Baku. Das Stadtrennen in Aserbaidschan bietet einen engen Kampf um den Sieg. Das bessere Ende hat McLaren-Pilot Oscar Piastri für sich.

Jungspund Oscar Piastri lässt McLaren mit seinem Krimi-Sieg in Baku vom ersten Formel-1-Teamtitel seit 1998 träumen. Der eigentlich gerade erst zur Nummer zwei hinter seinem Stallrivalen Lando Norris degradierte Australier zeigte beim Grand Prix in Aserbaidschan seine Klasse und fuhr knapp vor Ferrari-Star Charles Leclerc als Erster ins Ziel. Weil WM-Anwärter Norris von Startplatz 15 eine Aufholjagd bis auf Rang 4 gelang, zog McLaren in der Teamwertung an Max Verstappens Red-Bull-Rennstall vorbei.

Überschäumender Jubel sieht anders aus. Oscar Piastri nach seinem Sieg in Baku
Überschäumender Jubel sieht anders aus. Oscar Piastri nach seinem Sieg in Baku © AFP | NATALIA KOLESNIKOVA

Verstappen kämpfte erneut mit seinem störrischen Auto und wurde nur Fünfter. Sein Vorsprung in der Fahrerwertung vor Norris schrumpfte auf 59 Zähler, weil der Brite sich noch den Zusatzpunkt für die schnellste Runde holte. In den Schlussrunden musste das Rennen neutralisiert werden, weil Verstappens Teamkollege Sergio Pérez und Ferrari-Fahrer Carlos Sainz im Kampf um einen Podiumsplatz kollidierten.

So wurde George Russell im Mercedes noch Dritter. Nico Hülkenberg fuhr über Trümmerteile und rutschte im Haas als Elfter noch aus den Punkterängen. «Das war der stressigste Tag meines Lebens», funkte Sieger Piastri an seine Box. Es war sein zweiter Karriere-Erfolg nach dem Sieg in Ungarn im Juli.

McLaren-Teamorder vor dem Rennen

Noch vor dem 17. Saisonlauf am Kaspischen Meer hatte McLaren nach längerem Zögern Norris den Nummer-1-Status gewährt. Im Kampf um den Fahrertitel sollte der Brite künftig den Vorzug vor Piastri erhalten, der australische Jungstar stellte Schützenhilfe in Aussicht. Doch prompt verpatzte Norris die Qualifikation in Baku.

Von der Pole Position nahm zum vierten Mal in Serie in Aserbaidschan Leclerc das Rennen auf. Kein gutes Omen: Ein Sieg war dem 26-Jährigen bei den drei Versuchen davor nicht gelungen. Doch beflügelt von seinem jüngsten Sieg beim Ferrari-Heimspiel in Monza behauptete Leclerc souverän in den ersten Kurven Platz eins und blieb zunächst auch locker vorn, als sich das Feld sortiert hatte.

Red Bull kämpft gegen Formschwäche 

Dahinter folgten Piastri und Vorjahressieger Pérez im Red Bull. Verstappen, der mit seiner Qualifikation als Sechster nicht zufrieden war, verbesserte sich auf den ersten Kilometern auf Rang fünf. Die Formkrise, in die Red Bull über den Sommer gerutscht war, zeigte sich auf dem Stadtkurs nicht so deutlich wie zuletzt in Monza. Doch die Überlegenheit der ersten Saisonmonate, als der Dreifach-Weltmeister sieben von zehn Rennen gewann, ist lange dahin.

Es werde Zeit brauchen, bis Red Bull die Sorgen mit dem Auto behoben habe, ließ Teamchef Christian Horner in Baku wissen. „Es ist das eine, das Problem zu verstehen. Es ist etwas anderes, es zu lösen und die Teile ans Auto zu bekommen, mit denen man das hinbekommt“, erklärte Horner.

Vor allem auf der Jagd nach dem Konstrukteurstitel drängt für den Branchenführer die Zeit. McLaren und Ferrari hatten in den Vorwochen mächtig Boden gutgemacht und brachten offenkundig auch das stärkere Paket mit nach Aserbaidschan. Umso ärgerlicher war es besonders für Norris, dass er sich die Chance auf den Sieg und viele Punkte schon am Samstag verbaut hatte. 

Enges Duell an der Spitze

Immerhin lief die Aufholjagd des 24-Jährigen zunächst nach Plan. Schnell hatte er sich unter die besten Zehn verbessert, vor seinem ersten Reifenwechsel war er sogar Fünfter. Noch besser lief es für seinen Stallgefährten Piastri. Mit frischen Gummiwalzen attackierte er Leclerc und quetschte sich in Runde 20 am Ferrari-Piloten vorbei an die Spitze.

Ganz eng hintereinander jagten nun Piastri, Leclerc und Pérez dahin. Dahinter duellierten sich Norris und Verstappen, der über Bremsprobleme und die schlechte Balance seines Dienstwagens klagte. Trotz neuer Reifen kam der Niederländer einfach nicht an seinem Titelrivalen vorbei, der seinen ersten Boxenstopp lange hinauszögerte. Als Norris dann auch auf frische Pneus wechselte, krönte er seine starke Rennleistung. Rund 15 Sekunden Rückstand auf Verstappen holte Norris auf und kam kurz vor Ende wieder vorbei. 

Derweil lieferten sich Piastri und Leclerc rundenlang einen packenden Zweikampf. Mittels der Überholhilfe DRS kam der Ferrari-Fahrer auf der Zielgeraden mehrfach ganz nah an den jungen Australier heran, doch Piastri verteidigte sich immer wieder geschickt. Kurz vor Schluss musste sich Leclerc dann geschlagen geben.