Englands Robert Green war erst der Anfang: Diese Weltmeisterschaft ist ein Festival der Fehlgriffe und Fliegenfänger. Ein Lob der Unvollkommenheit
Das Schlimmste ist vielleicht die Stille nach dem Schuss. Jener kurze Moment des Innehaltens, in dem sich der Unglaube in Gewissheit umkehrt, bevor die anderen in Schadenfreude ausbrechen und die Eigenen fassungslos zurückbleiben. Viele, sehr viele Torhüter bei dieser WM haben das erleben müssen. Als dem Engländer Robert Green gegen die USA ein harmloser Schuss entglitt, konnten wir nicht ahnen, dass dies erst der Anfang eines beispiellosen Festivals von Fehlgriffen war.
Die Häufung kann kein Zufall sein. Die Fahndung nach den Schuldigen aber blieb erfolglos. Hauptangeklagter war der flatterhafte Ball "Jabulani". Das weithin ungekannte Flugobjekt wurde jedoch von Harald Schumacher glaubwürdig entlastet: "Klagen über den Ball kommen alle Jahre wieder", hielt Deutschlands Torwartidol fest.
Psychologen haben den Druck im Verdacht. Er könne bei den Torleuten zu Übermotivation und dadurch zu Fehlern führen? Klingt gut, nur: Druck hat jeder. War es die Kälte? Oder sind am Ende, wir ahnten es, doch die Frauen schuld an den Böcken? Green soll die Trennung von einem Unterwäschemodel nicht verkraftet haben, mutmaßt die Yellow Press. Und Spaniens Casillas könnte von seiner Freundin, einer TV-Reporterin, abgelenkt worden sein.
Genug der Häme! Wir sollten den Greens und Chaouchis und Enyeamas und Kawashimas dankbar sein. Ohne sie wäre diese WM eine freudlose Veranstaltung. Nicht einmal zwei Treffer fielen bisher pro Spiel, Torwartgeschenke inbegriffen. Zum Vergleich: 1954 konnte auch Fußballgott Toni Turek einen Torschnitt von 5,38 nicht verhindern. Und noch bei der WM vor acht Jahren lag er immerhin bei zweieinhalb, obwohl ein Außerirdischer namens Oliver Kahn unter Stürmern Angst und Schrecken verbreitete. Im Finale hat er dann böse gepatzt. Schon vergessen?