Mailand. Löws Talente zeigten im Stadio Giuseppe Meazza in Mailand aber ein ordentliches Spiel – trotz Hymnen-Eklat und Pfeifkonzert.
Thomas Müller schlug Verachtung entgegen. Als die deutsche Aufstellung für den Test gegen Italien im Giuseppe-Meazza-Stadion zu Mailand vorgetragen wurde, und Müller an die Reihe kam, pfiff die Arena fies und laut wie bei keinem anderen. Die Geschichte mit San Marino war dafür wohl verantwortlich. Dass sei kein professioneller Fußball, hatte Müller nach dem 8:0 am Freitag gesagt. Und das kam offenbar bei den San Marino umspannenden Italienern nicht gut an.
Unsportlichkeiten des italienischen Publikums waren aber auch schon so gut wie alles, was vom 0:0 der deutschen Mannschaft gegen die Squadra Azzura in Erinnerung bleiben wird. Es war ansonsten nämlich ein Spiel ohne Esprit. Einzig die Erkenntnis, dass man den junge Schalker Leon Goretzka im Mittelfeld gern mal wiedersehen würde, brachte dieses letzte Länderspiel des Jahres nach dem Papstbesuch am Montag zutage. Deutschland verpasst es, den früheren Angstgegner Italien zum dritten Mal in einem Jahr zu besiegen, aber damit wird Bundestrainer Joachim Löw leben können. Der 56-Jährige hatte diese Partie ohnehin als Experimentierfeld ausgemacht. Aber dazu später mehr.
Wütende Pfiffe der Zuschauer im Giuseppe-Meazza-Stadion
Schon vor dem Anpfiff gab es Aufregung: Der Stadionsprecher kündigte die italienische Nationalhymne an, gespielt wurde aber wie üblich zuerst die der Gäste, also die deutsche. Die Zuschauer im Mailänder Giuseppe-Meazza-Stadion reagierten daraufhin mit wütenden Pfiffen, die erst nach einer bemerkenswerten Reaktion der Squadra Azzurra verpufften. Die italienischen Nationalspieler um Kapitän Gianluigi Buffon (38) applaudierten, um zu signalisieren, dass das Pfeifkonzert unangebracht war. Buffon ist sowieso der Grandseigneur dieses Sports: Gegen Deutschland machte der Torwart sein 167. Länderspiel und stellte damit den Rekord des spanischen Kollegen Iker Casillas ein.
Löw wählte wieder die Dreierabwehrkette wie schon beim EM-Viertelfinale gegen Italien im Juli, die sich bei gegnerischem Ballbesitz zu einer Fünferkette mutierte. Aber so, wie sie diesmal zusammengestellt wurde, hatte sie noch nie agiert: Links lief erstmals der Wolfsburger Yannick Gerhardt auf. Der 22-Jährige ist nun Debütant Nummer 86 unter Löw. Neben Gerhardt standen Mats Hummels, Shkordran Mustafi, Benedikt Höwedes und Joshua Kimmich. Auch das Mittelfeld mit Julian Weigl, Sebastian Rudy, Ilkay Gündogan und Goretzka hatte zuvor noch nie zusammen gespielt. Und das spürte man.
Zur zweiten Halbzeit Generationenwechsel im italienischen Tor
Wie ein unmotivierter Kirmesboxkampf wirken die ersten 45 Minuten, als zwar beide Gegner mal zuzuschlagen versuchten, aber nicht wirklich ihr Kampfgewicht reinlegten: Bei Italien probierte es der frühere Dortmunder Angreifer Ciro Immobile, aber er drosch den Ball vorbei (25.). Bessere Gelegenheiten hatte Löws Elf: Goretzka scheiterte gleich zweimal an Buffon, der fast sein Vater sein könnte (12., 27.); ebenso Gündogan mit einer Direktabnahme (31.). Und dann war da noch Müller, der mit einem Fernschuss an einer italienischen Hacke hängen blieb (44.) und sich durch von Buffon einen väterlichen Klapps abholte.
Zur zweiten Halbzeit wurde schon mal der Generationenwechsel im italienischen Tor vorempfunden: Für Buffon kam der 17 Jahre alte Gianluigi Donnarumma. Löw nahm Hummels runter und brachte Jonathan Tah. Und der Leverkusener war gleich in den einzigen Aufreger des Spiels verwickelt: Immobile fiel in einem Zweikampf mit ihm und Mustafi im Strafraum und wollte Elfmeter. Schiedsrichter Artur Ribeiro sah das anders und lag damit so richtig, dass er nicht einmal den erstmals bei einem deutschen Spiel getesteten Videobeweis zurate ziehen musste (54.).
Dann begann das fleißige Wechseln: Drei-Tore-Debütant von San Marino kam für Müller. Wieder ein großes Pfeifkonzert für den Münchner. Kevin Volland kam für Goretzka (60.), Mario Götze für den fahrigen Weigl (69.). Bernd Leno konnte dann noch einmal zeigen, dass er auch ein guter Keeper ist, als der eingewechselte Federico Bernardeschi es aus 16 Metern probierte (71.). Es war die beste Chance der Italiener im ganzen Spiel.
Die Aufstellung:
Deutschland: Leno – Höwedes, Mustafi, Hummels, Gerhardt – Kimmich, Weigl, Rudy – Goretzka, Gündogan – Müller (C). – Trainer: Löw
Italien: 1 Buffon/Juventus Turin (38 Jahre/166 Länderspiele) – 15 Rugani/Juventus Turin (22/2), 19 Bonucci/Juventus Turin (29/67), 3 Romagnoli/AC Mailand (21/4) – 22 Zappacosta/FC Turin (24/2), 16 De Rossi/AS Rom (33/110), 18 Parolo/Lazio Rom (31/29), 4 Darmian/Manchester United (26/27) – 11 Immobile/Lazio Rom (26/20),9 Andrea Belotti/FC Turin (22/5), 17 Eder/Inter Mailand (30/20). – Trainer: Ventura