Hamburg. Der langjährige Boxweltmeister will gegen seinen Ex-Stallkollegen antreten. Der bevorzugt aber einen Kampf gegen Vincent Feigenbutz.

Jürgen Brähmer ist in Hochform, als das Abendblatt ihn auf seinem Mobiltelefon erreicht. Nicht körperlich, was angesichts einer Kampfpause von mittlerweile 13 Monaten wenig verwunderlich ist. Aber verbal hat der langjährige Profiboxweltmeister an Schlagfertigkeit nichts eingebüßt. Ein Katastrophenjahr sei 2020 gewesen, schimpft der 42-Jährige, das ihn als aktiven Sportler, Trainer und Veranstalter, der er mit seinem eigenen Gym am Medeweger See in Schwerin ist, dreifach hart getroffen habe.

Anfangs, als niemand etwas über das Coronavirus wissen konnte, habe er sich klaglos an alle Vorschriften gehalten. „Aber in den vergangenen Monaten habe ich mich sehr intensiv mit der Thematik beschäftigt, mit vielen Ärzten, Unternehmern und Menschen in meinem Umfeld gesprochen, und ich muss sagen, dass ich viele Maßnahmen mittlerweile für nicht angemessen, zu wenig ausgewogen und schlecht erklärt halte.“ Sein Fazit: So wie 2020 geendet hat, dürfe 2021 nicht weitergehen, sagt der Supermittelgewichtler. Er selbst sei bereit, seinen Teil dazu beizutragen, 2021 zu einem großen Sportjahr zu machen.

Sturms Punktsieg über Timo Rost sorgte für Aufsehen

Sein größter Wunsch für die kommenden Monate ist ein Duell, das seit Ende Dezember diskutiert wird: „Ich möchte unbedingt gegen Felix Sturm antreten, meinetwegen schon im April“, sagt er. Sturm und Brähmer verbindet eine gemeinsame Historie beim Hamburger Universum-Stall, für den beide in dessen Blütezeit unter Stallgründer Klaus-Peter Kohl in den Nullerjahren große Erfolge feierten. Im Ring haben sich die beiden Edeltechniker zu Amateurzeiten bereits getroffen. Ende der 90er-Jahre gewann der Mecklenburger als amtierender Juniorenweltmeister ein DM-Finale gegen den amtierenden Junioreneuropameister aus Leverkusen.

Kurz vor Weihnachten war Sturm, der Ende des Monats ebenfalls 42 Jahre alt wird, nach fast fünf Jahren Ringpause zum mittlerweile von Ismail Özen geführten Universum zurückgekehrt. Sein klarer Punktsieg über den Düsseldorfer Timo Rost (29) sorgte für Aufsehen in der Boxszene; anschließend wurde Brähmers Name für ein Duell ins Gespräch gebracht. Mehr als das: „Wir haben Gespräche geführt, ich habe die finanzielle Kalkulation, die Universum aufgestellt hatte, akzeptiert, wollte aber keinen Vertrag über drei Kämpfe unterschreiben. Seitdem habe ich nichts mehr gehört“, sagt Brähmer. Am Mittwoch wurde bekannt, was der Grund dafür ist. Universum verhandelt parallel mit dem Berliner Sauerland-Team über ein Duell Sturms mit Vincent Feigenbutz (25/Karlsruhe), das laut Universum-Chef Ismail Özen am 24. April steigen könnte.

Brähmer ärgert der Stillstand

Brähmer ärgert der Stillstand sehr, schließlich ist er der festen Überzeugung, dass ein Kampf mit Sturm für alle Seiten ein Gewinn wäre. „Es wäre super für unseren Sport und für die Fans, und auch für uns beide ist es der beste Kampf, den wir aktuell machen können. Ich finde, dass wir dem Boxen diesen Kampf schuldig sind. Wenn man ihn will, dann macht man ihn sofort. Worauf wollen wir warten?“, fragt er.

Sollte sich sein Wunschkampf nicht realisieren lassen, wäre das nicht das Ende seiner sportlichen Ambitionen. Brähmer gilt zwar angesichts einiger Kampfabsagen in der Vergangenheit, bei denen er sich während der Vertragsverhandlungen ungerecht behandelt fühlte oder zugesagte Kampfbörsen nicht erhielt, als wankelmütiger Kontrahent. Größere Abschreckungskraft hat allerdings noch immer seine physische Härte. Ernsthaft verletzt war er innerhalb der vergangenen 15 Jahre im Profigeschäft kaum.

Alternativen zum Sturm-Kampf wären ein Rematch mit dem Münchner Robin Krasniqi (33) vom Magdeburger SES-Team, den er 2015 bis zum Abbruch nach neun Runden vorgeführt und der dann im Oktober vergangenen Jahres überraschend WBA-Interimsweltmeister Dominic Bösel (31/Freyburg) ausgeknockt hatte. Auch ein Duell mit IBF-Weltmeister Caleb Plant (28/USA) hielte er für reizvoll. Wichtig sei letztlich aber vor allem eins: „Dass wir alle wieder richtig durchstarten können!“