Dortmund. Trainer Nuri Sahin hat im Sommer den BVB verändert. Vor dem Frankfurt-Spiel stellt sich die Frage: Wie gut ist die Mannschaft wirklich?

Verschiedene Gründe kann Nuri Sahin anführen, wenn er erklären soll, warum er sich auf diesen Samstag freut, warum es ein besonderer ist. Zum einen habe seine Tochter Geburtstag, das sei der wichtigste von allen. Zum anderen erlebt Sahin ein Wiedersehen mit Mario Götze. Beide begeisterten als junge Burschen in Jürgen Klopps erster Meistersaison. 13 Jahre ist das nun schon her. Zum dritten wird Sahin, 35, zum ersten Mal als Trainer bei einem Bundesliga-Spiel an der Seitenlinie Anweisungen geben. Und das auch noch bei Borussia Dortmund, im mit 81.365 Zuschauerinnen und Zuschauern ausverkauften Stadion. Bei Nuri Sahins Herzensklub. „Ich habe mich wie ein Kind darauf gefreut, jetzt ist der Tag da“, sagt Sahin. „Es kann losgehen, wir werden bereit sein. Ich hoffe, wir werden dem gerecht.“

Die Erwartungen sind groß an den neuen BVB, nicht nur in der Partie gegen Eintracht Frankfurt (18.30 Uhr/Sky), sondern auch mit Blick auf die gesamte Saison, in der Menschen wieder ein Kribbeln spüren sollen, wenn sie an Borussia-Fußball denken. Im Frühjahr wollen sie allesamt zum Borsigplatz ziehen, um einen Titel zu feiern. Der letzte war der Pokalsieg 2021, der sich aber irgendwie falsch anfühlte so ganz ohne Fans in der Hochzeit der Corona-Pandemie. Aber: Kann Borussia Dortmund das leisten? Wie gut ist der BVB wirklich? „Ich habe in der letzten Woche keinen Rückschritt gesehen, das ist schon mal gut“, meint Sahin und schmunzelt.

BVB-Kader hat sich stark verändert

Fragen, auf die nicht so leicht eine Antwort gefunden werden können, zumindest jetzt nicht. Aus dem ereignisreichen Sommer an der Strobelallee allerdings lassen sich erste Erkenntnisse ziehen, die in den kommenden Wochen freilich einer Überprüfung unterzogen werden müssen.

Borussia Dortmund - FC Villarreal
BVB-Trainer Nuri Sahin treibt seine Mannschaft an. © DPA Images | David Inderlied

Dortmunds Kader hat sich stark verändert. Mit neuen Leistungsträgern, mit anderen Führungsspielern. Pascal Groß hat sich bereits als exzellenter Regisseur des Mittelfelds erwiesen. Die Mannschaft ist breiter aufgestellt, wirkt ausbalanciert zusammengestellt. Weitere Zugänge sind erstmal nicht geplant, möglicherweise geht zum Ende der Transferperiode noch die eine oder andere Tür auf. Sahin muss auch so schon erste Härtefälle moderieren. „Die Jungs machen einen sehr guten Eindruck, sind konzentriert“, findet er. „Ich hatte das Gefühl, dass die Mannschaft auf einem Level ist, auf dem sie sehr selbstkritisch ist. Sie wusste direkt nach dem Spiel gegen Phönix (4:1 gegen Lübeck im DFB-Pokal Anm. d. Red.) was gut war und was nicht. Das ist ein Zeichen für den Trainer, dass die Mannschaft weiß, worum es geht.“

Wie Nuri Sahin beim BVB auftritt

Sahin setzt alles daran, dass es gar keine Zweifel gibt, wo die Dortmunder Reise hingehen soll: in Richtung maximalen Erfolgs. Der 35-Jährige verkörpert den Neuanfang des Klubs in den vergangenen Monaten stellvertretend. Mit klaren Ansprachen auf dem Feld und daneben, mit einem sichtbaren fußballerischen Konzept, das ein aufregedendes, flexibles Spiel durch das Zentrum vorsieht. Es gilt dabei ein knallhartes Leistungsprinzip. Jeder Spieler wisse, woran er gerade bei ihm ist, meint der frühere türkische Nationalspieler. „Ich kann niemandem etwas schenken, dafür ist der Verein viel zu groß“, kommentierte er am Donnerstag den Abgang von Paris Brunner, 18, zur AS Monaco, der in Dortmund keine Perspektive sah. Nach dem peinlichen 0:4 im Testspiel gegen den SC Verl zählte er zudem die zweite Reihe an, die sich nur in Teilen aufdrängen konnte. Horcht man in die Mannschaft hinein, ist Sahins Herangehensweise genau die, die der BVB dringend benötigt hat. Es herrsche, hört man immer wieder, eine überaus harmonische Atmosphäre innerhalb des Teams.

Borussia Dortmund - Aston Villa
BVB-Trainer Nuri Sahin gibt Anweisungen, Mittelfeldstratege Pascal Groß hört genau hin. © DPA Images | Bernd Thissen

Insbesondere aber fiel Sahin mit einem bemerkenswerten Ego auf seiner ersten Trainer-Station bei einem europäischen Top-Verein auf. „Seit 2007 komme ich hier nach Brackel“, sagte er über das Verl-Spiel am vergangenen Sonntag, „und ich habe noch kein gutes Spiel gesehen auf diesem Platz. Mit meinem Selbstbewusstsein habe ich gedacht, dass wir das hinbekommen. Aber ich ich habe das nicht geschafft.“ Wie es mal wird, wenn der Gegenwind größer wird? „Ich weiß, wie der Hase läuft“, antwortete der langjährige Profi, der auch für Real Madrid und den FC Liverpool spielt. Er sei daher sehr entspannt.

Dino Toppmöller, Trainer vom kommenden Gegner Eintracht Frankfurt, fand übrigens noch eine Antwort auf die Frage, was denn von Dortmund zu erwarten sein. „Wer die Verstärkungen sieht“, sagte der 43-Jährige, „muss kein Atomphysiker sein, um die Saisonziele des BVB zu erkennen.“

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