Herzogenaurach. Bundestrainer Julian Nagelsmann hat vor der Nations League zwei große Entscheidungen getroffen. So plant er den Weg zur WM 2026.

Vom Pratt & Whitney Stadion im US-Bundesstaat Connecticut bis zum MetLife-Stadion in New Yersey sind es nur zwei Stunden mit dem Auto. Eine kurze Fahrt, die für Julian Nagelsmann die größte Reise seines Trainerlebens bedeuten könnte. In Hartford war der Bundestrainer vor einem Jahr am 14. Oktober mit dem Spiel gegen die USA (3:1) in seine neue Mission gestartet. In New Yersey könnte sie in zwei Jahren enden. Dort findet am 19. Juli 2026 das Finale der nächsten Fußball-WM statt. Dass Nagelsmann Weltmeister werden will, hatte er bereits vor acht Wochen am Tag nach dem bitteren Viertelfinal-Aus bei der Heim-EM gesagt.

Am Montag saß Nagelsmann erneut auf dem Pressepodium bei Adidas in Herzogenaurach, wo er vor zwei Monaten noch gegen die Tränen angekämpft hatte. Nun startete der Bundestrainer gut erholt in seine neue Mission, die am Samstag in Düsseldorf mit dem Nations-League-Spiel gegen Ungarn beginnt und im besten Fall im WM-Finale 2026 ihren Höhepunkt erreichen soll. Passend dazu trug Nagelsmann zu Beginn der Pressekonferenz eine Trainingsjacke mit einem wie Flügel aussehenden Kragen, mit dem der 37-Jährige auch direkt Richtung Amerika hätte abheben können. „Wir wollen das Fundament für die WM legen“, sagte Nagelsmann und machte damit direkt deutlich, wie er den Schwerpunkt seiner Reise in den kommenden Monaten ausrichten will.

Fußball-Nationalmannschaft - Pressekonferenz Nagelsmann
Julian Nagelsmann hat das EM-Aus zwei Monate später gut verarbeitet. © DPA Images | Daniel Löb

Es ist viel passiert in der Nationalmannschaft seit dem emotionalen Ende der DFB-Auswahl bei der Heim-EM. Mit Manuel Neuer, Thomas Müller und Toni Kroos haben die letzten drei verbliebenen Weltmeister von 2014 ihre Karriere in der Nationalmannschaft beendet. Zudem ist auch Kapitän Ilkay Gündogan aus der DFB-Elf zurückgetreten. Nun will Deutschland eine neue Weltmeister-Generation schaffen. Allen voran mit Joshua Kimmich, der ab sofort der neue Kapitän der DFB-Auswahl ist. Das verkündete Nagelsmann am Montag. „Josh ist mit seiner Art und Weise als Profifußballer ein Vorbild, der mit seiner Mentalität vorangeht“, sagte Nagelsmann, der Antonio Rüdiger (31) und Kai Havertz (25) zu Kimmichs Stellvertretern ernannte. Im neuen Mannschaftsrat wird dagegen immer nur einer der drei sein, hinzu kommen Jonathan Tah (28), Pascal Groß (33), Niclas Füllkrug (31) und Marc-André ter Stegen (32) als ständige Mitglieder.

Sollte Kimmich auch bei der WM 2026 die Binde tragen, wird er der 19. Spieler in der deutschen Länderspielgeschichte seit 1934 sein, der die DFB-Auswahl bei einem großen Turnier als Kapitän anführt. Kimmich ist der logische Nachfolger von Gündogan. Er hat mit 91 Länderspielen die größte DFB-Erfahrung und war zwischenzeitlich schon 17 Mal der Vertreter.

Ter Stegen ist die neue Nummer eins der Nationalmannschaft

Ebenso logisch ist die Nachricht, dass ter Stegen ab sofort die offizielle deutsche Nummer eins ist. Der Kapitän und Stammtorhüter des FC Barcelona musste lange Jahre auf diesen Moment warten. Mit 32 ist er nun auch im besten Alter, um die Rolle als Nachfolger von Neuer auszufüllen. „Marc ist verdientermaßen die klare Nummer eins. Er hat über mehrere Jahre herausragende Leistungen gebracht“, sagte Nagelsmann. Eine klare Nummer zwei gibt es dagegen nicht. Aktuell streiten sich Alexander Nübel (27) und Oliver Baumann (34) um die Position hinter dem Barca-Torwart.

Auch ter Stegen wäre aufgrund seines Alters und seiner internationalen Erfahrung ein Kandidat für das Kapitänsamt gewesen. Doch das wäre womöglich zu viel der neuen Verantwortung auf den Schultern des Torwarts, dessen Karriere in der Nationalmannschaft nicht immer frei von Fehlern war.

Angelo Stiller ist der einzige Debütant bei Nagelsmann

Die neuen Rollen von Kimmich und ter Stegen sind die größten Veränderungen in der Nationalmannschaft, in der es im Vergleich zur EM gar nicht so große Veränderungen gibt. Mit Angelo Stiller (23) ist nur ein Debütant dabei. Der Rest der Spieler stand bereits im EM-Aufgebot, zu dem zunächst auch Aleksandar Pavlovic (20) gehörte, der nun neben Stiller und dem Routinier Pascal Groß als Ersatz für Kroos im zentralen defensiven Mittelfeld infrage kommt.

Kimmich dagegen bleibt anders als beim FC Bayern weiterhin Rechtsverteidiger. „Josh hat bei der EM eine Benchmark gesetzt, hatte die Abstand besten Werte aller Rechtsverteidiger“, begründete Nagelsmann dieses Entscheidung.

Der Bundestrainer setzt damit seinen Weg fort, den er im März eingeschlagen hatte. Lediglich seine für die EM definierten Rollenprofile wird Nagelsmann in den kommenden zwei Jahren etwas aufweichen. Auch die Spielweise will er im Vergleich zur EM nicht verändern. Erst im Oktober soll die Variabilität im Spielaufbau erhöht werden.

Nagelsmann: Wo Deutschland bei der EM am besten war

Nagelsmann hatte sich gut vorbereitet am Montag und trug seine EM-Analyse vor. Diese hätte ergeben, dass Deutschland zu den drei besten Mannschaft des Turniers gehörte, insbesondere im Anlaufverhalten und dem Umschaltverhalten nach Ballverlusten. Nun gehe es vor allem darum, das Umschaltverhalten nach Ballgewinnen zu verbessern. Aber auch die Standardsituationen sollen besser werden.

Vor allem aber steht künftig eines im Mittelpunkt: Das Gewinnen. Nach Jahren des Experimentierens will Nagelsmann mit seinem Stamm das eigene Spiel in der Nations League zur Perfektion entwickeln. Als Vorbild gelten dafür einmal mehr die Spanier, die schon in der vergangenen Nations League früh gezeigt hätten, dass der Weg bei der EM bis zum Titel führen könnte.

Der Weg der deutschen Nationalmannschaft soll nun in den kommenden zwei Jahren bis in das MetLife-Stadion in New Yersey führen. Für Nagelsmann wäre dieser Ort das perfekte Ende seiner ganz persönlichen Bundestrainer-Reise.