Die nach der WM zurückgetretenen Philipp Lahm und Per Mertesacker freuten sich beim Treffen der Weltmeister über das Wiedersehen. Wehmut verspürte nur einer von ihnen.

Nürnberg. Philipp Lahm braucht keine Zeit zum Überlegen. „Überhaupt nicht“, antwortet er schnell und bestimmt auf die Frage, ob er beim glückseligen Treffen der Fußball-Weltmeister Wehmut verspürt habe.

Für drei Tage, zwischen dem Erhalt des Silbernen Lorberblattes beim Bundespräsidenten Joachim Gauck und der Entgegennahme des Bambis, war der 31-Jährige wieder so etwas wie der Kapitän des DFB-Teams. Sein Rücktritt kam früh angesichts seines Alters, seiner Fitness und seines Status, doch er hat sich nach eigener Aussage lange vor dem WM-Triumph dazu entschieden. Als entsprechend unumstößlich hat er seinen Rücktritt stets bezeichnet.

Dass er demonstrativ beinahe Gleichgültigkeit zur Schau stellt, wirkt nach zehn Jahren und 113 Einsätzen etwas befremdlich. Fast so, als sei er froh, dass es vorbei ist. „Das hier waren ja auch keine normalen Tage der Nationalmannschaft“, begründet er die fehlende Melancholie. Der Alltag in einer Qualifikation oder gar Testspielen ist es, den er offenbar nicht mehr braucht und auf den er zuliebe der Familie gerne verzichtet.

Auch der noch ein Jahr jüngere Mertesacker ist sich seiner Sache eigentlich sicher. Die Frage, ob ein Comeback vorstellbar sei, beantwortet er aber mit einem ausweichenden Witz. „Die Frage kam noch nicht auf. Wirklich vermissen tut er mich anscheinend nicht“, erklärte er mit Blick auf Bundestrainer Joachim Löw.

Dem Abwehrspieler des FC Arsenal, mit 104 Einsätzen im Nationaltrikot die Nummer 10 der ewigen DFB-Rangliste, ging das große Wiedersehen in Berlin schon an die Nieren. „Man kann sich sicher vorstellen, dass es Erinnerungen weckt, die nicht einfach zu verkraften sind“, gesteht er ein: „Natürlich bin ich ein bisschen wehmütig.“

Aber für ihn habe eben „ein neues Zeitalter“ begonnen, „immer noch mit Fußball und mit ein bisschen mehr Familie. Ich denke, das ist immer noch sehr, sehr lebenswert. Ich werde die Nationalmannschaft vermissen, aber ich habe auf dem Höhepunkt aufgehört. Schöner geht es eigentlich nicht.“

Wie sehr er diesen Erfolg genoss, wird im Kinofilm „Die Mannschaft“ wieder einmal deutlich. Wohl kein anderer Spieler feierte den WM-Triumph noch in Brasilien so ausgiebig. Keiner sang so viel (und laut), keiner tanzte hinterher so ausgelassen.

Am schwersten fiel das Loslassen wohl Miroslav Klose, der als dritte Spieler-Persönlichkeit nach dem Titel von Bord ging. Noch nach dem Höhepunkt grübelte der immerhin 36 Jahre alte Rekordstürmer wochenlang. Er wollte unbedingt weitermachen, aber irgendwann war ihm klar, dass sein Körper das nicht mehr zulässt.

Ein Comeback Kloses scheint deshalb selbst bei größter Stürmernot ausgeschlossen. Auch Lahm scheint das Thema unwiderruflich beendet zu haben. Bei Mertesacker könnte Löw im Fall der Fälle aber vielleicht doch mal anfragen – falls er ihn vermisst.