Hamburg. Im Volleyball-Verband ist von finanziellen Engpässen die Rede. Diskussionen um Sportdirektor Niclas Hildebrand.
An das Ergebnis seiner Arbeit hat Bernd Schlesinger den höchsten Anspruch. „Ich möchte für alle Menschen, die hier tätig sind, die bestmöglichen Bedingungen schaffen, denn nur dann kann man erfolgreich sein“, sagt der 62-Jährige. Seit 2009 ist der frühere Zehnkämpfer Leiter des Beachvolleyball-Bundesstützpunkts im Hamburger Stadtteil Dulsberg, doch in diesen Tagen fragt er sich oft, wie er seinem Anspruch künftig gerecht werden kann. Denn: Die Folgen der großen Unruhe im Deutschen Volleyball-Verband (DVV) für den wichtigsten Standort der Strandsparte sind derzeit nicht abzusehen.
Seit am zweiten Novemberwochenende die im brandenburgischen Motzen geplante Mitgliederversammlung, auf der der seit 2018 amtierende DVV-Präsident René Hecht (60) für weitere drei Jahre in seinem Amt bestätigt werden sollte, abgesagt wurde, treiben die Spekulationen um die finanzielle Lage des Verbands wilde Blüten. Von einer Unterdeckung von rund 55.000 Euro für das Jahr 2020 schrieb das gut informierte Fachblatt „Volleyball Magazin“, zwischen den geplanten Einnahmen und dem Ist-Erlös klaffe eine Lücke von etwa 650.000 Euro. Ein umfangreicher Haushaltsplan für 2021 habe den Mitgliedern vor der Versammlung ebenso nicht vorgelegen wie eine grundlegende Kalkulation für das kommende Jahr.
Beachvolleyball: Drohen Einschnitte bei den Nationalteams?
Diese nicht geklärten Punkte und mitnichten die vom Verband vorgegebenen Corona-Beschränkungen seien der Grund dafür gewesen, dass die Versammlung ausfiel. Vielmehr sei unter den Landesverbänden eine Mehrheit der Ansicht gewesen, das amtierende Präsidium nicht entlasten zu wollen. Gerüchte besagen, dass ein Gegenkandidat bereitstünde, um Hecht abzulösen. Zudem muss sich der ehrenamtlich agierende Präsident Vorwürfe hinsichtlich seiner Personalpolitik gefallen lassen. Die hohe Fluktuation in der Belegschaft – mindestens 23 Trennungen in Hechts Amtszeit sind verbrieft – wird dessen ruppigem Führungsstil angelastet.
Gern hätte man dazu die Einlassungen Hechts veröffentlicht. Doch der Präsident stand weder für ein seit 14 Tagen avisiertes Interview zur Verfügung, noch sah sich die DVV-Führung in der Lage, schriftlich eingereichte Fragen rechtzeitig zu beantworten. Bernd Schlesinger weiß um die Kommunikationsdefizite, aber er sagt: „Mein Ansprechpartner ist der Sportdirektor Beach Niclas Hildebrand, da ist die Kommunikation gut.“
Was ihn beruhigt: Zumindest die Stellen der Männer-Bundestrainer Thomas Kaczmarek (35) und Kai Liukkonen (47/Finnland) sowie der Frauen-Coaches Martin Engvik (43/Norwegen) und Kirk Pitman (39/Neuseeland) seien für den laufenden Olympiazyklus bis zu den Sommerspielen 2024 in Paris abgesichert, da sie über das Bundesinnenministerium (BMI) und die Bundeswehr finanziert werden. Sollte sich die finanzielle Schieflage des Verbands jedoch bestätigen, drohten Einschnitte bei den Nationalteams, zum Beispiel bei Reisebudgets. Zudem herrsche bei den neuen Trainern wegen der teilweise noch nicht feststehenden Teamkonstellationen Unsicherheit. „Die Trainer sind auch zum Teil mit anderen Versprechungen, wer die zu betreuenden Athletinnen und Athleten sind, nach Hamburg geholt worden“, sagt Schlesinger, der sich in diesen Fragen baldige Klärung wünscht.
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Diskussionen um Sportdirektor Niclas Hildebrand
Eine weitere wichtige Personalie, die die sportliche Zukunft des gesamten Leistungs-Beachvolleyballs betrifft, ist die des Sportdirektors. Niclas Hildebrand (41) war versprochen worden, dass er in den geschäftsführenden Vorstand aufrücken sollte. Nun wurde ihm am vergangenen Montag mit Julia Frauendorf (30), die bislang ehrenamtlich beim hessischen Oberligisten Eintracht Wiesbaden arbeitete, eine hauptamtliche Vorständin vorgesetzt, die sich um die Bereiche Sport/Sportentwicklung kümmern soll. In der Szene empfinden das einige als Affront gegenüber Hildebrand und dem für die Hallenvariante zuständigen Sportdirektor Christian Dünnes (37). Auch Schlesinger sagt: „Ich fand die Konstellation mit zwei jungen Sportdirektoren sehr gut und fände es sehr schade, wenn dieser Weg verlassen würde.“
Hildebrand, der im Hamburger Umland lebt und seinen Arbeitsmittelpunkt in Dulsberg hat, hält sich zur Gemengelage bedeckt. „Wir befinden uns zu allen Themen im steten Austausch und behandeln alles weiter intern“, sagt er. Welche Konsequenzen die Querelen haben, werden die kommenden Wochen zeigen.