Schock für die Sportstadt Hamburg: Eigentümer der Freezers gibt auf. Für Mitarbeiter und Spieler kommt die Entscheidung aus dem Nichts.
Völlig überraschend ziehen sich die Hamburg Freezers aus der Deutschen Eishockey Liga (DEL) zurück. Diese Entscheidung der Anschutz Entertainment Group (AEG), dem Eigentümer des Clubs, gaben die Hanseaten am Mittwoch bekannt.
„Trotz unseres soliden Engagements und eines stetigen Investments über die letzten 14 Jahre in Hamburg sehen wir uns weiterhin zahlreichen Schwierigkeiten ausgesetzt, die aus dem Besitz zweier Eishockey-Teams in ein und derselben Liga resultieren", teilte AEG-Präsident Tom Miserendino auf der vereinseigenen Website mit. "Aufgrund dessen war es seit 2011 unser Ziel, uns auf ein Team zu beschränken. Seitdem haben wir gewissenhaft daran gearbeitet, einen nationalen oder internationalen Partner zu finden, der die Freezers übernimmt – leider bis zum heutigen Tage erfolglos. Der Besitz von zwei Eishockey-Teams in derselben Liga stellt sich nicht mehr als gangbarer Weg dar, was bedauerlicherweise zu dieser schwierigen Entscheidung geführt hat.“
Freezers müssen in Kürze neuen Käufer finden
Eine Hintertür für die Freezers gibt es aber wohl doch noch, sollte ein neuer Käufer bis zum 24. Mai gefunden werden. Bis dahin muss die DEL-Lizenz für die kommende Saison eingereicht werden. Die Anschutz-Gruppe beabsichtige jedoch nicht, die Lizenz für die Freezers zu beantragen. Die Entscheidung wurde erst sechs Tage vor der Frist für die Beantragung einer DEL-Lizenz bekannt gegeben, da die Anschutz-Gruppe bis zum Ende hoffte, "eine Lösung zu finden", erklärte Miserendino.
Für die Spieler der Freezers bedeutet diese Entscheidung, dass sie ablösefrei auf dem Markt sind. Der langjährige Freezers-Verteidiger und -Kapitän Christoph Schubert reagierte schockiert auf das Aus seines Clubs und appellierte an die Hilfe aller Hamburger. "Wir haben 6 Tage. Das kann es nicht gewesen sein", schrieb der 34-Jährige bei Twitter.
Die Reaktion zeigt, wie überraschend der DEL-Rückzug für alle Spieler und Verantwortliche kam. Top-Stürmer Jerome Flaake zeigte sich erst zwei Stunden vor der offiziellen Verkündung gut gelaunt im Rahmen der Nationalmannschaft bei Facebook und fragte, wer sich das Viertelfinale der deutschen Kufencracks gegen Russland live im TV (Sport 1) ansehe. Spieler und Mitarbeiter seien erst im Laufe des Tages informiert worden, teilte Freezers-Geschäftsführer Uwe Frommhold, der es nach eigenen Angaben vergangenen Freitag erfuhr, mit.
DEL hofft noch auf die Rettung
Die DEL hofft nach dem Eishockey-Beben in den kommenden Tagen noch auf Interessenten. „Wir warten, bis die Lizenzierungsfrist abgelaufen ist. Falls sich die Freezers nicht mit einem neuen Eigentümer bewerben, greifen Nachrücker-Szenarien“, sagte DEL-Sprecher Matthias Schumann. Zum jetzigen Zeitpunkt könne die Liga noch nicht mehr Details nennen. „Die Nachricht kam völlig aus heiterem Himmel“, versicherte Geschäftsführer Gernot Tripcke.
Für Frommhold scheint das Aus beschlossen zu sein: „Ich habe noch ein Prozent Hoffnung, dass es doch noch weitergeht“, erklärte er. "Wir möchten uns hiermit bei allen Mitarbeitern und Spielern für ihren Einsatz bedanken. Gleiches gilt für das Engagement und die Unterstützung der Fans und Partner der Hamburg Freezers. Mit ihrer einmaligen Stimmung haben sie das Team immer motiviert und unterstützt.“ Für ihn sei die Entscheidung ebenfalls aus dem Nichts gekommen.
Arena steht nicht zum Verkauf
Die AEG-Entscheidung ist ebenso konsequent wie hart. „Wir sind uns der Folgen bewusst, ebenso der Schwierigkeiten, die diese insbesondere für die Angestellten, die Spieler, das Management und die Fans mit sich bringt“, sagte Miserendino. Aber das Ziel ist klar: Sein Unternehmen will sich in der DEL künftig ausschließlich auf den weitaus erfolgreicheren Rekordmeister Eisbären Berlin konzentrieren. Mehr sei finanziell nicht (mehr) möglich.
Frommhold, der zugleich Geschäftsführer der Barclaycard Arena ist, versicherte, dass die Halle nicht zum Verkauf stehe. "Die Arena ist profitabel und wird es auch bleiben." Man wolle sich in Zukunft anders ausrichten und die Arena noch flexibler machen.
Freezers standen schon mal zum Verkauf
2011 standen die "Eisschränke" schon einmal zum Verkauf, da sich die Anschutz-Gruppe neben den Eisbären Berlin nicht noch eine Mannschaft in der DEL leisten wollte. Damals wurde die Hamburger Privatbank M.M. Warburg damit beauftragt, einen neuen Investor zu finden. Sogar Red Bull wurde zu dieser Zeit Interesse an einem Kauf nachgesagt. Letztlich bekannte sich US-Milliardär Philip F. Anschutz aber doch zum Eishockey-Standort Hamburg.
Dennoch hätten die Freezers seitdem zum Verkauf gestanden. "Vor ein paar Jahren standen wir kurz vor einer Einigung mit einem neuen Partner", sagte Miserendino. Doch zu einer Übernahme kam es bekanntlich nicht. Die Überlegung, die Eisbären statt der Freezers zu verkaufen, spielten in den Gedanken der Anschutz-Gruppe keine Rolle. "Berlin ist deutlich erfolgreicher, deshalb gab es diesen Plan nie", erklärte Miserendino.
Für die Sportstadt Hamburg ist der Rückzug der Freezers der dritte schwere Rückschlag binnen eines halben Jahres. Im November 2015 war die Olympiabewerbung der Hansestadt bei einem Bürger-Referendum mehrheitlich abgelehnt worden. Im Januar meldeten die Handballer des HSV Hamburg Insolvenz an, der ehemalige Champions-League-Gewinner wird einen Neustart in der dritten Liga wagen.