Al Ruwais. Das Zulal liegt irgendwo im Nirgendwo Katars – und ist damit ganz nach dem Geschmack von DFB-Manager Oliver Bierhoff. Über das Camp.
Ziemlich genau 110 Kilometer durch Katars Nichts sind es, die man hinter sich bringen muss. Dann, nach einer Stunde und 15 Minuten im klimatisierten Auto, taucht das erste Hinweisschild auf. Am Exit 93 auf der Al Shamal Road, die sich von Doha bis in den Norden durch Katar zieht, steht: „Zulal Wellness Ressort“. Und tatsächlich: Ein paar Meter weiter erscheint die gesuchte Oase am Horizont mitten in der Wüste.
„Es war immer unsere Philosophie, dass wir in unserem Quartier vor allem zur Ruhe kommen wollen“, sagt DFB-Manager Oliver Bierhoff ein paar Kilometer südlich vom Zulal und lächelt höflich. Ruhe gibt es in dem nächsten WM-Quartier der deutschen Nationalmannschaft, am nördlichsten Zipfel Katars, tatsächlich genauso viel wie Sand. „Bei unserer Entscheidung für ein WM-Quartier hat auch eine Rolle gespielt: Wie findet sich die Mannschaft? Wie kann sie sich erholen? Wie findet sie zusammen? Da war das Campo Bahia 2014 in Brasilien ganz besonders“, sagt Bierhoff. „Und das Zulal erfüllt auch alle Kriterien in dieser Hinsicht.“
WM 2022: DFB will Sonderweg gehen
Nach dem Campo Bahia an der Atlantikküste Brasiliens (und dem vernachlässigungswürdigen Watutinki an gar keiner Küste Russlands) nun also das Zulal am Persischen Golf. Rechtzeitig vor Ablauf der Fifa-Frist an diesem Sonnabend will Bierhoff spätestens an diesem Freitag offiziell machen, was inoffiziell ohnehin schon längst beschlossene Sache war: Ähnlich wie in Brasilien wird der DFB auch bei der WM in Katar (21. November bis 18. Dezember) in Sachen Quartier einen Sonderweg gehen.
2014 ließ Bierhoff extra für die deutsche Mannschaft ein Luxushotel in der brasilianischen Pampa errichten, was ihm zunächst große Kritik einbrachte und sich später als ein wichtiger Faktor auf dem Weg zum WM-Triumph erwies. Diesmal haben sich die Deutschen in dem gerade erst eröffneten Wellness-Resort einquartiert. Damit ist das DFB-Team eine der wenigen Mannschaften, die nicht in Katars Hauptstadt residiert, wo sechs der acht WM-Stadien stehen.
Preis für eine Übernachtung: 1800 Euro
„Doha ist ganz weit weg von hier“, sagt Zulal-Mitarbeiter Lionel Fernandez, als er Zimmer Nummer 2102 aufschließt. In der 90 Quadratmeter großen Executive Suite mit Meerblick könnte Bundestrainer Hansi Flick, der sich vor einigen Monaten höchstpersönlich von den Vorzügen des Zulals überzeugte, bei der WM unterkommen.
Vor Katar-WM: DFB im HSV-Hotel in Dubai |
DFB-Coach Hansi Flick hat die direkte Vorbereitung auf die WM in Katar (21. November bis 18. Dezember) fertig geplant. Trotz der Kürze der Zeit nach dem letzten Bundesliga-Spieltag vor der WM (11./12./13. November) wird das Nationalteam vor der Ankunft in Katar noch ein Kurztrainingslager in Dubai vom 14. bis zum 17. November absolvieren. Übernachtet wird im The Meydan Hotel, wo 2017 auch der HSV ein Trainingslager absolvierte. Ob in diesen Tagen auch noch ein Testspiel stattfindet, steht noch nicht fest. Ursprünglich war ein Test gegen Japan geplant, der allerdings aufgrund der Auslosung abgesagt werden musste. Zur Erinnerung: Bei der WM trifft Deutschland auf Japan (23.11.), Spanien (27.11.) und am 1.12. auf den Sieger aus dem letzten Play-off-Spiel zwischen Costa Rica und Neuseeland. |
Der Preis für eine Übernachtung in der Luxus-Suite, die auch jetzt, wo es draußen bereits 34 Grad sind, auf angenehme 23,6 Grad temperiert ist: 1800 Euro. Pro Nacht. Eine Investition, die sich laut Flick lohnt: „Es ist ruhig, da kannst du das Fenster aufmachen, bist allein“, sagt der Nationaltrainer, der sich gegen den allgemein schnell aufkommenden Vorwurf der Isolierung verwehrt. Mit „Abschotten“ habe die Wahl für das Zulal nichts zu tun – „es geht einfach darum, wo wir die besten Voraussetzungen haben“.
„Circle of life“ aus Wasser am Eingang
Lionel Fernandez ist jedenfalls überzeugt davon, dass sein Hotel die besten Voraussetzungen zu bieten hat. „Haben Sie den Ausblick gesehen?“, fragt er. „Und die schönen Gärten?“ Der Inder habe mit Fußball zwar nicht viel am Hut, aber in Sachen „beste Voraussetzungen“ ist er ein Experte. Fernandez schwärmt von den Mangroven, von der vorgelagerten Insel, auf der man Schildkröten und Flamingos besuchen könne, und vom Flair des Zulals, das ein ganz besonderes sei. Das schönste Wellness-Hotel im Orient, sagt Fernandez. Direkt am Eingang, sagt er, gebe es noch einen wunderschönen „Circle of life“ aus Wasser.
Der „Circle of life“ ist für die Nationalmannschaft bei einem Turnier relativ simpel: Überlebt das DFB-Team lange in der K.o.-Phase, hat Chefplaner Bierhoff mal wieder alles richtig gemacht. Scheidet die Mannschaft wie in Russland in der Vorrunde aus, hat natürlich auch das Hotel eine Mitschuld. So einfach ist das.
Das Al Shamal Stadium liegt nur wenige Meter entfernt
An den Trainingsbedingungen, so sagen es gewichtige DFB-Vertrauensmänner, dürfte die Winter-WM jedenfalls nicht scheitern. Die Trainingsplätze im Al Shamal Stadium liegen nur ein paar Minuten vom Zulal entfernt. Und selbst an Wasser, dem blauen Gold in der Wüste, mangelt es dank einer Meerwasserentsalzungsanlage nicht.
Überhaupt: das Wasser. Im Zulal (arabisch für „reines Wasser“) ist es eigentlich überall. Eine Lagune mit türkisblauem Ozeanwasser durchzieht das größte Wellness-Retreat-Hotel im Mittleren Osten, das in Nicht-WM-Zeiten traditionelle arabische Heilkunde mit islamischer Medizin vereinen will. Statt Alkohol werden alkoholfreie Drinks angeboten: Secret of rosmary (mit Blaubeeren, Rosmarin, Vanillesirup und Limette) oder Spring Mood Lemonade (mit Ananas, Kamillentee, Bio-Honig und Limone).
WM 2022: Anlage exklusiv vom deutschen Team bewohnt
Die DFB-Chefstrategen werden sich schon etwas einfallen lassen müssen, wenn sie an diesem Ort der Ruhe auch ein gekühltes Siegerbierchen bereitstellen wollen. Immerhin: Die Anlage mit insgesamt 180 Apartments wird natürlich exklusiv vom deutschen Team und dem Team hinter dem Team bewohnt. Kajaks und SUP-Boards stehen zur Verfügung – und auch für die Familien der Nationalspieler wäre gesorgt. Neu im Angebot: Fußmassage für Neugeborene.
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Lionel Fernandez versichert, dass es auch den Füßen der Nationalspieler an nichts fehlen werde. „Hier muss man sich einfach wohlfühlen“, sagt er. Und obwohl das gehetzte Leben der Millionenmetropole Doha an diesem Ort weit weg scheint, liegt der größte Sehnsuchtsort nicht einmal 100 Kilometer entfernt. Im Lusail Stadium findet am 18. Dezember das WM-Finale statt. „Ohne Verkehr braucht man wahrscheinlich nicht einmal eine Stunde“, sagt Fernandez, der Deutschland natürlich die Daumen drückt. „Verkehr haben wir hier in der Wüste ohnehin nie.“