87. Oxley-Chamberlain) – 22 Welbeck (82. Carrol)

Ukraine: 12 Pjatow – 9 Gussew, 3 Chatscheridi, 20 Rakyzki, 2 Selin - 4 Tymoschtschuk – 11 Jarmolenko, 19 Konopljanka – 6 Garmasch (77. Nazarenko) – 22 Devic (70. Schewtschenko), 15 Milewski (77. Butko)

Schiedsrichter: Viktor Kassai (Ungarn)

Tore: 1:0 Rooney (48.)