Essen/Paris. Die deutschen Teams im Rollstuhlbasketball treten mit unterschiedlichen Vorzeichen bei den Paralympics in Paris an. Männer haben Aufholbedarf.

Bundestrainer Michael Engel sprüht nur so vor Begeisterung, wenn er über Rollstuhlbasketball spricht. Er selbst ist „Fußgänger“, wie Rollstuhlfahrer jene Menschen nennen, die nicht auf Rädern unterwegs sind. Engel wurde also im Fußgänger-Basketball sozialisiert. Zunächst als Spieler, später als Coach. Aber seit 2016 trainiert er Rollstuhlbasketballer. Und seit Ende des vergangenen Jahres ist er für die deutsche Rollstuhlbasketball-Nationalmannschaft der Männer verantwortlich – mit der er nun bei den Paralympischen Spielen in Paris antritt.

Ihr Spiel beschreibt Michael Engel als eine Art Autoscooter, „die ganze Zeit Action und ständig kracht es“. Die Männer in ihren maßgeschneiderten, rund 10.000 Euro teuren Rollstühlen gehen in der Tat nicht gerade zimperlich um mit ihren Sportgeräten, sich selbst und den Konkurrenten. Sie vollführen rasante Fahrmanöver, robuste Tacklings und hin und wieder fällt auch mal jemand um. Sich festgeschnallt in einem Rollstuhl wieder aufzurichten, sieht nicht unbedingt elegant aus, aber es funktioniert.

Gemischte Teams sind in der Bundesliga Alltag

Acht Männer- und acht Frauen-Teams zeigen ab diesem Donnerstag ihr Können in der Pariser Bercy-Arena. Dort, wo kürzlich noch olympisches Gold vergeben wurde, geht es nun um Paralympics-Siege. Die deutschen Männer beginnen heute gegen Großbritannien (10.20 Uhr), die Frauen starten am Freitag gegen Titelverteidiger USA (15.50 Uhr beides im ZDF-Livestream).

Für Vanessa Erskine ist das Auftaktspiel ein besonders. 2016 gewann die Deutsch-Amerikanerin noch die Goldmedaille mit den USA – im Finale gegen Deutschland. In Paris startet die 30-Jährige nun für Schwarz-Rot-Gold: „Ich bin sehr stolz, Deutschland zu repräsentieren“, sagt sie. „Und ich hoffe, dieses Mal auf der anderen Seite der Geschichte zu sein und gegen die USA zu gewinnen.“

Michael Engel, Bundestrainer der deutschen Rollstuhlbasketballer, will bei den Paralympics in Paris Erfolge feiern.
Michael Engel, Bundestrainer der deutschen Rollstuhlbasketballer, will bei den Paralympics in Paris Erfolge feiern. © imago/Beautiful Sports | IMAGO/BEAUTIFUL SPORTS/Wunderl

Doch es ist nicht die einzige Besonderheit in ihrer Karriere. So ist Vanessa Erskine bei ihrem Verein Hannover United die einzige Frau unter Männern. Gemischte Teams sind in der Bundesliga normal. Bei den Paralympics spielt sie nun jedoch in einem reinen Frauenteam – einem erfolgreichen. Sieben Medaillen gewannen die Rollstuhlbasketballerinnen bislang bei Paralympics: dreimal Gold, viermal Silber. Nur die USA sind mit neunmal Edelmetall erfolgreicher. Den letzten Olympiasieg feierten die deutschen Frauen 2012. „Wir wollen eine Medaille gewinnen“, sagt Mareike Miller, die schon beim Olympiasieg in London dabei war. Die deutschen Männer haben Aufholbedarf: Ihr größter Erfolg ist Silber von 1992.

Schwierige Aufgabe für den Männer-Bundestrainer

Michael Engel übernahm als Männer-Bundestrainer daher eine schwierige Aufgabe: Das Team hatte die direkte Qualifikation für Paris verpasst und bei Welt- und Europameisterschaften herbe Enttäuschungen erlebt. Es blieb nur noch ein letztes Qualifikationsturnier im April 2024. Engel suchte nach einer Idee, wie er das angehen könnte – und rief bei Dirk Bauermann an. Der neue Rollstuhlbasketball-Bundestrainer bat den ehemaligen Basketball-Bundestrainer um Amtshilfe, denn Bauermann war ja immerhin 2005 mit den deutschen Basketballern, inklusive Dirk Nowitzki, EM-Zweiter geworden. Und er hatte das Team drei Jahre später nach Peking zu den Olympischen Spielen geführt. „Micha, fitteste Mannschaft, beste Defense, das kannst du machen, das kannst du kontrollieren, dann ist alles gut“, habe Bauermann ihm in dem Gespräch geraten, erzählt Michael Engel.

Bauermanns Tipp nahm sich Engel zu Herzen und arbeitete danach. Sein Spieler Thomas Böhme – bereits zum vierten Mal bei Sommerspielen dabei – findet, der Trainer habe es mit seiner quirligen, positiven Art geschafft, „aus der Enttäuschung wieder eine gewisse Euphorie werden zu lassen“.