Melbourne/Hamburg. Mercedes-Pilot offeriert Ferrari-Konkurrenten einen Spionage-Besuch. Deutscher Motorsportchef schlägt Red Bull Gang zur Klagemauer vor.
Der viermalige Formel-1-Champion Sebastian Vettel (Heppenheim) hat jetzt auch ganz offiziell die Erlaubnis für einen "Spionage-Besuch" beim Konkurrenten Mercedes. Vize-Weltmeister Nico Rosberg (Wiesbaden) lud den Ferrari-Piloten zur Taktikbesprechung der Silberpfeile vor dem Großen Preis von Malaysia (29. März) ein. "Ich habe das inzwischen mit unserem Teamchef Toto Wolff geklärt. Sebastian darf kommen", schrieb Rosberg in seiner Kolumne für die Bild-Zeitung.
"Also Seb, ich hoffe, du liest das hier: Hiermit lade ich dich offiziell ein, am Freitag in Malaysia bei unserem Ingenieurs-Meeting um 16 Uhr vorbeizukommen. Wir freuen uns auf dich!", schrieb Rosberg weiter.
Der 29-Jährige bezog sich damit auf ein unterhaltsames Wortgefecht der beiden Fahrer auf der Pressekonferenz nach dem Saisonauftakt in Australien, bei dem Rosberg und Vettel die Plätze zwei und drei hinter Weltmeister Lewis Hamilton (England/Mercedes) belegt hatten.
Auf Rosbergs Äußerung, er hoffe darauf, dass Ferrari bald mit den Silberpfeilen mithalten könne, entgegnete Vettel: "Das hoffst du wirklich? Im Ernst? Ihr habt mit 30 Sekunden Vorsprung gewonnen, und du hoffst, wir kriegen euch? Also hoffst du, dass ihr langsamer werdet?"
Rosberg beharrte darauf, dass er sich im Sinne der Spannung ein engeres Duell wünsche - und Vettel schlug eine öffentliche Mercedes-Garage in Malaysia vor. Daraufhin hatte der Vizeweltmeister bereits eine erste Einladung ausgesprochen.
Hamilton siegt im ersten Rennen
Die Silberpfeile scheinen auch 2015 das Maß aller Dinge, der Drittplatzierte Vettel ging in seinem ersten Rennen für Ferrari mit über 34 Sekunden Abstand zu Mercedes-Pilot Nico Rosberg über die Ziellinie. Auch in den internationalen Medien wird die Überlegenheit von Mercedes thematisiert. „Mercedes kommt vom Mars, dahinter steckt Vettel“, berichtete die Gazzetta dello Sport aus Italien. Die spanische Marca schrieb: „Die WM begann genauso, wie sie letzte Saison zu Ende ging. An der Spitze der Formel 1 geht das Leben normal weiter.“
Red Bull übt Kritik an FIA
Angesichts des überlegenen Doppelsieges der Silberpfeile keimt im ehemaligen Weltmeisterteam Red Bull wie bereits im abgelaufenen Jahr bereits Kritik auf. Christian Horner, Teamchef der „Roten Bullen“, hatte nach dem souveränen Sieg von Lewis Hamilton und dem zweiten Platz von Rosberg über drohende Langeweile in der Königsklasse des Motorsports geklagt. Er forderte sogar die Regelbehörde FIA zum Handeln auf, um wieder Gleichstand unter den Teams herzustellen. Als Red Bull gewonnen habe, sei alles unternommen worden, um das Team wieder einzufangen, behauptete der britische Teamchef.
Wie angeschlagen Red Bull, von 2010 bis 2013 vier Jahre in Folge Weltmeister, nach dem sechsten Rang von Lokalmatador Daniel Ricciardo und dem Aus in der Einführungsrunde von Daniil Kwjat ist, machte auch die Drohung von Motorsportberater Helmut Marko deutlich: „Wir sind unzufrieden damit, wie die Formel 1 regiert und geführt wird. Deshalb wird bei uns auch über ein Ausstiegs-Szenario nachgedacht, wenn die Kosten/Nutzenrechnung nicht mehr aufgeht“, zitierte ihn „Auto, Motor und Sport“.
Mercedes-Chef mit Seitenhieb
Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff hat mit Unverständnis auf die Vorwürfe der Konkurrenz reagiert. Den Kritikpunkt des Red Bull-Rennstalls, der eingesetzte Renault-Motor sei ziemlich unfahrbar und das Äquivalent im Mercedes-Boliden leiste wahrscheinlich 100 PS mehr, konterte Wolff mit dem Vorwurf einer mangelnden Arbeitsethik.
Man solle bei Red Bull und Motorzulieferer Renault einfach die Köpfe zusammenstecken und hart arbeiten, sagte der Österreicher in Richtung Konkurrenz. Zudem schlug der Motorsportchef aufgrund der wiederkehrenden Beschwerden vor: „Es gibt da in Jerusalem eine Mauer, vor die Du dich stellen kannst und klagen. Vielleicht sollten sie dahin gehen.“ (sid/HA)