Bremen. Trainer nach zehntem Saisonspiel ohne Sieg vor dem Aus. Ex-HSV-Profi Gregoritsch als Matchwinner. Stuttgart siegt nach Video-Rot.
Der ganze Frust der Werder-Fans entlud sich schon 20 Minuten vor dem Abpfiff gegen Trainer Alexander Nouri: Immer wieder hallte „Nouri raus!“ durch das Bremer Weserstadion, die 0:3-Pleite (0:2) gegen den FC Augsburg könnte den 38-Jährigen den Job kosten. Nouri floh mit versteinerter Miene in die Kabine. Zehn Spiele, kein Sieg, 484 Minuten ohne Tor und keine Anzeichen der Besserung – der Tabellenvorletzte der Fußball-Bundesliga ist in einer echten Krise. Saisonübergreifend hat Werder sogar schon seit 13 Punktspielen nicht mehr gewonnen.
"Die Tore vor der Halbzeit haben uns das Genick gebrochen. Wir müssen jetzt zusammenhalten, das ist eine schwere Situation. Uns ist der Auftritt peinlich", sagte Werders Abwehrspieler Niklas Moisander, der die Trainerfrage nicht kommentieren wollte: "Ich denke nicht über Dinge nach, die wir als Spieler nicht beeinflussen können."
Michael Gregoritsch (40., 61.) und Alfred Finnbogason (45.+2/Foulelfmeter) trafen für den enorm effizient auftretenden FCA. Gregoritsch nutzte zunächst eine präzise Flanke von Philipp Max per Kopf zum Führungstreffer. Nachdem der selbst gefoulte Finnbogason erhöht hatte, legte der Ex-HSV-Stürmer Gregoritsch nach einem Konter nach.
Die Augsburger feierten ihren ersten Erfolg nach vier erfolglosen Anläufen und schoben sich auf Rang neun vor. Das Team von Manuel Baum zeigte sich besser sortiert und nutzte seine Chancen konsequent. "Wir haben die Tore zum richtigen Zeitpunkt geschossen, am Ende hat Werder ein bisschen aufgegeben", sagte Gregoritsch bei Sky. Der Österreicher hat erstmals in drei aufeinanderfolgenden Punktspielen getroffen.
Kein Bekenntnis zu Nouri
Werder Bremens Sportchef Frank Baumann vermied an seinem 42. Geburtstag nach dem Debakel ein Bekenntnis zu Trainer Nouri. "Ich kann und möchte keine Jobgarantie so kurz nach dem Spiel geben", sagte der Ex-Nationalspieler. Eine Entscheidung könnte am Montag fallen.
"Wenn wir der Überzeugung sind, dass Alex nicht mehr die beste Lösung ist und ein anderer Trainer die schwierige Situation besser lösen kann, haben wir die Verantwortung für den Verein, solche Entscheidungen auch zu treffen", sagte Baumann weiter. Baumann schätzte das Auftreten seiner Mannschaft als "desolat" ein, er sprach explizit von einem Einstellungsproblem. Offenbar hätten nicht alle verstanden, dass Werder im Abstiegskampf sei.
Kruse gibt Startelf-Comeback
Die Hoffnung der Bremer vier Tage nach dem Pokalerfolg gegen 1899 Hoffenheim (1:0) hatte den Namen Max Kruse getragen. Nouri schickte den Ex-Nationalspieler erstmals seit dessen Schlüsselbeinbruch von Beginn an auf den Rasen und hoffte auf eine deutliche Belebung der zuletzt so zahnlosen Offensive. Kruse ließ sich oft fallen und schob zu Beginn die Angriffe aus dem Mittelfeld an. Doch am Sechzehner der Augsburger fehlten den Grün-Weißen die Lösungen, der FCA geriet kaum in Bedrängnis.
Die zeitweise tief aufgereihten Gäste kamen in einem wenig temporeichen Spiel häufiger zum Abschluss, meist nach Kontern über die aktiven Außenspieler Caiuby und Marcel Heller. Baum, der sich immer wieder über Entscheidungen von Schiedsrichter Sören Storks ärgerte, konnte Mitte der erste Halbzeit zufriedener als Nouri sein.
Nouri verzeichnete an der Seitenlinie stehend erst in der 27. Spielminute den ersten gelungenen Abschluss seines Teams – ein Fernschuss von Maximilian Eggestein, doch Marvin Hitz war gut postiert. Im Gegenzug herrschte großes Durcheinander im Werder-Strafraum, doch weder Caiuby noch Gregoritsch kamen letzten aus brandgefährlichen Positionen zum Schuss (28.).
Augsburg vergibt höheren Sieg
Nun nahm die Partie etwas Fahrt auf und auch Kruse prüfte Hitz (35.), doch danach wurde der FCA immer konsequenter. Erst nagelte Kapitän Daniel Baier den Ball ans Lattenkreuz (39.), dann traf der FCA doppelt. Vor dem Elfmeter hatte Referee noch den Videobeweis bemüht, um seine Entscheidung abzusichern.
Die Geschichte der zweiten Hälfte ist schnell erzählt: Nach dem Wechsel bemühten sich die Bremer, doch mehr als ein Strohfeuer kam dabei nicht heraus. Stattdessen drängten die Gäste auch nach dem zweiten Treffer von Gregoritsch weiter und kamen zu großen Gelegenheiten wie Finnbogason oder Heller (67., 72.). Werder fiel auseinander.
"Die Situation ist niederschmetternd", gestand Bremens Kapitän Zlatko Junuzovic, "vielleicht ist das nicht jedem bewusst. Wir müssen jetzt noch enger zusammenstehen und noch mal alles durchgehen. Was jetzt passieren wird, weiß ich nicht. Das Trainerteam macht eine sehr gute Arbeit und stellt uns gut auf die Begegnungen ein. Letztlich sind wir Spieler verantwortlich." Am Freitag geht es für Werder bei Eintracht Frankfurt weiter. Möglicherweise ist Nouri dann schon nicht mehr im Amt.
Stuttgart schlägt zehn Freiburger
Im zweiten Sonntagsspiel gewann Bundesliga-Aufsteiger VfB Stuttgart das baden-württembergische Landesduell gegen den SC Freiburg klar mit 3:0 (2:0). Schlüsselszene war der umstrittene Platzverweis gegen Freiburgs Caglar Söyüncü (12. Minute). Der Verteidiger spielte den Ball nach einem langen Pass auf Daniel Ginczek, von diesem stark bedrängt, mit der Hand. Der Hamburger Schiedsrichter Tobias Stieler ließ weiterlaufen. Nachdem er ein Signal des Videoassistenten erhalten und die TV-Bilder betrachtet hatte, gab er Freistoß – und Rot.
Ginczek (38.), Benjamin Pavard (45.+4) und Simon Terodde (82.) sorgten für den klaren Erfolg vor 58.872 Zuschauern in der ausverkauften Mercedes-Benz-Arena. Der VfB vergrößerte durch den vierten Sieg im fünften Heimspiel den Abstand zu den Abstiegsrängen, die Freiburger stecken nach der vierten Saisonniederlage im Tabellenkeller fest.