Frankfurt. Der DFB stimmt für die WM 2034 in Saudi-Arabien – weil die Sorge vor Isolierung schwerer wiegt als die Bedenken gegen den Ausrichter.

Für den kommenden Dienstag hat sich Besuch beim Deutschen Fußball-Bund angekündigt: Ein Bündnis verschiedener Fanorganisationen will am Internationalen Tag der Menschenrechte vor der Verbandszentrale ein Zeichen setzen. Gegen die Vergabe der Fußballweltmeisterschaft 2034 an Saudi-Arabien, die tags darauf im Kongress des Fußballweltverbands Fifa ansteht – und bei der auch DFB-Präsident Bernd Neuendorf abstimmen wird.

Hört man allerdings am Freitagmittag jenem Neuendorf zu, wie er in der schicken DFB-Akademie über sein Abstellungsverhalten spricht, wird schnell klar, dass die Fanvertreter sich die Anreise auch sparen könnten. Das DFB-Präsidium, so sagt es der Präsident, habe am Freitag einstimmig beschlossen, „dass wir der Vergabe 2030, aber auch 2034 nach Saudi-Arabien zustimmen werden.“

DFB steht geschlossen hinter Ja zu Saudi-Arabien

Auch die Landesverbände stimmten dem zu. „Es gab keine einzige Stimme, die gesagt hat, dass wir hier falsch unterwegs sind. Die Entscheidung wird vom gesamten Verband unterstützt.“ Auch von den Ligavertretern, die sich hinter die Linie stellten – mit BVB-Boss Hans-Joachim Watzke „an der Spitze“, wie Neuendorf betont.

Es ist keine Entscheidung, die mit allergrößter Begeisterung getroffen wurde, das klingt mehr als deutlich durch: Immer wieder, versichert der DFB-Chef, habe er sich die Frage gestellt: „Ist das für dich vertretbar? Hält man das durch bei der Kritik, die kommen wird?“ Dann habe er eine Entscheidung getroffen, bei der er „noch in den Spiegel schauen“ könne – nämlich eine Entscheidung für das Gastgeberland, dem Menschenrechtsorganisationen ein besorgniserregendes Zeugnis ausstellen.

Human Rights Watch übt scharfe Kritik

Erst in dieser Woche berichtete Human Rights Watch von Zwangsarbeit, grassierendem Lohndiebstahl, unzureichendem Schutz vor extremer Hitze und nicht untersuchten Todesfällen von Arbeitern. Vieles klingt noch kritischer als vor der WM 2022 in Katar beschrieben.

Die Fifa dagegen schrieb in ihrem Prüfbericht von einem „mittleren Risiko“ in Sachen Menschenrechte – und berief sich dabei praktischerweise auch auf eine Bewertung einer in Saudi-Arabiens Hauptstadt Riad ansässigen Kanzlei. Wenn dieser Bericht vorliege, dann könne man sich auch zu Saudi-Arabien positionieren, mit der Begründung hatte sich der DFB lange um klare Aussagen herumgedrückt.

Fifa-Präsident Gianni Infantino trickste zugunsten Saudi-Arabiens

Nun ist der Bericht da, die Vergabe an die Wüstenmonarchie aber nur noch Formsache und so liefert Neuendorf am Freitag vor allem wortreiche Erklärungen für die Zwickmühle, in der er steckte. Und über die Sorge, sich in der Fußballwelt zu isolieren, wenn man gegen Saudi-Arabien stimmt – was auch rein technisch schwierig geworden wäre: Abgestimmt wird am Mittwoch en bloc, mit der WM 2034 soll auch das Turnier 2030 vergeben werden, und stimmt er DFB gegen das eine, stimmt er auch gegen das andere und damit gegen seine Uefa-Partner Spanien und Portugal mit Marokko, Uruguay, Argentinien und Paraguay.

Es ist einer von vielen Tricks, mit denen Fifa-Präsident Gianni Infantino sicherstellte, dass es ein Votum für die von ihm massiv unterstützte Wüsten-WM geben würde. Aber: Jedes Mal, wenn die Spielregeln zugunsten der Saudis geändert wurden, stimmte im Fifa-Rat auch Neuendorf dafür. Warum? Weil die Entscheidung ohnehin so ausgefallen wäre und weil man sich mit einer Gegenstimme in der Welt der Fußballfunktionäre einfach nur ins Abseits gestellt hätte.

DFB-Präsident Bernd Neuendorf will auf Dialog setzen

„Uns allen sind die Situation der Bürgerrechte und die Repressalien in Saudi-Arabien bewusst, das ist nichts, das wir in irgendeiner Form gutheißen“, sagt Neuendorf. Man erreiche aber keine Verbesserung, wenn man sich isoliere: „Wenn wir etwas erreichen wollen, so klein es auch sein mag, geht das nur über Dialog.“

Die Demonstranten am Dienstag werden das sicherlich anders sehen.