Der Bayern-Keeper ist seit 748 Minuten ohne Gegentor in der Bundesliga. In der Bestenliste stehen nur noch Kahn und Hildebrand vor Neuer.

Berlin. Eitel Sonnenschein im Goldenen Oktober: Bei Bayern München herrscht nach dem überzeugenden 4:0 (3:0)-Sieg in der Fußball-Bundesliga gegen Hertha BSC Berlin Euphorie an allen Fronten - sogar auch im Hinblick auf die Sorgenkinder Breno und Robben. Sportlich steht neben der Galavorstellung Franck Ribérys vor allem einer im Mittelpunkt: Manuel Neuer. Der Torhüter blieb am Sonnabend im 13. von 14 Pflichtspielen in dieser Saison ohne Gegentor. In der Bundesliga ließ der Nationaltreffer inzwischen seit 748 Minuten keinen Treffer mehr zu. Damit fehlen Neuer noch 136 gegentorlose Minuten zum Rekord von Timo Hildebrand in der Fußball-Bundesliga. Wettbewerbsübergreifend steht bei Neuer und den Bayern inzwischen sogar schon seit 1108 Spielminuten hinten die Null.

Bei allem Hype um Neuer und Ribéry – die tollste Belohnung für die neuerliche Bayern-Galavorstellung war das Couscous von Halima Ben Hatira. Zumindest für Nationalspieler Jerome Boateng, denn der hatte durch den Sieg gegen die Bayern-Filiale aus Berlin die kulinarische Wette mit seinem alten Hertha-Kumpel Änis Ben-Hatira gewonnen.

Dessen tunesische Mama muss jetzt für den Sieger kochen. Boateng nahm es mit einem treuherzigen Lächeln: "Ich freue mich auf ein großes Essen. Ich mag Couscous gern.“ Der Nationalverteidiger war durch die Aussicht auf das tunesische Nationalgericht offenbar besonders motiviert und mit ihm die Mannschaft – nach 13 Minuten stand es schon 3:0. Boateng zeigte seine bislang stärkste Leistung im Bayern-Trikot, bereitete das 2:0 des ebenfalls überragenden Franck Ribery (7.) mit einem tollen Flankenlauf vor.

Gomez vergleicht Boateng mit bestem Außenverteidiger der Welt

Doppeltorschütze Mario Gomez (5. und 69. per Foulelfmeter) – den weiteren Treffer erzielte Bastian Schweinsteiger (13.) – verglich Boateng im Scherz sogar mit dem momentan wohl besten Außenverteidiger der Welt: "Wir haben da draußen ja jetzt einen Fopper, einen Dani Alves mit weißen Schuhen.“

Auf der Tribüne schauten die beiden Bayern-Sorgenkinder Breno und Arjen Robben zu. Der Holländer hatte eigentlich Sonderurlaub von Trainer Jupp Heynckes erhalten, ließ sich aber vor dem Spiel lieber noch einmal von Bayern-Doc Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt untersuchen. Breno trainierte am Samstag drei Wochen nach seiner Verhaftung erstmals wieder.

"Grundsätzlich gilt die Unschuldsvermutung"

“Grundsätzlich gilt nicht nur für den FC Bayern die Unschuldsvermutung", erklärte Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge: “Wir sind sehr glücklich, dass Breno wieder in den Kreis seiner Familie und des FC Bayern zurückgekehrt ist."

Es fügt sich momentan halt alles wundersam zusammen bei diesen Bayern, die ihre Bilanz in den letzten vier Bundesliga-Heimspielen auf 19:0 Tore ausbauten. Aber trotz aller Rekorde bemühen sie sich beim Branchen-Primus sichtlich, auf dem Boden zu bleiben. “Wir dürfen nicht glauben, dass die Bundesliga ein Selbstläufer ist. Auch wenn dieser Spieltag mit der Niederlage von Bremen und dem Remis von Gladbach sehr gut gelaufen ist", meinte Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge.

Es ist keine Frage, dass Bayern München in dieser Form in Deutschland keine Konkurrenz hat. Hertha-Coach Markus Babbel brachte es auf den Punkt: “Ich hatte Angst, dass wir zweistellig in die Pause gehen"„ Gerade wegen dieser Dominanz freuen sie sich bei den Bayern auf die schwierigen internationalen Aufgaben. Am Dienstag steht das Champions-League-Auswärtsspiel beim europäisch ebenfalls noch ungeschlagenen SSC Neapel an. Rummenigge hofft ganz konservativ auf ein Unentschieden, “damit wir die Tabellenführung in der Gruppe verteidigen".

Tanz auf dem Vulkan meistern – wie FC Barcelona

Doch diese Bayern sind so selbstbewusst, dass sie auch den Tanz auf dem Vulkan am Fuße des Vesuvs meistern wollen. “Das wird ein ganz schweres Spiel. Da müssen wir was dazu packen – aber ich bin optimistisch, dass wir auch das schaffen„, sagte Trainer Jupp Heynckes: “Der FC Bayern spielt einen Fußball, der nicht alltäglich ist.„ So mancher fühlt sich da schon an den grandiosen Fußball von Champions-League-Sieger FC Barcelona erinnert. Dazu gehört aber laut Kapitän Philipp Lahm, “dass wir unsere Leistung in jedem Spiel abrufen: Deshalb fahren wir nach Neapel, um zu gewinnen."

Dieses Bayern-Siegergen wollte Babbel, der 16 Jahre für die Münchner gespielt hatte und in Thomas Kraft, Andreas Ottl und Christian Lell gleich drei Spieler in die Hauptstadt geholt hatte, eigentlich zu Hertha importieren. Das Spiel in München hat gezeigt, dass das doch nicht ganz so einfach geht. “Hamburg, Freiburg, Leverkusen – die haben hier schöne Klatschen bekommen. Und wir haben uns da eingereiht", meinte der Coach: “Hier kann man nicht bestehen, wenn man Angst hat. Daraus muss meine Mannschaft lernen."

Vielleicht auch, dass man nur Wetten mit Chancen auf den Sieg eingehen sollte. Wettverlierer Änis Ben-Hatira, der auf Fischstäbchen von Jerome Boatengs Mama gehofft hatte, war nicht nur deshalb recht kleinlaut: “Jerome hat die Wette klar gewonnen. Er ist herzlich eingeladen."

Statistik:

Bayern München: Neuer – J. Boateng, van Buyten, Badstuber, Lahm (78. Contento) – Tymoschtschuk, B. Schweinsteiger – T. Müller (73. Alaba), T. Kroos, Ribery – M. Gomez (75. Olic)

Hertha BSC: Kraft – Lell, Hubnik, Mijatovic, Kobiaschwili – Ottl, Niemeyer – Ebert (46. Lustenberger), Raffael, Ä. Ben-Hatira (61. Morales) – Lasogga (70. Ramos)

Schiedsrichter: Michael Weiner (Giesen)

Zuschauer: 69.000

Tore: 1:0 M. Gomez (5.), 2:0 Ribery (7.), 3:0 B. Schweinsteiger (13.), 4:0 M. Gomez (69./Foulelfmeter)

Gelbe Karten: Keine – Raffael

Mit Material von dpa und dapd