Lotus wollte den Champion zu einem Comeback überreden. Doch dieser „ist in seinem neuen Leben angekommen“, erklärte seine Managerin.
Austin. Plötzlich sehnt sich die Formel 1 wieder nach Michael Schumacher. Die Nachricht vom Comeback-Angebot von Lotus elektrisierte vor dem vorletzten Saisonrennen in Texas am Sonntag die Branche. Eine Blitz-Rückkehr des Rekordweltmeisters, das hätte die Fantasien von Fans und TV-Machern noch einmal beflügeln können, nachdem Dauersieger Sebastian Vettel mit seinem frühzeitigen Titelgewinn schon fast alle Spannung aus dem Endspurt entfernt hat. Doch Schumacher will nicht mehr, auch nicht für nur zwei Rennen als Ersatz für Kimi Räikkönen. Wie Sauber-Pilot Nico Hülkenberg lehnte der 44-Jährige die Anfrage von Lotus nach etwas Bedenkzeit ab.
„Er ist in seinem neuen Leben angekommen“, erklärte Schumachers Managerin Sabine Kehm. Marken-Botschafter, Benefiz-Fußballer, Hobby-Pilot und immer noch Sponsoren-Magnet – Langeweile ist auch im Formel-1-Ruhestand ein Fremdwort für den siebenmaligen Champion. Doch Schumacher wäre nicht Schumacher, wenn er nicht zumindest kurz ernsthaft über ein zweites Comeback nachgedacht hätte.
An der Fitness wäre es kaum gescheitert. „Ich halte mich fit, Sport macht mir Spaß. Und ich will ja auch nicht die Pölsterchen, die irgendwann den Gürtel verdecken“, sagte Schumacher in dieser Woche bei einem Sponsorentermin. Dazu seine enorme Erfahrung, seine Wirkung auf die Gegner und seine Strahlkraft bei Geldgebern – der Reiz für Lotus ist leicht zu erklären.
Nur wenige Tage hatte der Rennstall aus dem britischen Enstone Zeit, einen Vertreter für Räikkönen zu finden. Der Finne wollte sich wegen akuter Rückenbeschwerden am Donnerstag in Salzburg operieren lassen und fällt vier Wochen aus. Da Schumacher mit einer Größe von 1,74 Meter nur einen Zentimeter kleiner als der „Iceman“ ist, wären im Lotus-Cockpit wohl auch keine größeren Umbauten nötig gewesen. Anders als beim 1,84 Meter großen Hülkenberg, der sich nach einer Sitzprobe in Enstone für einen Verbleib bei Sauber entschied.
„Ich finde es nicht ungewöhnlich, dass man bei ihm nachfragt“, meinte die Schumacher-Vertraute Kehm. Längst hätten viele ihre Bewertung von Schumachers Comeback-Jahren im Mercedes korrigiert. Nach drei Jahren Pause war der 91-malige Grand-Prix-Sieger 2010 im Silberpfeil auf die Strecke zurückgekehrt. Doch mehr als ein dritter Platz gelang ihm nicht, wohl vor allem wegen der Schwäche des Autos.
Zumeist war er auf Augenhöhe mit Nico Rosberg, der in diesem Jahr schon zwei Rennen gewann und sich ein enges Duell mit Schumachers Nachfolger Lewis Hamilton liefert. „Er fuhr ebenbürtig zu Nico, Nico fährt ebenbürtig zu Lewis“, lautet Sabine Kehms Formel. Dies habe eben auch die Lotus-Spitze in ihren Überlegungen bestärkt.
Doch Schumacher schlug die Chance auf ein weiteres Duell der Generationen mit seinem Erben Vettel aus. „Ich habe die Formel 1 geliebt, sie war lange mein Leben, aber es war auch klar, dass diese Phase meines Lebens irgendwann zu Ende gehen muss“, hatte Schumacher vor wenigen Wochen erklärt. Er schaue mit viel Zufriedenheit zurück, jetzt aber stehe die Familie im Fokus. „Kurz und knapp: uns geht es gut.“ Warum also noch mal den Ruf und die Gesundheit riskieren?
So bleibt Lotus nur die dritte Wahl. Der Finne Heikki Kovalainen wird Medienberichten zufolge wohl den Aushilfsjob übernehmen. Der 32-Jährige ist derzeit Ersatzfahrer bei Caterham, hat aber immerhin schon 109 Grand Prix bestritten. Einen davon gewann er, 2008 in Ungarn im McLaren. Solide Zahlen – aber eben kein Schumacher.