Dortmund. Eine neue Dokumentation nährt Zweifel am Alter des aktuell verliehenen BVB-Profis Youssoufa Moukoko und erhebt Vorwürfe gegen den Klub.
Das Alter kann im Fußball darüber entscheiden, in welche Höhen der Marktwert steigt, ob Werbekunden Schlange stehen, ob die Manager von europäischen Topklubs anrufen. Youssoufa Moukoko hat immer deswegen fasziniert, weil er in jungen Jahren Unglaubliches geleistet hat, weil er Rekorde pulverisierte. Diese Aufmerksamkeit hat ihm Millionenverträge eingebracht, sie hat genauso Erwartungen geweckt, die er bislang nicht erfüllen kann. Borussia Dortmund hat den 20-Jährigen in dieser Saison an den französischen Erstligisten OGC Nizza verliehen, dort sitzt der Angreifer meist auf der Bank.
Von Beginn an begleiteten Moukoko auch Zweifel, ob sein Alter stimme, ob dieses Talent in Wahrheit nicht schon älter sei. Nun nährt die sehenswerte ProSieben-Fußball-Doku „Tricksen, Schummeln, Täuschen – Das Millionengeschäft mit den Fußball-Talenten“, die am Sonntagabend, 15. Dezember, ausgestrahlt wird, diese Skepsis. Darin enthaltene Dokumente, die diese Redaktion einsehen konnte, suggerieren, dass die Aufsteiger-Geschichte des Fußballers aus Kamerun mit einer Lüge begonnen haben könnte.
Youssoufa Moukoko und sein Umfeld haben die Vorwürfe immer bestritten
Im Film wird Joseph Moukoko zitiert, offiziell Vater des Fußballers, mit dem der aber vor einiger Zeit gebrochen hat. Er sagt, dass er dem BVB-Profi eine falsche Geburtsurkunde besorgt habe. „Damit bin ich dann zur Botschaft gegangen und habe ihm einen Pass besorgt und ihn dann als meinen Sohn mit nach Deutschland genommen.“ Und: „Wir haben ihn vier Jahre jünger gemacht.“ Alle Zitate Joseph Moukokos werden in der Dokumentation als Gedächtnisprotokolle wiedergegeben.
Youssoufa Moukoko und sein Umfeld haben diese Vorwürfe immer bestritten. Aktuell wollte man sich weder gegenüber dem Filmteam noch auf Nachfrage dieser Redaktion äußern.
BVB äußert sich zu Vertragsinhalten nicht - auch nicht bei Youssoufa Moukoko
Die Dokumentation wirft allgemein ein Licht auf den Handel mit afrikanischen Talenten, bei dem Teenager mit nach Europa gelockt werden, weil Berater das große Geschäft wittern. Und sie bringt auch Borussia Dortmund in Erklärungsnot. „Wir haben Arbeitsverträge bekommen. Meine Frau wurde bei einer Agentur, die für den BVB-Sponsor Evonik arbeitet, angestellt, ich direkt beim BVB. So haben wir jeden Monat Geld erhalten. Wir haben nicht gearbeitet. Wir haben das Geld so bekommen“, sagt Joseph Moukoko.
Eine Kopie des Arbeitsvertrags liegt dieser Redaktion vor. Abgeschlossen wurde dieser im Jahr 2018, als Moukoko noch im Dortmunder Nachwuchs spielte, und war befristet bis 2020. Danach sollte Joseph Moukoko von Borussia Dortmund 10.000 Euro erhalten, später sogar 20.000 Euro pro Monat – für „Tätigkeiten in den Bereichen Scouting, Videoresearch und Matchanalysis“, wie es in dem Papier heißt. Unterschrieben ist es von BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke und dem damaligen Sportdirektor Michael Zorc. Der BVB teilt auf Nachfrage mit, dass sich Borussia Dortmund grundsätzlich in der Öffentlichkeit nicht zu Vertragsinhalten äußere.
Wie so häufig im Leben lässt sich diese Geschichte nicht so einfach in Gut und Böse unterteilen, es gibt Zwischentöne, es gilt die Unschuldsvermutung. Alles beginnt in Jaunde, einer Millionenstadt in Kamerun. Hier wächst Youssoufa Moukoko in ärmlichen Verhältnissen auf und ist ein großes Fußballtalent. „Wir haben auf der Straße gezockt. Manchmal barfuß, nur mit Flaschen, weil kein Ball da war. Ich bin morgens weg von zu Hause, um Fußball zu spielen, und abends zurückgekommen“, hat der BVB-Profi einmal im Interview mit dieser Redaktion erzählt.
Bereits als 15-Jähriger schaffte Youssoufa Moukoko den Sprung zu den BVB-Profis
Die offizielle Version lautet, dass Moukokos deutscher Vater seinen Sohn im Sommer 2014 nach Hamburg geholt hat, dort wurde auch eine deutsche Geburtsurkunde auf Grundlage der kamerunischen Dokumente nachbeurkundet. In Hamburg spielte Moukoko erst beim FC St. Pauli, wechselte zu Borussia Dortmund, knackte Rekord um Rekord und wurde bereits als 15-Jähriger in den Profikader des damaligen Trainers Lucien Favre befördert. Oder war doch alles anders?
In einer eidesstattlichen Versicherung, die dieser Redaktion in Kopie vorliegt, versichert Joseph Moukoko nun, dass Youssoufa Moukoko nicht der leibliche Sohn von ihm und seiner Frau Marie sei. Wörtlich heißt es dort: „In Kenntnis der Strafbarkeit einer falschen eidesstattlichen Versicherung erkläre ich (...): Youssoufa Moukoko ist nicht der leibliche Sohn von mir und meiner Ehefrau Marie Moukoko. Er ist auch nicht am 20. November 2004 in Jaunde, Kamerun, geboren.“ Laut der ProSieben-Doku soll es sich stattdessen bei Youssoufa Moukoko um den vier Jahre älteren Youssoufa Mohamadou handeln. Seine Eltern sollen immer noch in Jaunde leben, mittlerweile aber durch das Geld ihres Sohnes aus dem Armenviertel in eine wohlhabende Gegend gezogen seien. In der Dokumentation wollen sie sich gegenüber dem eigens nach Jaunde gereisten Filmteam nicht äußern.
Im Interview mit dieser Redaktion hat Moukoko auch erzählt, dass ihn die Diskussion über sein Alter sehr belastet hätten. „Ich wollte mir das nicht mehr antun. Ich wollte aufhören“, sagte er.
Beim BVB hat Moukoko einen Vertrag bis 2026, sein Gehalt liegt bei knapp sechs Millionen Euro im Jahr. Der Verein verweist auf die offizielle deutsche Geburtsurkunde seines Spielers. Sein bislang letztes Tor hat der Stürmer übrigens im deutschen Trikot geschossen – im November 2024 traf er für die U21.