Berlin/Hamburg. Rote Karte und Videobeweis: RB Leipzig rettet sich ins Elfmeterschießen und schlägt den SC Freiburg im DFB-Pokalfinale 2022.
Elfmeter-Krimi und Schreckmomente nach Abpfiff: Nach einer gewaltigen Kraftanstrengung hat RB Leipzig zum ersten Mal in der Vereinsgeschichte einen nationalen Titel gewonnen. Die Mannschaft von Trainer Domenico Tedesco setzte sich trotz 0:1-Rückstandes (Maximilian Eggestein; 19. Minute) und nach einer Roten Karte für Marcel Halstenberg in der 56. Minute mit 5:3 nach Verlängerung und Elfmeterschießen gegen den SC Freiburg durch.
Den Ausgleich für die Sachsen hatte Christopher Nkunku in der 76. Minute erzielt. Es war RB Leipzigs dritter Anlauf auf den Pokalsieg im dritten Finale nach 2019 und 2021. Dort musste sich RB Bayern München und Borussia Dortmund geschlagen geben.
"Wir sind sehr. sehr glücklich. Das müssen wir erst einmal verarbeiten", sagte RB-Trainer Tedesco. "Mich hat das umgehauen, wie Leipzig gespielt hat", sagte ARD-Experte Bastian Schweinsteiger. Trotz Unterzahl sind die RB-Profis immer wieder die Freiburger angelaufen. "Leipzig hat auch eine unglaubliche Bank. Das macht den Unterschied aus", so Schweinsteiger.
Der Freiburger Trainer Christian Streich sagte: „Wir haben eine wahnsinnig tolle Saison gespielt, eine super erste Halbzeit. Als wir dann geführt haben und die Rote Karte kam, hatten wir ein ganz klein bisschen Angst, da haben wir den ein oder anderen Ball zu lang gespielt. Aber das ist Jammern auf hohem Niveau, wir spielen nächstes Jahr Europapokal. Die Fans sind dankbar, das ist auch richtig so, die Mannschaft leistet Unglaubliches.“
Retter müssen Fotograf medizinisch versorgen
Nach dem Abpfiff des Endspiels im Berliner Olympiastadion musste offenbar ein Fotograf von Rettungskräften am Rande des Spielfeldes behandelt werden. Dadurch verzögerte sich die Siegerehrung. Über das Stadionrund legte sich eine betroffene Ruhe. Ein Rettungswagen sollte den Berichterstatter in ein Krankenhaus bringen. Der Patient sei stabil, hieß es in der ARD. In Agenturberichten hieß es, der Mann sei reanimiert worden.
RB Leipzig DFB-Pokalsieger 2022
Mit letzter Kraft hat sich RB in einem wahren Final-Krimi den Sieg gesichert. Freiburgs Kapitän Christian Günter und Ermedin Demirovic verschossen im Elfmeterschießen. Tedesco holte im Alter von 36 Jahren und 251 Tagen als jüngster Siegercoach seit Hans-Dieter Tippenhauer 1979 den goldenen Potts.
Beide Fangruppen sorgten für beste Pokalstimmung. Tausende Freiburger Anhänger waren am Nachmittag gemeinsam zum Stadion gezogen und eröffneten das Spiel mit einem großen Banner: „Einzigartiger Verein, so wie Du soll Fußball sein!“, stand groß in der Freiburger Ostkurve. Die Leipziger Entstehungsgeschichte mit Geldgeber Red Bull hatte insbesondere in dieser Woche wieder zu viel Kritik aus der aktiven Fanszene geführt.
Zu sehen gab es dann eine zerfahrene Anfangsphase. Eine Woche nach dem letzten Bundesliga-Spieltag war beiden Mannschaften die Final-Nervosität anzumerken. Emil Forsberg und Starspieler Nkunku prüften den Freiburger Torwart Mark Flekken erstmals in der 14. Minute. SC-Trainer Christian Streich, der gewohnt engagiert an der Seitenlinie coachte, setzte der Leipziger Offensivstärke eine Dreierkette entgegen.
Nico Schlotterbeck einer der besten Freiburger
Der Spielstatistik zufolge erlebte Streich sein 396. Pflichtspiel als SC-Trainer - für RB war es das 396. Spiel als Club im Profifußball. Der SC legte deutlich besser los: Nach einem langen Schlag von Vincenzo Grifo kam der Ball über Christian Günter und Roland Sallai zu Eggestein, der von der Strafraumgrenze traf. Dass Sallai den Ball an die Hand bekam, bewertete Schiedsrichter Sascha Stegemann nach Einsatz des Videobeweises nicht als strafbar.
Die Leipziger reagierten wütend auf den Rückstand. Freiburgs Nico Schlotterbeck machte eine Fehlerkette in der SC-Abwehr wieder gut und rettete in höchster Not vor der Linie nach dem Abschluss von Nkunku (24.). Der Nationalspieler, vor der Partie von Bundestrainer Hansi Flick gelobt, war einer der auffälligsten Freiburger. Immer wieder animierte der 22-Jährige die Fans des Sport-Clubs.
Die Leipziger schafften es bis zur Halbzeitpause nicht mehr, den Bundesliga-Konkurrenten unter Druck zu setzen. Vom hochgelobten Powerplay war lange wenig zu sehen. Zwar erarbeiteten sich die Sachsen zu Beginn der zweiten Halbzeit mehr Spielanteile. Mit dem nächsten Abschluss von Nkunku hatte Flekken aber keine Probleme (50.). Und zudem leistete sich Halstenberg die Notbremse gegen Lucas Höler, die Stegemann mit Rot bestrafen musste. Der folgende Freistoß von Grifo ging nur knapp vorbei (59.).
RB-Doppelwechsel drehte die Partie
Es lief kaum mehr etwas für RB, Tedesco reagierte mit einem Doppelwechsel. Dominik Szoboszlai und Nordi Mukiele kamen für Forsberg und André Silva in die Partie. Zu hören war von den Rängen vor allem: „Auf geht's Freiburg, schieß ein Tor!“ Das Streich-Team beruhigte das Spiel immer wieder geschickt, verpasste aber, das noch beruhigendere zweite Tor frühzeitig nachzulegen.
Das bestrafte Nkunku, dessen Tor für eine spannende Schlussphase sorgte. Es ging in die kräftezehrende Verlängerung, in der Ermedin Demirović gleich den Pfosten traf (92.). Beide Teams kamen zu Chancen: Leipzig durch Nkunku (102.), Freiburg durch den Pfostenschuss des eingewechselten Janik Haberer (104.), der zudem die Latte traf (115.). Leipzigs bereits ausgewechselter Kevin Kampl sah auf der Bank noch Gelb-Rot (118.).
Am Nachmittag hatte Teutonia 05 Ottensen den Hamburger Pokal mit einem 2:1 über Altona 93 gewonnen. Damit steht Teutonia in der Hauptrunde des DFB-Pokal 2022/2023.