Hamburg. Der Hamburger Trampolinturner Daniel Schmidt startet am Donnerstag in Birmingham bereits bei seiner zehnten Weltmeisterschaft.

Die vergangenen Wochen waren für die Hamburger Polizei äußerst arbeitsintensiv. Zahlreiche Demonstrationen im Zusammenhang mit dem Krieg zwischen Israel und der Hamas, Fußballspiele, die Einheitsfeierlichkeiten und am Wochenende die Geiselnahme am Hamburger Flughafen haben die Beamten an die Belastungsgrenze gebracht. „Ich war 70, zum Teil auch 80 Stunden pro Woche im Dienst“, erzählt einer, der seine freie Zeit neben dem Beruf als Polizist normalerweise unter dem Hallendach der Turnhalle des Margaretha-Rothe-Gymnasiums verbringt.

Daniel Schmidt ist Deutschlands bester Trampolinturner in der Disziplin Doppel-Mini-Trampolin und wollte sich in den zurückliegenden Wochen eigentlich auf die Trampolin-WM in Birmingham (Großbritannien) vorbereiten, die am Donnerstag startet. Stattdessen war der 32-jährige Sportler vom Bramfelder SV auf Hamburgs Straßen im Einsatz. „Zum Glück hatte ich letzte Woche noch Urlaub. Die brauchte ich aber auch.“ Normalerweise trainiere er drei- bis viermal pro Woche, zuletzt habe die Zeit zum Teil aber nur für zwei wöchentliche Einheiten gereicht. „Aber das kann ich mit meiner Erfahrung ausgleichen.“

Daniel Schmidt ist zum zehnten Mal bei einer WM dabei

Die hat er allemal. In Birmingham ist er zum zehnten Mal bei einer Weltmeisterschaft am Start und hat sein Ziel fest im Blick: „Das Halbfinale ist das Minimum, das Finale wäre ein Traum.“ Dann stünde Schmidt unter den besten acht Athleten der Welt. 45 Männer haben sich insgesamt für die WM qualifiziert. „40 davon haben das Zeug fürs Halbfinale“, glaubt Schmidt.

Neben Schmidts Disziplin finden in Birmingham auch die Wettkämpfe auf dem Großgerät statt. Diese Disziplin ist olympisch – das Doppel-Mini-Trampolin von Schmidt hingegen nicht, was weitreichende Folgen für die Ausübung des Sports hat. „Trampolinturnen ist schon eine Randsportart“, sagt Schmidt. „Und wir sind die Randdisziplin von der Randsportart.“

Mit Crowdfunding kamen 2700 Euro für die WM zusammen

Deswegen hat der 24-fache Deutsche Meister und zweimalige Europameister vor dem Turnier im Internet Spenden für ihn und sein Team, zu dem auch seine Ehefrau Antonia Quindel (24) gehört, gesammelt. Immerhin 2700 Euro sind so zusammengekommen. Andernfalls könnte er die Kosten für die Anreise, das Hotel, Trainer, Kampfrichter und vieles mehr nicht stemmen. Schon bei den Weltmeisterschaften 2017 in Sofia (Bulgarien) und 2019 in Tokio (Japan) hat er diesen Weg erfolgreich gewählt. „Ich bin da mittlerweile abgestumpft und mir selbst nicht zu schade, nach Spenden zu fragen“, sagt er. „Viele haben kein Verständnis dafür, dass wir unseren Sport selbst finanzieren müssen, und unterstützen uns.“

Die Unterschiede zwischen olympischer und nicht-olympischer Disziplin machen sich in Birmingham sogar innerhalb des Teams bemerkbar. Schmidt spricht von einer „Zwei-Klassen-Gesellschaft“, wenn er die Bedingungen von seinem Team mit denen der Trampolinturner am Großgerät, für die es bei der WM um die Olympia-Qualifikation geht, vergleicht. „In puncto Betreuung, Finanzierung und ärztlicher Versorgung müssen wir ganz schön einstecken“, sagt Schmidt.

Trampolin-WM: Große Unterschiede bei der Ausstattung

So seien etwa die Physiotherapeuten bei der WM ausschließlich für die Athleten am großen Trampolin vorgesehen. Deshalb übernehmen die Turner in Schmidts Team die Betreuung mit Massage-Pistolen so gut es geht selbst. Schmidts Frau hilft als angehende Physiotherapeutin, wo sie kann.

Und auch bei der Ausstattung gibt es gewaltige Unterschiede: „Die Trampoliner haben sieben T-Shirts, einen Koffer, Rucksack, Trainingshose und noch mehr. Die wissen gar nicht, wohin damit.“ Er und seine Teamkollegen mussten sich hingegen mit zwei T-Shirts und einem Präsentationsanzug zufriedengeben. Um am Wettkampf teilnehmen zu können, brauchen die Sportler allerdings auch einen Nationalmannschaftsanzug. „Den müssen wir uns leihen oder selbst kaufen.“

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Davon lässt er sich aber nicht beirren und betont das gute Verhältnis zu den Trampolinern vom Großgerät. „Wir haben viel weniger Druck und wollen in erster Linie gesund bleiben und Spaß haben“, sagt er. Ein Halbfinale hat der Bramfelder in diesem Jahr auch schon erreicht: In der RTL-Sendung „Ninja Warrior Germany“ ist er mit Vorrunden-Bestzeit ins Halbfinale gestürmt. Doch auch mit der beliebten TV-Show lässt sich nicht wirklich Geld verdienen: „Es gibt eine Aufwandsentschädigung und eine Nacht im Hotel“, sagt Schmidt. So richtig lohnen würde sich nur der Staffelsieg: Dort winken dem besten Athleten 25.000 Euro Preisgeld. Ob Schmidt es so weit geschafft hat, können die Zuschauer in den kommenden Wochen am Fernseher verfolgen.