Hamburg. Torhüter Torben Rehnert spielt für ein College-Team in den USA. Dem HSV sagte der heute 23-Jährige einst ab – für seinen Vater.

Der Tag vor Heiligabend war für Nico Rehnert ein glücklicher: Sein in den USA lebender Sohn Torben kam das erste Mal seit eineinhalb Jahren in dieser von Corona geprägten Zeit wieder zu Besuch. Der 23-jährige studiert Wirtschaftsinformatik und steht im Tor der Collegemannschaft von Paris (Texas): „Er lebt seinen Traum“, sagt der 61-jährige etwas pathetisch.

Der Ort mit etwa 25.000 Einwohnern wurde in Deutschland in den frühen Achtzigern vor allem durch den Spielfilm „Paris, Texas“ von Wim Wenders mit Natassja Kinski bekannt und steht für provinzielle Kleinstädte in einem riesigen Land. Das Paris Junior College und dessen Sportler nehmen dennoch einen hohen Stellenwert ein.

Rehnert war genervt von der Unruhe beim MSV

Keeper Torben gelangte eher zufällig dorthin: „Meine damalige Freundin kam ursprünglich aus Texas und brachte mich dazu, es einfach zu versuchen“, sagt der groß gewachsene Barmbeker, der für den Bramfelder SV und den Meiendorfer SV im Herrenfußball tätig war.

Für ihn gab es aber noch einen weiteren Grund, dem Hamburger Fußball den Rücken zu kehren: Die zugesagte Aufwandsentschädigung beim MSV floss nicht immer regelmäßig, die große Unruhe im Umfeld nervte den jungen Mann, der wie früher als kleiner Junge einfach nur Fußball spielen wollte.

Rehnert wurde vom Torjäger zum Torhüter

Bereits mit drei Jahren drückte er sich an den Zaun des Grandplatzes an der Brucknerstraße oder verbrachte seine freie Zeit auf dem Mini-Kunstrasenplatz. Ständig drängte er seinen Vater, ihm doch zu erlauben, beim Training des USC Paloma mitmachen zu dürfen. Dort kümmerte sich Marion Grühn um den Einstieg der Kinder. An Torben erinnert sie sich noch genau: „Er machte trotz seines geringen Alters alles mit, brachte sich voll ein und schoss viele Tore.“

Nach einigen Spielzeiten wechselte Torben ins Tor, wurde dort zum mitspielenden Lenker der Defensive, was er auch in Texas ist. Ein Video mit einem Ausflug über die Mittellinie in einem Collegespiel seiner Dragons erlangte lokale Berühmtheit.

Für den Vater sagte Rehnert dem HSV ab

In Hamburg war er vom USC in die Jugend von Bramfeld gewechselt, ehe der HSV auf ihn aufmerksam wurde. Er bestand das Probetraining, wechselte dann doch nicht. „Das kann ich dir glaube ich nicht antun!“, sagte er damals zu Vater Nico, durch und durch ein St.-Pauli-Fan.

Der Rollstuhlfahrer versäumt trotz seiner Beeinträchtigungen nach einem Schlaganfall kein Heimspiel der Braun-Weißen. Statt für den HSV spielte Torben später für die Jugend der Kiezkicker und in der C-Regionalliga für den Niendorfer TSV.

Rehnert trainiert auch die Torhüterinnen

Nach den eher befremdlichen Erfahrungen im Oberligafußball in Hamburg läuft es in Texas hervorragend. Mit einem Stipendium ausgestattet, steht sein Studium im Vordergrund, das College sorgt für weitere studentische Jobs. Inzwischen hat er eine neue Freundin und ist zudem Torwarttrainer der Frauen des Colleges. Er scheint tatsächlich sein Glück in Texas gefunden zu haben.

Und nun ist „der Himmel die Grenze“, wie man dort sagt: Alles ist möglich. Inzwischen wurden auch andere Universitäten auf den Torwart aufmerksam: „Vielleicht wechsele ich im Sommer nach Kalifornien.“

Jetzt steht für ihn erst einmal die Rückreise auf dem Plan. Wegen der Quarantäne-Vorschriften muss Torben die Rückreise früher antreten als geplant. Vater Nico drückt dabei eine kleine Träne weg, kündigt aber an: „Zum Start der neuen Saison werde ich ihn das erste Mal in Texas besuchen!“