Kaiserslautern. Deutschlands Nationalmannschaft offenbart beim 2:2-Unentschieden im Testspiel gegen Asienmeister Australien unerklärliche Defizite.
Es war etwas faul zuletzt im „Weltmeischterland“, das hat Joachim Löw ganz genau verspürt. Die „högschde Alarmstufe“ auszurufen, wäre nach den wenig schmeichelhaften Ergebnissen seit dem WM-Titel einige Eskalationsstufen zu hoch gegriffen. Dennoch sah der Bundestrainer vor dem Testspiel am Mittwochabend gegen Australien die Notwendigkeit, eine klare Leistungssteigerung seiner Herren Kicker einzufordern, um die EM-Endrunde 2016 in Frankreich sicher zu erreichen. Wieder eine Einheit zu werden, sei das vorrangige Ziel.
Die Partie gegen die „Socceroos“ hat nicht entschieden zu diesem Prozess beigetragen: In Kaiserslautern gab es ein enttäuschendes 2:2 (1:1). Lukas Podolski (81.) sorgte nach dem Führungstreffer von Marco Reus (17.) noch für das Remis, für die Jungs aus „down-under“ trafen James Troisi (40.) und Mile Jedinak (50.).
Der Flugzeugabsturz in Frankreich hat im ganzen Land große Betroffenheit erzeugt. Auch die DFB-Auswahl gedachte vor dem Test der Verunglückten, Benedikt Höwedes hielt ein Schild mit der Aufschrift „Haltern trauert“ vor sich. Der Schalker stammt wie auch der frühere Nationalspieler Christoph Metzelder aus der Ruhrgebietsstadt, aus der 16 Schüler und zwei Lehrerinnen bei der Tragödie verstarben.
Müller und Schweinsteiger 90 Minuten auf der Bank
Löw entschied sich vier Monate nach dem letzten Zusammenkommen, einige Stammkräfte für das EM-Quali-Spiel am Sonntag (18 Uhr/RTL) in Georgien zu schonen. So blieben Bastian Schweinsteiger, Thomas Müller, Jerome Boateng, Toni Kroos und Mats Hummels im altehrwürdigen Fritz-Walter-Stadion 90 Minuten auf der Bank. Für Schweinsteiger trug Sami Khedira die Kapitänsbinde, der am Rande der Begegnung seinen Abschied zum Saisonende bei Real Madrid angekündigt hat.
Deutschland - Australien 2:2
Der Bundestrainer experimentierte mit den Rückkehrern Reus, Gündogan und Badstuber sowie Startelf-Debütant Jonas Hector nicht nur personell, sondern auch taktisch mit einer Dreierkette, zunächst bestehend aus Badstuber, Höwedes und Mustafi. Löw wird diese Idee, die er schon zum Abschluss des vergangenen Länderspieljahres beim 1:0 in Spanien ausprobiert hatte, nach diesem weitgehend missglückten Auftritt nicht gleich wieder verwerfen. „Das wird nicht auf Knopfdruck funktionieren, das muss man mit den Spielern auch mal auf dem Platz einstudieren“, hatte der 57-Jährige vorab Fehler verziehen. Die Australier deckten aber immer wieder die Schwächen dieses Systems auf, wenn der Ball im Mittelfeld (mal mit vier Spielern und drei Spitzen, mal mit fünf Mann und zwei Vorderen) verloren geht. Mathew Leckie, der für Ingolstadt in der Zweiten Liga stürmt, tanzte so nach schnellem Umschalten Höwedes aus (7.), konnte Manuel-Neuer-Ersatz Ron-Robert Zieler aber nicht überwinden.
Australier bestrafen Fahrlässigkeit
Erst nach einer Viertelstunde bekam der Weltmeister Ordnung in die Partie. Stand Marco Reus noch beim vermeintlichen 1:0 im Abseits (16.), traf der weitgehend überzeugende Dortmunder eine Minute später nach starker Vorbereitung Khediras mit der Fußspitze zur deutschen Führung. Dass der Stürmer hernach noch das 2:0 (23.) liegen ließ, bestraften die Australier vor der Pause: Bei der Flanke von Nathan Burns kam Hector zu spät gegen James Troisi, der zum 1:1-Ausgleich (40.) in die Maschen köpfte.
Nach der Pause verschlimmerte sich zunächst der Eindruck des Weltmeisters. Unerklärliche technische Fehler brachten die Abwehr immer wieder in Gefahr. Nach einem Foul von Gündogan an Troisi schlenzte Australiens Kapitän Mile Jedinak den Freistoß zum 1:2 (50.) aus deutscher Sicht ins Tor; Zieler, der später einige Unsicherheiten zeigte, kam zu spät. Auch mit den inzwischen eingewechselten Andre Schürrle, Max Kruse oder Lukas Podolski erfuhr die deutsche Offensive keinen ernsthaften Aufschwung. Als Karim Bellarabi aus halbrechter Position abschloss (62.), sah es das einzige Mal nach dem Seitenwechsel nach gutem Fußball bei der Löw-Elf aus. Leckie vergab sogar noch den dritten australischen Treffer (71.). Immerhin gelang Podolski mit seinem 48. Länderspieltor noch nach Vorarbeit von Schürrle der erlösende 2:2-Ausgleich (81.). Die „Poldi, Poldi“-Rufe des nicht immer begeisterten Lauterer Publikums werden dem bei Inter Mailand so unglücklichen 29-Jährigen aber genauso gut getan haben wie die Unterstützung des Bundestrainers in den letzten Tagen. Für Joachim Löw und die Weltmeister bleibt nach diesen 90 Minuten auf dem Betzenberg trotzdem noch jede Menge Arbeit für die nächsten Monate.