Mexiko-Stadt. Erst platzt Hamiltons reifen, dann Vettels Traum: Mercedes-Mann Lewis Hamilton feiert vierten WM-Titel. Verstappen gewinnt in Mexiko.
Sebastian Vettel klatschte seinem Dauerrivalen Lewis Hamilton nach dem verlorenen WM-Kampf noch aus seinem Ferrari heraus Beifall, der neue Formel-1-Weltmeister aus England schnappte sich den Union Jack und feierte mit den 115.000 enthusiastischen Fans in Mexiko-City. Nach einem wahren Drama holte sich Mercedes-Pilot Hamilton mit Platz neun in Mexiko-Stadt zum vierten Mal den Titel in der Formel 1.
"Viva Mexico", rief der 32-jährige Engländer im Ziel und schnappte sich schnell ein Glas Champagner, nachdem er noch einige Donuts in den Asphalt gebrannt hatte: "Es war eine unglaubliche Reise mit dem Team in den letzten fünf Jahren. Ich bin sehr dankbar. Vier Titel fühlen sich surreal an. Ich habe bis zum Ende alles gegeben und widme das meiner Familie und dem Team."
Reifenplatzer zerstört Vettels Hoffnung
Vettels allerletzte WM-Hoffnung war zuvor schon nach wenigen Metern geplatzt, Hamilton konnte nach einem Startdrama hingegen entspannt angehen. Durch den Crash seines Rivalen in Rot war früh klar, dass Hamilton der Titel nach dem chaotischen Großen Preis von Mexiko bereits zwei Rennen vor Saisonende nicht mehr zu nehmen sein würde - weil Vettel am Ende nicht über Rang vier hinauskam.
Nachdem sich beim Hessen die erste Enttäuschung gelegt hatte, drückte er Hamilton in der Mixed-Zone, legte ihm freundschaftlich eine Hand auf die Schulter und gratulierte von Vierfach-Champion zu Vierfach-Champion. "Er hat einen herausragenden Job gemacht in diesem Jahr. Heute geht es nur um ihn, es ist sein Tag", sagte Vettel.
Nur mit einem Sieg hätte Vettel die WM-Entscheidung noch einmal vertagt, doch den Triumph in Mexiko-Stadt holte sich Max Verstappen (Red Bull) vor Valtteri Bottas (Finnland) im zweiten Silberpfeil. Dritter wurde Vettels finnischer Kollege Kimi Räikkönen. Doch das eigentliche Spektakel spielte sich dahinter ab.
Beim mit Spannung erwarteten Start vor 115.000 Zuschauern schenkten sich Polesetter Vettel, Hamilton und Verstappen nichts. Vettel und Verstappen berührten sich in der zweiten Kurve, Vettel verlor seinen Frontflügel und schlitzte Hamilton dann den rechten Hinterreifen auf. Hamilton wollte danach sofort von der Box wissen, ob das Absicht gewesen sei. "Wir sind nicht sicher", war die Antwort. Eine Untersuchung durch die Rennleitung wurde aber nicht eingeleitet.
Lewis Hamilton wurde nur 22.
Und während der Red Bull von Verstappen im ganzen Chaos unbeschadet blieb, fielen Vettel und Hamilton ans Ende des Feldes zurück. Der Brite verlor sogar über eine Minute, weil er sich mit seinem Plattfuß in die Box quälen musste. Danach arbeitete sich Vettel durch das Feld, doch Hamilton hatte weiter Probleme und wurde im 22. Umlauf sogar von Verstappen überrundet.
Doch Hamilton wird es verkraften können, er ist nun einer der erfolgreichsten Fahrer der Formel-1-Geschichte. Der 32-Jährige zog nach Titeln mit Alain Prost (Frankreich) und Vettel gleich. Nur Rekordweltmeister Michael Schumacher mit sieben Triumphen und Juan Manuel Fangio (Argentinien) mit fünf setzten sich häufiger die WM-Krone auf. Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff gratulierte dem neuen Weltmeister im Boxenfunk: "Es war nicht das Rennen, das du wolltest, aber egal!" Team-Aufsichtsratschef Niki Lauda fügte an: "Danke, danke, danke, danke! Viermal danke!"
Nico Hülkenberg (Emmerich) musste das Rennen nach Problemen an seinem Renault früh aufgeben, Sauber-Pilot Pascal Wehrlein (Worndorf) landete auf Rang 14.
Hamilton in diesem Jahr nicht zu schlagen
Dass Hamilton seinen zurückgetretenen Teamkollegen Nico Rosberg als Weltmeister ablösen würde, hatte sich in den vergangenen Wochen abgezeichnet - die Frage war nur noch wann. Noch Anfang September lag der 32-Jährige sieben Punkte hinter Vettel zurück, doch technische Probleme in Malaysia und Japan sowie ein selbst verursachter Startunfall in Singapur warfen den Deutschen massiv zurück. Und so wurde es für den Heppenheimer auch in seiner dritten Saison mit der Scuderia nichts mit der erhofften Rückkehr auf den PS-Thron.
Hamilton war in diesem Jahr einfach nicht zu schlagen, der PS-Popstar konnte sich auch auf seine Technik verlassen und leistete sich kaum einen Wackler, geschweige denn echten Fehler. Er selber sieht sich in diesem Jahr auf einem "neuen Level" angekommen, sagte er: "Ich fühle mich so gut wie nie zuvor, physisch und mental."
Und so konnte es sich Hamilton mit seinem komfortablen WM-Vorsprung im Rücken in Mexiko sogar leisten, nach dem Startdrama nicht mehr volles Risiko fahren zu müssen. Er ließ sich auf den Stand halten, was Vettel machte und holte zur eigenen Beruhigung noch einige Punkte.