München. 662 Tage musste der Ex-Präsident auf die Rückkehr in die Arena warten. Was er sah, missfiel ihm ebenso wie Karl-Heinz Rummenigge.
So hatte sich Uli Hoeneß sein Stadion-Comeback wahrlich nicht vorgestellt. Sein FC Bayern München leistete sich am Mittwochabend beim 1:2 (0:1) gegen den immer heißeren Europapokalanwärter FSV Mainz 05 die erste Heimniederlage der Saison - und das drei Tage vor dem Bundesliga-Topspiel in Dortmund. Plötzlich liegt wieder Spannung im Titelkampf in der Luft, denn nach dem zeitgleichen 2:0 des BVB in Darmstadt beträgt der Vorsprung nur noch fünf statt acht Zähler.
„Wenn du viele Spiele hintereinander gewinnst, kommt der Moment, in dem du mal verlierst. Das war schade heute“, haderte der Münchner Torschütze Arjen Robben. „Beim Gegentor zum 1:2 geht einiges schief, das darf uns nicht passieren. Da müssen wir rigoroser sein“, sagte der Niederländer bei Sky.
Der eingewechselte Stürmer Jhon Cordoba schockte Tribünengast Hoeneß und die Bayern-Profis mit seinem Siegtor in der 86. Spielminute. Zuvor hatte Robben (64.) vor 75.000 Zuschauern das frühe Führungstor der präsenten und taktisch geschickt agierenden Mainzer durch Jairo Samperio (26.) ausgeglichen.
„Wir wussten, wie hier zu gewinnen ist: Mit einer hervorragenden Verteidigungsleistung und gezielten Kontern“, erklärte Gäste-Trainer Martin Schmidt. Aber jetzt dürfe man sich nicht „feiern lassen“. „Das müssen wir am Sonntag vergolden gegen Darmstadt“, forderte der Coach des Tabellenfünften.
Der 24. Bundesliga-Spieltag
Hoeneß erschien mit Frau Susi
Nach 662 Tagen Arena-Abstinenz erlebte der am Montag aus der Haft entlassene Tribünengast Hoeneß an der Seite seiner Frau Susi einen erstaunlichen Fußballabend. Vor dem Mittwoch hatte der 64-Jährige letztmals am 10. Mai 2014 beim 1:0 gegen den VfB Stuttgart bei einem Spiel der Bayern-Profis im Stadion auf der Tribüne gesessen. "Uli, Du bist der Beste“ war vor dem Anpfiff des Spiels gegen Mainz auf einem Transparent der Fans in der Südkurve zu lesen.
Als „freier Mann, als Privatmensch“ kehre er ins Stadion zurück, hatte Hoeneß zuvor betont. „Ich freue mich sehr, mal wieder ein Spiel live zu sehen“, erklärte er in der „Bild“-Zeitung. Bisher sei ihm das verboten gewesen. „Ich durfte nur zum Basketball, da auch nur in eine der hinteren Reihen“, sagte Hoeneß, der erst kurz vor dem Anpfiff gegen Mainz in die Arena kam. Auf der Tribüne begrüßte er gut gelaunt Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge und seinen Nachfolger im Präsidentenamt, Karl Hopfner.
„Ich freue mich, dass er zurück ist. In welchem Amt, muss er entscheiden“, sagte der verletzte Abwehrchef Jérome Boateng beim TV-Sender Sky.
Mainzer Karius erwischt einen Sahnetag
Elf Heimsiege hatte die Bayern zuvor in dieser Bundesligasaison gefeiert. Doch mit ihrer Fünferkette in der Abwehr und höchstem läuferischen Aufwand im Mittelfeld machten die dynamischen und robusten Mainzer die Räume für die Bayern von Anfang an sehr eng. Hinzu kam, dass Schlussmann Loris Karius einen Sahnetag erwischt hatte. Einen prächtigen Volleyschuss von Arturo Vidal aus 17 Metern (13.) parierte der Mainzer Keeper ebenso reaktionsschnell wie einen Distanzschuss von Juan Bernat (16.).
Beide Male hatte Franck Ribéry die Chancen vorbereitet. Der Franzose stand erstmals nach einem Jahr wieder bei einem Bundesligaspiel in der Bayern-Startelf. Diese hatte Trainer Pep Guardiola drei Tage vor dem Bundesliga-Gipfeltreffen in Dortmund auf fünf Positionen verändert. Bemerkenswert: In der Münchner Anfangsformation stand lediglich ein deutscher Akteur: Manuel Neuer.
Der Torwart schaute meist zu, wie seine Vorderleute auf das Mainzer Bollwerk zurannten und nach Lücken in dem vielbeinigen Abwehrwall suchten. Beim Konter zum 0:1 war Neuer zudem hilflos: Jairo konnte den Ball nach Zuspiel des vom rechten Flügel flankenden Verteidigers Giulio Donati unbehelligt ins Bayern-Tor schießen. Die Taktik von 05-Coach Martin Schmidt war bis zur Pause ausgezeichnet aufgegangen.
Malli hätte sogar erhöhen können
Es hätte sogar frühzeitig noch besser kommen können: Yunus Malli legte den Ball nach Wiederbeginn auf Christian Clemens ab, aber der verzog aus sehr gute Position (51.). Guardiola reagierte: Er brachte in der Offensive Thomas Müller für den wirkungslosen Kingsley Coman. Der agile Vidal versuchte es mal wieder aus der Distanz, aber Karius lag am Boden und hielt den Ball fest (53.).
Guardiola legte offensiv noch einmal nach, brachte den Brasilianer Douglas Costa. Den Bann aber brach der zentraler agierende Arjen Robben. Aus gut 20 Metern überwand der Holländer mit seinem starken linken Fuß den chancenlosen Karius. Als die Bayern auf das Siegtor drängten, schlug Mainz bemerkenswert zu: Julian Baumgartlinger bediente den Kolumbianer Cordoba, der mit seinem dritten Saisontor für die große Überraschung des 24. Spieltages sorgte.
Rummenigge schwört auf den BVB ein
Durch die überraschende Heimniederlage erhöht sich nun tatsächlich noch einmal die Spannung vor dem Spitzenspiel der Bayern am Sonnabend bei Borussia Dortmund, das den Rückstand auf den Tabellenführer mit einem Sieg plötzlich auf zwei Punkte verkürzen könnte.
Karl-Heinz Rummenigge erwartet gegen den BVB nun eine Leistungssteigerung seiner Mannschaft. "Wenn wir mit acht Punkten Vorsprung nach Dortmund gefahren wären, wären wir etwas entspannter gewesen mit Blick auf die Tabelle“, erklärte der verstimmte Vorstandschef. "Das wird jetzt natürlich ein Spiel, wo wir sicherlich nicht verlieren dürfen. Ich hoffe, dass wir es am Samstag besser machen als heute.“
Statistik
München: Neuer - Rafinha, Benatia, Alaba, Bernat - Vidal - Coman (51. Thomas Müller), Robben, Thiago (60. Costa), Ribery - Lewandowski. - Trainer: Guardiola
Mainz: Karius - Balogun, Bungert (46. Latza), Hack - Baumgartlinger, Frei - Donati (73. Brosinski), Bussmann - Clemens, Malli (60. Cordoba), Samperio. - Trainer: Schmidt
Schiedsrichter: Sascha Stegemann (Niederkassel)
Tore: 0:1 Samperio (26.), 1:1 Robben (64.), 1:2 Cordoba (86.)
Zuschauer: 75.000 (ausverkauft)
Gelbe Karten: Rafinha (6) - Balogun (4), Bussmann (2)