Hamburg. Bayer Leverkusens Trainer Schmidt droht nach dem 1:1 gegen Barcelona mit Interview-Abbruch. Langer Disput zwischen Kahn und Völler.
Aus vier mach zwei: Die Anzahl der deutschen Teilnehmer an der Fußball-Champions-League hat sich nach der Gruppenphase halbiert. Während der VfL Wolfsburg den Einzug ins Achtelfinale bereits am Dienstag durch einen 3:2-Sieg gegen Manchester United perfekt gemacht hatte und Bayern München schon vor dem abschließenden 2:0-Sieg bei Dinamo Zagreb als Gruppensieger feststand, hat nach Borussia Mönchengladbach auch Bayer Leverkusen das Ticket für die K.o.-Runde verpasst.
Dabei wurde der Werkself die Qualifikation auf dem Silberblech präsentiert: Der amtierende Titelträger FC Barcelona trat in der BayArena am Mittwoch nur mit einer B-Elf an, doch Leverkusen kam trotz einer Vielzahl an Chancen nicht über ein 1:1 (1:1) hinaus. Damit steigt die Elf von Trainer Roger Schmidt in die Europa League ab - dabei hätte nur ein Tor mehr fürs Überwintern in der Königsklasse gereicht. Doch auch die Steilvorlage des 0:0 zwischen dem AS Rom und Bate Borissow ließen die Rheinländer ungenutzt.
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Bellarabi wird als Sündenbock ausgemacht
Es war die Szene des Abends, die vielen Leverkusen-Fans noch lange in Erinnerung bleiben wird. Karim Bellarabi dribbelt kurz vor Schluss auf Barcas Abwehr zu, zieht drei Gegenspieler auf sich und schließt - natürlich - selbst ab, anstelle den völlig freien und besser postierten Mitspieler Chicharito zu bedienen. Nachdem ter Stegen Bellarabis Schuss parierte, rannte "die kleine Erbse" wutentbrannt auf den deutschen Nationalspieler zu, um ihm ein paar Takte zu sagen. Das Wortgefecht der beiden Heißsporne war so heftig, dass der englische Schiedsrichter Mark Clattenburg dazwischen gehen musste.
Es dauerte nicht lange, da entbrannte in den sozialen Netzwerken ein Sturm der Entrüstung über Bellarabi, aufgrund seiner egoistischen und somit wenig mannschaftsdienlichen Spielweise.
Und um diese Szene geht es:
Leverkusen ist im ZDF Letzter
Die Quote passt ins Bild: Nur 6,17 Millionen Zuschauer wollten im ZDF Leverkusens verzweifelten Versuch sehen, gegen Barça doch noch den Einzug ins Achtelfinale zu schaffen. Mit einem Marktanteil von 21,1 Prozent war die letzte Live-Übertragung aus der Gruppenphase gleichzeitig die schwächste für den Mainzer Sender. In der Vorwoche war der Zuspruch für Gladbach gegen Sevilla (4:2) allerdings auch nicht viel höher (6,17 Millionen/20,9 Prozent). Den Bestwert gab es am 4. Spieltag beim Spiel der Bayern gegen Arsenal, das 8,72 Millionen Zuschauer (28,9 Prozent) sehen wollten.
Langer Disput zwischen Kahn und Völler
Auch der Vulkan Rudi Völler drohte nach dem Remis auszubrechen. Doch in der Analyse fürs ZDF konnte Experte Oliver Kahn Leverkusens Sportdirektor noch einmal stoppen. Auslöser des anfänglichen Disputs waren Vorhaltungen Kahns, Leverkusen habe Emotionen vermissen lassen.
"Natürlich hatte Leverkusen in den letzten zehn Minuten noch einmal alles probiert", befand der ehemalige Bayern-Profi. Aber es fehle jemand, der das Team pushe: "Alles läuft immer komplett gleich wie in so einem Uhrwerk." An dieser Stelle zuckte Völler ein erstes Mal zusammen und unterbrach den ehemaligen Welttorhüter: "Das seh ich komplett anders. Oli, ne ne ne." Die Mannschaft hätte alles dafür getan, das Spiel zu gewinnen, entgegnete Völler. Woraufhin Kahn zu einem neuen Erklärungsansatz anhob: "Es gibt: 'Ich will ein Spiel gewinnen', und dann gibt es noch einmal ein Stück drüber." Bei Leverkusen passiere es immer wieder, dass Torchancen herausgespielt, aber nicht genutzt würden. "Aber das hat doch nichts mit Emotionen zu tun", sagte Völler, der auch in der Folge bei Äußerungen Kahns ("Weiß nicht, ob Chicharito der Spielertyp ist, der Bayer weiterbringt") noch ein paar Mal tief durchatmen musste. Die große Explosion schenkte sich der als impulsiv bekannte Ex-Bundestrainer allerdings.
"Hier war gar keine Stimmung. Man hatte nicht das Gefühl, dass die Spieler ein Signal geben in der letzten Viertelstunde", hatte Kahn bereits vor dem Eintreffen Völlers geäußert. "Das tut sehr weh, weil die Konstellation sensationell war", sagte Völler.
Bayer-Coach Schmidt reagiert dünnhäutig
Bayer Leverkusens Trainer Roger Schmidt war nach dem knappen Aus sauer und gereizt wie selten. „Wir können das Interview auch abbrechen“, herrschte er einen Reporter des Fernsehsenders Sky nach dem Remis gegen Barcelona nach einer eher harmlosen Frage an. Der Bayer-Coach monierte, dass seiner "sehr jungen Mannschaften" womöglich "eine gewisse Reife gefehlt" habe. Als Sky-Reporter Jan Henkel einwarf, Barca habe ebenfalls mit einer sehr jungen Mannschaft gespielt, platzte Schmidt der Kragen und er drohte mit Interview-Abbruch. "Haben Sie sonst noch was zu sagen?", pampte er den Journalisten an. "Sie haben doch gesehen, dass wir auf ein Tor gespielt haben. Dass wir unsere Chancen nicht genutzt haben, hat nichts mit dem Gegner zu tun."
Für den 48-jährigen Fußball-Lehrer war der K.o.-Schlag „ein Drama". "Wir sind fassungslos und enttäuscht. Dass Borissow in Rom 0:0 spielt, macht das Ganze zur Tragödie", so Schmidt, obwohl es immerhin in der Europa League weitergeht. "Es wird mein ganzes Leben in meinem Gedächtnis bleiben, dass wir heute nicht gewonnen haben."
Sehen Sie hier das Interview in voller Länge bei Sky.
Benatia ist der nächste im Bayern-Lazarett
Der FC Bayern muss bis auf weiteres auf Medhi Benatia verzichten. Der Innenverteidiger musste in Zagreb vorzeitig verletzt vom Platz. Wie der deutsche Rekordmeister mitteilte, laboriert der Marokkaner an einer Muskelverletzung im linken Oberschenkel. Zur Ausfalldauer gab es noch keine Prognose.
Der Abwehrspieler war erst vor einem Monat in das Team zurückgekehrt. Davor war er zuletzt Ende August im Einsatz, ehe er wegen einer Muskelverletzung im rechten Oberschenkel lange ausfiel.
Die Bayern haben aktuell reichlich fehlendes Personal zu beklagen. Verzichten mussten die Münchner im Maksimir-Stadion auf den gesperrten Holger Badstuber sowie die verletzten und angeschlagenen Arjen Robben, David Alaba, Douglas Costa, Mario Götze und Juan Bernat. Auch Thiago war nach seiner Rückkehr ins Teamtraining noch nicht weit genug für einen Einsatz.
Streithähne Chicharito und Bellarabi kommen davon
Der handfeste Streit zwischen Leverkusens Stürmer Javier "Chicharito" Hernandez und Karim Bellarabi kurz vor Ende der Partie gegen Barça hat keine Konsequenzen. "Das passiert im Fußball. Wir beklagen uns ja manchmal, dass es bei uns zu ruhig zu geht. Nun sind die beiden mal in der Hitze des Gefechts aneinandergeraten. Das ist aber kein Problem", sagte Bayer-Sportchef Rudi Völler.
Der Mexikaner Chicharito und der deutsche Nationalspieler waren aneinandergeraten, nachdem Bellarabi einmal mehr zu eigensinnig agiert und den besser platzierten Nebenspieler nicht in Szene gesetzt hatte. Schiedsrichter Mark Clattenburg aus England musste sogar dazwischengehen, ehe sich die beiden Streithähne wieder beruhigten.
Statistiken
Bayer Leverkusen - FC Barcelona 1:1 (1:1)
Leverkusen: Leno - Hilbert, Tah, Toprak, Wendell - Kramer (90. Papadopoulos), Kampl - Bellarabi, Calhanoglu (79. Brandt), Mehmedi (70. Kießling) - Hernandez. - Trainer: Schmidt
Barcelona: ter Stegen - Adriano, Bartra, Vermaelen, Alba (74. Camara) - Kaptoum (62. Gumbau) - Rakitic, Samper - Sandro, Messi, Munir. - Trainer: Enrique
Schiedsrichter: Mark Clattenburg (England)
Tore: 0:1 Messi (20.), 1:1 Hernandez (23.)
Zuschauer: 29.412 (ausverkauft)
Gelbe Karten: Kampl (3) - Bartra, Gumbau (2), Rakitic
Dinamo Zagreb - Bayern München 0:2 (0:0)
Zagreb: Eduardo - Pinto, Sigali, Taravel, Pivaric - Goncalo - Rog (81. Pavicic), Antolic - Soudani, Coric (61. Pjaca), Junior Fernandes (74. Machado). - Trainer: Mamic
München: Ulreich - Lahm, Martinez, Benatia (46. Jerome Boateng), Rafinha - Alonso - Kimmich, Rode - Green (62. Vidal), Ribery (46. Thomas Müller) - Lewandowski. - Trainer: Guardiola
Schiedsrichter: Martin Strömbergsson (Schweden)
Tore: 0:1 Lewandowski (61.), 0:2 Lewandowski (64.)
Zuschauer: 19.681
Gelbe Karten: Goncalo (2), Pivaric (2), Eduardo
Besonderes Vorkommnis: Thomas Müller schießt einen Foulelfmeter an den Pfosten (88.)