Aufgeben oder Weitermachen – Hertha BSC steht vor einer Schicksalsversammlung. Neben dem Gang vor das Ständige Schiedsgericht wegen des Chaosspiels in Düsseldorf kommt vor allem das Präsidium am Dienstag auf den Prüfstand.

Berlin. Vorsicht Explosionsgefahr! Nicht nur die Frage um einen weiteren Einspruch von Hertha BSC gegen die Wertung des skandalösen Relegationsrückspiels bei Fortuna Düsseldorf wird die Berliner Mitglieder an diesem Dienstag beschäftigen. Der Verein steht nach der sportlichen Pleitesaison mit einem Berg Schulden und weiterem Imageverlust da. Vor allem an Manager Michael Preetz entzündet sich die Kritik. „Sie wollen ein Schlachtfest“, stellte Präsident Werner Gegenbauer bereits vergangene Woche fest: „Aber das kommt mit mir nicht infrage!“ Am Montag warb er in einem Offenen Brief an die Mitglieder um die Wiederwahl seiner Führungsmannschaft und warnte vor einer „öffentlichen Zerreißprobe“.

Er und Preetz dürften im ICC vor einem ganz schweren Gang bei der Mitgliederversammlung stehen. Die immer noch merkwürdig anmutende Entlassung von Aufstiegstrainer Markus Babbel, das vollkommen missglückte Engagement von Michael Skibbe, dann der vermeintliche Coup mit Otto Rehhagel. Was auch nicht so klappte wie erhofft.

Berlin verliert nach nur einem Jahr wieder seinen einzigen Erstligisten – wenn Hertha nicht noch einmal Protest gegen die Wertung des Düsseldorf-Spiels einlegt. Auch dazu sollen die Mitglieder, wie es in dem Brief noch einmal hieß, befragt werden.

Der Trainer ist jedenfalls schon weg, die Spieler bekamen bereits Urlaub. „Für Hertha beginnt jetzt eine neue Zeitrechnung – ohne Otto Rehhagel“, sagte der 73-Jährige in einem Interview der „Bild am Sonntag“. Er suchte nach seinem gescheiterten Kurzzeit-Engagement von Ende Februar an auch nicht nach Ausreden: „Der Abstieg ist auf dem Platz geschehen“.

34 Mal hatte Hertha in der regulären Saison mindestens 90 Minuten lang Zeit, sportlich den Verbleib zu sichern. 7 Siege sprangen dabei heraus, 10 Remis und 17 Niederlagen. Nun aber droht wegen der umstrittenen 93 Sekunden aus dem Chaosspiel vom 15. Mai unter Umständen die dritte juristische Nachspielzeit nach den Niederlagen vor dem Sport- und dem Bundesgericht des Deutschen Fußball-Bundes - Ende offen.

Mindestens bis Ende dieser Woche hat Hertha laut Lizenzierungsordnung noch Zeit, über einen weiteren Einspruch zu entscheiden. Da kommt die Mitgliederversammlung gerade recht: Es gehe darum, ein „Stimmungsbild“ der Mitglieder zu gewinnen, kündigte Clubsprecher Peter Bohmbach am Pfingstwochenende an. So könnte sich jede Entscheidung auch im Nachhinein besser erklären lassen.

Für Relegationsgegner Fortuna Düsseldorf ist der Aufstieg – oder auch nicht – damit ebenfalls längst zu einer nervenzermürbenden Hängepartie geworden, nachdem ihre Anhänger das Chaos allerdings erst ausgelöst hatten. Sie waren im Freudentaumel viel zu früh und zu Tausenden auf den Platz gestürmt.

Für die damals geherzten und geknuddelten Fortuna-Spieler besteht weiterhin eine interne Urlaubssperre. Auch die Rheinländer wollen erst die Mitgliederversammlung der Berliner abwarten. Bis Mittwoch sind die Profis vom Training befreit, dann wird die Fortuna neu entscheiden, wie es weitergeht.

Das DFB-Bundesgericht hatte am vergangenen Freitag nach einer Marathonsitzung den Hertha-Protest gegen die erstinstanzliche Entscheidung des Sportgerichts abgeschmettert. Auch Rehhagel hatte in Frankfurt/Main ausgesagt. „Ich fühlte mich total unwohl. Das war nicht meine Welt. Ich habe das nur im Sinne der Hertha gemacht“, gab Rehhagel nun zu.

Denn es ist der letzte Strohhalm, an den sich der mit rund 35 Millionen Euro verschuldete Club klammern kann. Gibt die Hertha vor den sportjuristischen Instanzen auf, treten nächste Saison Erzgebirge Aue oder Eintracht Braunschweig im Berliner Olympiastadion an und nicht mehr Borussia Dortmund oder Bayern München.

Und wird Preetz dann auch noch als Manager Sport da sein? „Ich habe zu jeder Zeit die Rückendeckung gespürt“, betonte der Rekordtorjäger der Hertha schon mit Blick auf den mächtigen Vereinschef Gegenbauer. „Ich stehe zu Michael Preetz, weil ich glaube, dass er der richtige Mann für Hertha BSC ist“, entgegnete Gegenbauer. Die beiden gibt es offenbar nur im Doppelpack.

Wie er den Neuanfang angehen wolle, weiß Gegenbauer auch schon. „In dieser Besetzung“, sagte der Präsident und blickte jüngst bei einem Fan-Talk auf dem Podium wiederum zu Preetz. Die Entscheidung darüber dürfte an diesem Dienstag fallen. Der Vorteil des Duos: Überzeugende Alternativen zu Preetz und Gegenbauer kann die Opposition nicht präsentieren.