Tirana/Lyon. Nach dem historischen 1:0-Sieg gegen Rumänien kennt der Jubel beim EM-Neuling kaum Grenzen. Mustafi und Xhaka freuen sich mit Albanien.

Hüpfende Spieler auf dem Platz, Hupkonzerte in der Heimat: Albanien hat seinen ersten Sieg bei einer Fußball-Europameisterschaft wie einen Titelgewinn gefeiert. Nach dem 1:0 (1:0)-Erfolg im abschließenden Gruppenspiel gegen Rumänien, das dem EM-Neuling sogar die Chance auf das Achtelfinale offenhält, kannte der Jubel bei den Skipetaren keine Grenzen mehr.

In Tirana machten die Menschen die Nacht zum Tag
In Tirana machten die Menschen die Nacht zum Tag © dpa

Albaniens italienischer Nationaltrainer Giovanni De Biasi betonte die historische Bedeutung für das ganze Volk. "Wir haben damit alle Albaner auf der ganzen Welt glücklich gemacht", sagte der 60-Jährige. Und in der Tat: Alleine in der Hauptstadt Tirana feierten Tausende Fans den Triumph von Lyon. Schon Minuten nach dem überraschenden Erfolg war der Mutter-Teresa-Platz überfüllt, zu den Klängen eines Hupkonzertes wurden Nationalflaggen geschwenkt.

Pressestimmen zu Albanien gegen Rumänien

Libertatea (Rumänien)

Historisches Scheitern! Sie sind raus in der Vorrunde. Viel schlechter geht es nicht.

Sport total (Rumänien)

Rumänien wird von Albanien beseitigt.

Shqip (Albanien)

Ein historischer Sieg: Albanien schlägt Rumänien und hofft. Der erste EM-Sieg ist erreicht. Jetzt kommt es auf die anderen an.

Mapo (Albanien)

Das war eine Jahrhundertleistung. Ganz Albanien ist im Delirium. Es ist ganz egal, was jetzt noch kommt.

Shekulli (Albanien)

Die Hoffnung lebt! Die Rot-Schwarzen schreiben Geschichte mit einem Sieg, der magische Gefühle freisetzt.

L’Equipe (Frankreich)

Ein Abend der großen Premieren! Albanien hat bei seiner ersten EM-Teilnahme Geschichte geschrieben. Rumänien ist schon draußen. Die albanischen Fans haben frenetisch, aber friedlich gefeiert.

Le Parisien (Frankreich)

Albanien darf noch träumen. Unterstützt von 35.000 Fans waren sie gegen blasse Rumänen deutlich überlegen.

Ouest France (Frankreich)

Albanien eliminiert Rumänien und darf weiter hoffen.Die Fehler in der rumänischen Abwehr wurden prompt bestraft.

Courrier de l’Ouest (Frankreich)

Albaniens italienischer Trainer Giovanni De Biasi hatte vor dem Spiel verkündet: Erfolg oder sterben. Jetzt sind sie wenigstens am Leben geblieben und hängen von anderen Ergebnissen ab.

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Korsos in Deutschland, Mustafi gratuliert

Auch in Deutschland gingen etliche albanische Fans auf die Straße. im südbadischen Rheinfelden nahe der Schweizer Grenze feierten nach Polizeiangaben rund 100 Menschen, einige initiierten einen Autokorso. Noch größere Korsos wurden aus Hamborn und Hochfeld (jeweils Nordrhein-Westfalen) sowie aus Ludwigsburg (Baden-Württemberg) gemeldet - bei letzterem allerdings mit Folgen für einen Mercedes-Transporter: Ein junger Fan hüpfte voller Ekstase auf dem Dach des Kleinbusses, zerstörte diesen und tauchte anschließend in der jubelnden Menge unter.

"Goooooooooool", twitterte nach dem Schlusspfiff auch Albaniens Ministerpräsident Edi Rama. Deutschlands Nationalspieler Shkodran Mustafi, dessen Eltern aus Albanien stammen, jubelte ebenfalls via Kurznachrichtendienst mit. "Glückwunsch zu den ersten drei Punkten bei einer EM! Ich hoffe, sie kommen jetzt unter die letzten 16", schrieb er.

Den entscheidenden Treffer zum ersten EM-Erfolg für den Außenseiter hatte Stürmer Armando Sadiku vom FC Vaduz aus Liechtenstein in der 43. Minute erzielt. Durch ihren Sieg rückten die Albaner in der Gruppe A mit drei Punkten auf den dritten Platz vor. Abhängig von den weiteren Ergebnissen in der Gruppenphase haben sie noch eine kleine Chance, sich für das Achtelfinale zu qualifizieren.

Granit Xhaka gratuliert sofort

Unter den ersten Gratulanten war auch Granit Xhaka. "Das ist eine unglaubliche Geschichte. Ich bin so froh. Das haben sie sich verdient“, sagte der Schweizer Nationalspieler, dessen Bruder Taulant für Albanien spielt, nach dem 0:0 seiner Auswahl gegen Frankreich am späten Sonntagabend in Lille.

Freiburgs Amir Abrashi nach dem Schlusspfiff
Freiburgs Amir Abrashi nach dem Schlusspfiff © Imago/Xinhua

"Ich hatte schon Kontakt zu meinem Bruder“, sagte Granit Xhaka. Taulant Xhaka kam am Sonntag jedoch nicht zum Einsatz. Beide Brüder sind in der Schweiz geborene Söhne kosovarisch-albanischer Eltern. Taulant Xhaka hatte sich für die albanische Nationalelf entschieden, nachdem er im Schweizer A-Team keine Perspektive gesehen hatte.

Im Hinblick auf einen möglichen Achtelfinal-Einzug Albaniens ist Granit Xhaka aber skeptisch: "Ob es reicht, bezweifle ich.“ Dafür müsste der EM-Neuling nach Abschluss der Vorrunde einer der vier besten Gruppendritten werden. Mit drei Punkten aus drei Spielen beendete Albanien die Gruppe A hinter Frankreich und der Schweiz als Dritter. Allerdings können noch mehrere Teams als Gruppendritte auf mindestens vier Zähler kommen.

Albanien will im "Turniermodus" bleiben

Muntermacher aus Italien: Albaniens Erfolgstrainer Giovanni De Biasi
Muntermacher aus Italien: Albaniens Erfolgstrainer Giovanni De Biasi © Imago/Sportimage

Bis Mittwochabend müssen die Albaner nun noch bangen. Die Europäische Fußball-Union (Uefa) sieht darin keinen Nachteil. "Ja, Albanien ist auf Stand-by, es muss in Frankreich bleiben und bis Mittwoch warten", sagte Uefa-Wettbewerbsdirektor Girogio Marchetti - und sieht auch für die Fans aber kein Problem: "Es gibt viele, die an- und abreisen. Frankreich ist ein gut zu erreichendes Land."

Nationaltrainer De Biasi will jedenfalls bis zur Entscheidung im "Turniermodus" bleiben: "Wir werden hoffen. Und wir werden uns in den nächsten Tagen so vorbereiten, als ob wir spielen werden", sagte der Coach: "Sollten wir es schaffen, können wir jedem Team Probleme bereiten. Jetzt haben wir noch mehr Selbstvertrauen."

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Albaner feiern und hoffen, Franzosen weiter ungeschlagen

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    Enttäuschende Quote für Sat.1

    Enttäuschend verlief der albanische Freudenabend alleine für Sat.1. Der Sender startete mit dem Spiel gegen Rumänien in seine Live-Berichterstattung aus Frankreich, musste aber eine niedrige Quote hinnehmen. Nur 1,17 Millionen Zuseher (3,6 Prozent Marktanteil) schalteten sich dem Duell der Gruppenaußenseiter zu.

    Zum Vergleich: Das parallel im ZDF übertragene Duell Frankreich gegen die Schweiz schalteten durchschnittlich 11,85 Millionen Zuschauer (36,0 Prozent) ein. Während der ersten Halbzeit kam Sat.1 gerade einmal auf 870.000 Zuschauer. Das reichte nur für einen Marktanteil von 2,5 Prozent.

    In der zweiten Halbzeit stieg die Reichweite dann immerhin auf 1,42 Millionen (4,7 Prozent). Nach dem Abpfiff des ZDF-Spiels ging die Quote von Sat.1 auf bis zu 3,61 Millionen (13,9 Prozent) hoch.