Der Gastgeber gewinnt die Mini-WM durch ein 3:0 gegen den Welt- und Europameister. Fred glänzt als Doppeltorschütze, auch der Spieler des Turniers Neymar trifft. Spaniens Piqué sieht Rot, Ramos verschießt Elfer.

Rio de Janeiro. Was für ein Spektakel! Mit Traumfußball im Maracanã haben Brasiliens neue Helden Weltmeister Spanien entzaubert und sich zum großen Favoriten für die Heim-WM aufgeschwungen. Mit dem 3:0 (2:0) am Sonntagabend in Rio de Janeiro schaffte die Seleção den dritten Gewinn des Confederations Cups in Serie und krönte ihren Triumphzug beim Testlauf für die Weltmeisterschaft 2014 am Zuckerhut. Fred (2./47. Minute) mit einem Doppelpack und der umjubelte Jungstar Neymar (44.) machten den Sieg vor 73.581 begeisterten Zuschauern perfekt und sorgten für die erste spanische Niederlage nach 29 Pflichtspielen.

„Brasilien hat der Welt gezeigt, dass man es respektieren muss. Das war ein großartiger Sieg gegen die beste Mannschaft der Welt, der zeigt, was für ein tolles Team wir sind“, sagte Neymar, der zum besten Spieler des Turniers gewählt wurde.

Der Jungstar, für den es das Abschiedsspiel aus Brasilien vor seinem Wechsel zum FC Barcelona war, setzte sich bei einer Wahl vor dem Spanier Andrés Iniesta und seinem Teamkollegen Paulinho durch. Letzter Sieger war 2009 mit Kaká ebenfalls ein Brasilianer.

Auch der „Goldene Handschuh“ ging an einen Spieler der Seleção: Die „Technische Studiengruppe“ des Fußball-Weltverbandes Fifa ernannte Júlio César zum besten Torhüter des Turniers. Spanien erhielt den Fair-Play-Preis, obwohl Piqué die einzige Rote Karte des Turniers gesehen hatte.

Scolaris schon zuversichtlich für WM

Brasiliens Trainer Luiz Felipe Scolari blickte nach dem Confed-Triumph schon ein Jahr voraus. „Brasilien hat gezeigt, dass es möglich ist. Wir können die WM gewinnen. Heute wurde ein Weg eingeschlagen.“

Für die nach der Halbfinalstrapaze gegen Italien müden Spanier verschoss Sergio Ramos in der 54. Minute einen Foulelfmeter. Gerard Pique (68.) sah nach einem Foul an Neymar die Rote Karte. Die Niederlage war da schon besiegelt und Brasiliens heiliger Fußball-Ort die größte gelbe Party-Location der Welt – und das auf den Tag genau elf Jahre nach dem letzten WM-Triumph im Finale von Yokohama gegen Deutschland. Die schwarze Serie von europäischen Mannschaften setzte sich fort: Noch nie konnten sie ein großes Turnier in Südamerika gewinnen.

„Wir akzeptieren diese verdiente Niederlage. Wir werden sie genau analysieren müssen“, sagte Spaniens Trainer Vicente del Bosque. Die kurze Pause nach dem Halbfinale sei kein Grund gewesen.

Doppeltorschütze Fred zog mit seinem fünften Treffer mit dem Spanier Fernando Torres an der Spitze der Torjägerliste des Confed Cups gleich. Den Goldenen Schuh bekam aber Torres, der weniger Spielminuten als Brasiliens Toptorschütze hatte.

Gustavo einziger Bayernspieler

Luiz Gustavo kam als einziger der drei Münchner Bundesligaspieler zum Einsatz. Sein Bayern- und Brasilien-Kollege Dante saß wie Spaniens Javiér Martinez auf der Bank. Weltmeister-Coach del Bosque hatte trotz der Anstrengungen beim Halbfinalsieg im Elfmeterschießen gegen Italien drei Tage zuvor nur einen Wechsel in der Startelf vorgenommen. Für David Silva spielte Juan Mata.

Scolari vertraute seiner Stammformation – und die erwischte einen Traumstart. Nach 95 Sekunden bugsierte Fred den Ball im Liegen nach Vorarbeit von Neymar zum zweitschnellsten Treffer der Confed-Cup-Geschichte ins Tor. Das Maracanã bebte. Die überrumpelten Spanier mussten sich neu sortieren. Erstmals seit zehn Turnierspielen war „La Roja“ überhaupt wieder in Rückstand geraten.

Brasilien erkannte die Verwirrung und hätte durch Oscar (8.) fast schon erhöht. Paulinho (13.) wollte Iker Casillas mit einem Lupfer überlisten. Alvaro Arbeloa (15.) hatte Glück, dass ihm Schiedsrichter Björn Kuipers aus den Niederlanden für eine Notbremse an Neymar nicht Rot zeigte.

Nichts war's mit Tiki Taka. Ein Schuss von Iniesta (20.) war ein kleines Zeichen spanischen Widerstands. Die beste Chance vergab Pedro (41.). David Luiz klärte mit einer spektakulären Grätsche kurz vor der Torlinie. Dann kam der Moment von Neymar: Intelligent ließ er sich auf links anspielen. Mit Vehemenz drosch er den Ball ins Netz.

Für Spanien geriet die zweite Halbzeit zu einem Fußball-Alptraum. Freds zweites Tor gleich nach dem Seitenwechsel sorgte schon für die Entscheidung. Ramos setzte den Strafstoß nach Foul von Marcelo an Jesus Navas neben das Tor. Als Pique Neymar umsenste, zeigte Kuipers dann doch glatt Rot. Im Maracanã wurde längst gefeiert. Der Schlusspfiff ging im ohrenbetäubenden Jubel der Seleção-Fans unter.

Blatter springt für Rousseff ein

Zu den ersten Gratulanten der Seleção gehörte Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff, die den Finalsieg zwar live im Maracanã-Stadion verpasste, der Nationalmannschaft und dem Trainerstab aber schriftlich gratulierte. Sie sprach nach dem Titelgewinn von einem „historischen Tag für den brasilianischen Fußball“. Die Spieler hätten „Freude, Kreativität, Teamgeist und Einigkeit“ gezeigt, alle Brasilianer erobert und der Welt ein großes Spektakel geboten.

Rousseff war ungewöhnlicherweise nicht ins Stadion nach Rio de Janeiro gekommen. Sie war bei der Eröffnung am 15. Juni in Brasília massiv ausgepfiffen worden. Der Siegerpokal wurde schließlich von Fifa-Chef Joseph Blatter und Sportminister Aldo Rebelo überreicht.

Party- statt Proteststimmung

Auf Brasiliens Straßen herrschte derweil Party- statt Proteststimmung. Vor dem massiv gesicherten Maracanã-Stadion demonstrierten nur einige Tausend Menschen friedlich gegen Korruption und Misswirtschaft. In etwa 500 Meter Entfernung zum Stadion kam es an einer Straßenkreuzung zu Zusammenstößen zwischen Randalierern und Polizei. Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff blieb dem Finale fern, gratulierte aber zum Titelgewinn.

An einem ersten Protestzug hatten im Tagesverlauf etwa 5000 Menschen teilgenommen. Das waren deutlich weniger als vor rund 10 Tagen, als allein in Rio 300 000 Menschen auf die Straße gingen. Am Sonntagabend (Ortszeit) kam es zu Zusammenstößen vor der Sperrzone des Stadions, als eine kleine Gruppe vermummter Randalierer versuchte zum Maracanã vorzudringen. Dabei schleuderten die Demonstranten Steine und mindestens einen Molotowcocktail auf die Polizisten, die ihrerseits mit Tränengasgranaten reagierten.

Rund um das Stadion waren mehr als 10.000 Sicherheitskräfte im Einsatz, darunter 6000 Beamte der militarisierten Polizei. Das war das größte Sicherheitsaufgebot, das je in Brasilien anlässlich einer Sportveranstaltung aufgestellt wurde.

Statistik

Brasilien: Julio Cesar/Queens Park Rangers – Dani Alves/FC Barcelona, David Luiz/FC Chelsea, Thiago Silva/Paris St. Germain, Marcelo/Real Madrid – Paulinho/SC Corinthians ab 87. Hernanes/Lazio Rom, Luiz Gustavo/Bayern München – Hulk/Zenit St. Petersburg ab 73. Jadson/FC Sao Paulo, Oscar/FC Chelsea, Neymar/FC Santos – Fred/Fluminense ab 80. Jo/Atletico Mineiro. – Trainer: Scolari

Spanien: Casillas/Real Madrid – Arbeloa/Real Madrid ab 46. Azpilicueta/FC Chelsea, Ramos/Real Madrid, Piqué/FC Barcelona, Alba/FC Barcelona – Busquets/FC Barcelona – Iniesta/FC Barcelona, Xavi/FC Barcelona – Pedro/FC Barcelona, Torres/FC Chelsea ab 59. Villa/FC Barcelona, Mata/FC Chelsea ab 52. Navas/FC Sevilla. – Trainer: del Bosque

Schiedsrichter: Björn Kuipers (Niederlande)

Tore: 1:0 Fred (2.), 2:0 Neymar (44.), 3:0 Fred (47.)

Zuschauer: 73.531 (ausverkauft)

Beste Spieler: Fred, Neymar, David Luiz – Pedro

Rote Karte: Piqué nach einer Notbremse (68.)

Gelbe Karten: – Arbeloa, Ramos

Besonderes Vorkommnis: Ramos schießt Foulelfmeter neben das Tor (55.)