Berlin. Der VfL Bochum hofft nach dem 1:1 bei Union Berlin auf drei Punkte vor dem DFB-Sportgericht. Sportlich machte das Team den nächsten Schritt.
Es war tief in der Nacht zu Sonntag, als Patrick Drewes wieder in Bochum ankam. Die Laune des Torhüters dürfte sich in Grenzen gehalten haben. Sein Aufenthalt in Berlin hatte sich nach der Partie des VfL Bochum beim 1. FC Union (1:1) unfreiwillig verlängert, nachdem der Keeper in der Nachspielzeit mit einem Feuerzeug am Kopf getroffen worden und zusammengesackt war. Minutenlang musste er vor dem Union-Fanblock behandelt werden, der Partie drohte aufgrund des Kopftreffers der Abbruch. Nachdem sie nach rund einer halben Stunde Pause trotzdem noch einmal angepfiffen und die letzten Minuten mit einem Nicht-Angriffs-Pakt beider Teams heruntergespielt wurden, musste Drewes ins Krankenhaus.
Er klagte über Kopfschmerzen, Übelkeit und Unwohlsein, in der Klinik wurden mehrere Tests durchgeführt, erklärte der Verein. Immerhin: Eine Gehirnerschütterung erlitt er durch den Treffer nicht, weshalb er mit dem Mannschaftsarzt des VfL die Heimreise antreten durfte. Vorsichtshalber setzte er am Sonntag dennoch mit dem Training aus, am Montag hat die Mannschaft wie geplant frei. Ob der Torhüter dann am Dienstag wieder dabei sein wird, ist derzeit noch offen.
VfL Bochum gegen Union: Nachspiel vor dem DFB-Sportgericht
Wie für Drewes wird das Spiel auch für beide Vereine ein Nachspiel haben. VfL-Geschäftsführer Ilja Kaenzig kündigte noch in den Katakomben des Stadions an der Alten Försterei einen Einspruch vor dem DFB-Sportgericht am Montag an. „Aus unserer Sicht hätte der Schiedsrichter das Spiel abbrechen müssen. Wir haben mitgeteilt, dass wir das Spiel mit Protesthinterlegung zu Ende bringen werden“, sagte der Schweizer. „Es kann ja nicht der Maßstab sein, ob jemand verletzt, schwer verletzt, ohnmächtig oder sonst was ist. Das Regelwerk ist ganz klar. Wir hatten unser Wechselkontingent ausgeschöpft, der sportliche Nachteil war gegeben.“ Weil Trainer Dieter Hecking die maximal erlaubten drei Wechselphasen bereits genutzt hatte, ging Stürmer Philipp Hofmann ins Tor. Der VfL Bochum hofft nun auf drei Punkte am Grünen Tisch.
Die Chancen stehen laut des Dortmunder Sportanwalts Markus Buchberger nicht schlecht. „Ich beurteile die Erfolgschancen des VfL Bochum, eine andere Spielwertung zu erreichen, als realistisch“, erklärte er dieser Redaktion und verwies auf die Verletzung und den dadurch resultierenden sportlichen Nachteil. Auch die DFB-Verfahrensordnung dürfte den Bochumern in die Karten spielen. Laut Paragraf 17, Satz 2, b, in dem Einsprüche gegen Spielwertungen geregelt werden, sei ein Einspruch gerechtfertigt, so der Anwalt. Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) erklärte am Sonntag zunächst, dass Schiedsrichter Petersen in puncto Unterbrechung und Spielfortsetzung „korrekt“ entschieden habe.
Bei ähnlich gelagerten Fällen entschied das DFB-Sportgericht mehrfach zu Gunsten der Gastvereine. So unter anderem auch bei einem Zwischenfall mit dem Schiedsrichter Martin Petersen, der auch am Samstag das Spiel leitete. 2015 wurde er in der DFB-Pokal-Begegnung zwischen dem VfL Osnabrück und RB Leipzig selbst mit einem Feuerzeug aus dem Heimblock am Kopf getroffen. Das Spiel wurde abgebrochen – und am Grünen Tisch für die Sachsen gewertet.
Auch in Bochum gab es im März 2022 einen Abbruch, als Schiedsrichter-Assistent Christian Gittelmann von einem Bierbecher am Kopf getroffen worden war. Die Partie wurde mit 2:0 für Mönchengladbach gewertet. Allerdings: Bei beiden Abbrüchen waren Mitglieder des Schiedsrichter-Teams betroffen. Diesmal war ein Spieler der Leidtragende.
Feuerzeugwurf als Wendepunkt in VfL-Saison?
Sollte Bochums Einspruch nun vor dem DFB-Sportgericht erfolgreich sein, könnte dieses Spiel bei Union Berlin so etwas wie der Wendepunkt der Saison für den VfL bedeuten. Ohnehin holte die Mannschaft den ersten Auswärtspunkt, doch ein Sieg als Spielwertung könnte einen enormen Schub vor allem vor der wegweisenden Partie gegen den 1. FC Heidenheim am Sonntag (15.30 Uhr, DAZN) bedeuten, nachdem die Mannschaft von Dieter Hecking sportlich in Berlin überzeugte. Obwohl sie nach dem Platzverweis für Koji Miyoshi, der somit wie Gerrit Holtmann (Adduktorenprobleme) gegen Heidenheim fehlen wird, gut 80 Minuten in Unterzahl spielte, hielt sie Union weitgehend vom eigenen Tor entfernt. Der Ausgleichstreffer von Benedict Hollerbach (33.) war eine der wenigen Ausnahmen. Und auf der anderen Seite war der VfL selbst gefährlich, was sich nicht nur beim Premierentreffer von Ibrahima Sissoko (23.) widerspiegelte.
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„Meine Mannschaft hat genau das gezeigt, was sie auszeichnet: Nie aufgeben, immer an sich glauben“, sagte Hecking. Ein Sieg gegen Heidenheim könnte „das Licht heller leuchten lassen“. Wenn dann noch zwei Punkte am Grünen Tisch hinzukommen würden, wäre Weihnachten an der Castroper Straße um einiges entspannter, als man es noch vergangene Woche hätte erwarten können.