München. Deutschlands Achtelfinal-Gegner gesucht: Während England debattiert, spielt sich Dänemarks Sechser Morten Hjulmand in den Fokus.

Besonders gut ist die Stimmung rund um Englands Nationalteam bei der EM bisher nicht. Doch bei diesem Angebot musste Harry Kane lachen. Ein Reporter hatte versucht, den beim FC Bayern angestellten Kapitän der Three Lions von einem Wechsel zur SG Lauscha/Neuhaus aus der siebten Liga mit Thüringens Vorzügen zu überzeugen. „Rostbratwurst all you can eat, Freigetränke und Mindestlohn“, stellte der Reporter in Aussicht. Er werde mit seinem Berater reden, kündigte Kane ebenso scherzhaft an.

Weniger witzig findet Kane die Kritik der zahlreichen Experten. Diese betrachtet der 30-Jährige mit ähnlicher Abneigung wie der heutige DFB-Sportdirektor Rudi Völler einst als Bundestrainer. Völler hatte sich 2003 in seiner legendären Wutrede über die „Gurus und Ex-Gurus“ echauffiert. Kane unterließ nun zwar eine derbe Wortwahl, seine Botschaft aber fiel deutlich aus. „Ich würde nie respektlos gegenüber einem ehemaligen Spieler sein. Ich würde sagen, dass sie sich daran erinnern sollten, wie es war, das Trikot zu tragen“, ließ er wissen. Kane bezog sich unter anderem auf den früheren englischen Nationalspieler Gary Lineker, der befunden hatte, Englands EM-Leistungen gegen Serbien (1:0) und Dänemark (1:1) seien „scheiße“ gewesen.

England oder Dänemark? Wer wird der deutsche Achtelfinal-Gegner?

Kane sähe selbst dann „keinen Grund zur Panik“, wenn die als Topfavorit gestarteten Three Lions an diesem Dienstag gegen Slowenien in Köln auf Platz zwei abrutschen und Deutschlands Achtelfinalgegner werden sollten. Wahrscheinlicher ist, dass die Mannschaft von Bundestrainer Julian Nagelsmann es mit Dänemark zu tun bekommen wird, das in der Gruppe C vorm Parallelspiel gegen Serbien in München Platz zwei belegt. Gewinnen die Favoriten England und Dänemark, trifft die DFB-Elf am Samstag in Dortmund auf die Dänen.

In der Mannschaft des Trainers Kasper Hjulmand ist Morten Hjulmand dabei, aus Christian Eriksens Schatten zu treten. Dem 32-Jährigen war wegen seiner Rückkehr auf die EM-Bühne drei Jahre nach seinem Kollaps beim Turnier 2021 viel Aufmerksamkeit zuteilgeworden. Doch nicht nur mit seinem Tor aus gut 25 Metern zum 1:1 gegen England im zweiten Gruppenspiel zieht nun auch der Sechser Hjulmand die Blicke auf sich. Es war sein erster Treffer für die A-Nationalmannschaft.

Morten Hjulmand: Waldmaus und Dreckschwein

Obwohl er und sein Trainer laut des Portals herognu.dk (übersetzt: hier und jetzt) zwei von nur 206 Hjulmands in Dänemark sein sollen, sind sie nicht miteinander verwandt. Wären sie es, würde der Trainer Hjulmand seinen Spieler Hjulmand vielleicht mit jenem Kosenamen ansprechen, den der defensive Mittelfeldakteur von seiner Familie zu hören bekommt. Skovmus wird er zu Hause genannt, was sich mit Waldmaus übersetzen lässt. Unter Fußballern hört Morten Hjulmand wegen seiner robusten Spielweise und seines teils draufgängerischen Temperaments auf den derben Spitznamen møgsvin (Dreckschwein), wie Dänemarks öffentlich-rechtlicher Sender DR auf seiner Internetseite berichtet. Die Bezeichnung sei aber im positiv gemeint, heißt es in dem Beitrag.

Morten Hjulmand wird an diesem Dienstag 25 Jahre alt. Vor einem Dreivierteljahr feierte er erst sein Debüt in Dänemarks A-Auswahl. Vor dem entscheidenden Gruppenspiel gegen Serbien steht Hjulmand bei neun Einsätzen. Bei dieser EM ist er bisher im defensiven Mittelfeld gesetzt. „Sehr aufgeregt“, sagt Hjulmand, sei er zu Turnierbeginn gewesen, aber er wolle sich „nicht kneifen“, sondern einfach seinen EM-Traum weiterleben. Verdrängt hat Hjulmand die Routiniers Thomas Delaney, 32, (früher Bremen und Dortmund) und Christian Nørgaard, 30.

Englands Kyle Walker gegen Dänemarks Christian Eriksen.
Englands Kyle Walker gegen Dänemarks Christian Eriksen. © Getty Images | Richard Pelham

Noch steht Christian Eriksen im Fokus, in Zukunft könnte es Morten Hjulmand sein

Gegen England hatte Hjulmand seinen Job unter anderem gegen Jude Bellingham sehr stabil erledigt und nebenbei noch Zeit für seinen wuchtigen Rechtsschuss zum 1:1 gefunden. Seine Leistungen stützen jene interne Prognose, wonach der Profi von Portugals Meister Sporting Lissabon bereits als Kapitän der Zukunft betrachtet wird. „Ich bin mir ziemlich sicher, dass man bei Sporting in ihm den Typus des Kapitäns sieht“, sagt Dänemarks Assistenztrainer Morten Wieghorst und sieht Hjulmand künftig auch in der Nationalelf in einer Führungsrolle. Wieghorst sagt: „Es wird eine Zeit kommen, in der andere übernehmen müssen, und ich bin sicher, dass Morten einer von ihnen sein wird.“

Zunächst aber geht es für Hjulmand gegen Serbien auch darum, seine körperbetonte Spielweise mit Bedacht einzusetzen. Bei einer weiteren gelben Karte wäre er in einem möglichen Achtelfinale gegen Deutschland gesperrt.