Hamburg. Die deutschen Hockeydamen nutzen die EM, um sich für Olympia einzuspielen. Im Halbfinale wartet am heutigen Freitag Spanien.
Die sprichwörtliche Ruhe vor dem Sturm – für die deutschen Hockeydamen war sie am Donnerstag Realität. In ihrem abseits des Amsterdamer Trubels gelegenen Teamquartier „Duin Kruidberg Country Estate“ in Bloemendaal konnten sie sich in der Natur rund um das Landhotel auf das vorbereiten, was an diesem Freitag (18.30 Uhr/sportschau.de) im Halbfinale der Feld-EM auf sie wartet. Gegen Spanien kommt es zur Neuauflage des EM-Semifinals von 2019 in Belgien, das Deutschland 3:2 gewann.
Interessant sind die Titelkämpfe in den Niederlanden für die Auswahl von Bundestrainer Xavier Reckinger vor allem, weil sie die Spiele gegen hochklassige kontinentale Konkurrenz nutzen muss, um ihre neue Führungsstruktur zu etablieren. Nachdem Kapitänin Janne Müller-Wieland (34) vom Uhlenhorster HC bei der Nominierung für die EM und die Olympischen Spiele in Tokio (23. Juli bis 8. August) dem letzten Cut zum Opfer gefallen war, wird die Verantwortung der Teamführung nun auf mehrere Schultern verteilt.
Neue Führung im Team der Hockeydamen
Genauer gesagt sind es mit Anne Schröder (26), Lisa Altenburg (31/beide Club an der Alster), Nike Lorenz (24/RW Köln), Selin Oruz (24/Düsseldorfer HC) und Amelie Wortmann (24/Uhlenhorster HC) fünf Spielerinnen, denen Reckinger besonderes Vertrauen schenkt. Die letzten drei teilen in Amsterdam das Tragen der Kapitäninnenbinde untereinander auf. „Es ändert sich aber nicht viel dadurch, dass man die Binde trägt. Wir sind alle Spielerinnen, die es gewohnt sind, Verantwortung zu übernehmen“, sagt Mittelfeldspielerin Lorenz, die verbal und durch Taten voranzugehen versteht.
Die Ausbootung ihrer langjährigen Vertrauten Müller-Wieland, die in England lebt und deshalb coronabedingt einige Lehrgänge und Länderspiele verpasste, sei ein Schock gewesen, bestätigt Anne Schröder. „Es ist krass für das Team, sie nicht dabeizuhaben. Ihre Ruhe und Erfahrung fehlt uns“, sagt die offensive Mittelfeldspielerin. Andererseits böte das Wegbrechen einer tragenden Säule immer auch die Chance für andere, in den Vordergrund zu treten. „Wir hatten, da Janne in den vergangenen Monaten oft fehlte, schon länger eine Gruppe um sie herum gebildet, aus der sich nun die neue Führungsstruktur speist.“
Deutliche Weiterentwicklung zu beobachten
Nike Lorenz sieht das ebenfalls pragmatisch. „Nach außen mag es vielleicht so wirken, als müsse sich alles neu finden. Aber intern hat sich die Struktur in den vergangenen Monaten schon neu gebildet. Ich bin überzeugt davon, dass wir die Aufgaben sehr gut verteilt haben“, sagt sie. Tatsächlich scheint die Mischung aus jugendlichem Elan und der Erfahrung, die sieben Spielerinnen im Kader mit mehr als 100 internationalen Einsätzen mitbringen, zu passen.
Lesen Sie auch:
- Deutsche Hockeyherren nach Sieg gegen England im EM-Finale
- Hockeydamen nach Sieg gegen England auf Halbfinalkurs
- Hockey: Zwei Remis – aber nur ein Team darüber froh
Als nach dem 1:1 zum EM-Auftakt gegen Belgien, bei dem die Mannschaft wie auf der Suche nach Struktur wirkte, der Druck des Gewinnenmüssens gegen England hoch war, blieben die „Danas“ gelassen, siegten 2:0 und zeigten eine deutliche Weiterentwicklung.
Große Erwartungen der Hockeydamen ans Halbfinale
„Wir konnten gegen England beweisen, dass wir Dinge schnell umsetzen können“, sagt Nike Lorenz, die 2016 beim olympischen Bronzegewinn in Rio de Janeiro ihr erstes A-Kader-Turnier spielte. Nun gelte es, im Halbfinale den nächsten Schritt zu machen. „Ich erwarte von uns, dass wir konstanter werden, immer Leidenschaft und Mut beweisen und kreativ spielen.“ Anne Schröder, die seit der WM 2014 zum A-Kader zählt, hält Partien wie die anstehende für essenziell, um auf dem Weg zum großen Ziel – eine Medaille in Tokio – die nötige Wettkampfhärte zu erlangen. „Es tut uns gut, dass wir hier schon mit dem Olympiakader antreten, denn diese EM ist der beste Test für Tokio“, sagt sie.
Bleibt die Frage, wie dicht die deutschen Damen an Welt- und Europameister Niederlande herangerückt sind, der im ersten Halbfinale (16 Uhr) auf Belgien trifft. Deren Beantwortung wollen sich die deutschen Damen für das Finale am Sonntag (12.30 Uhr) aufsparen.